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0920 - Mandragoros Alptraum

0920 - Mandragoros Alptraum

Titel: 0920 - Mandragoros Alptraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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dabei, all das auszuatmen, was sich in ihrem Innern festgesetzt hatte.
    Bill stieß mich an. »Nimm mal deine Lampe und leuchte hier den Weg nach, John.«
    »Warum?«
    Bill blieb stehen. »Tu es!«
    Ich kam seinem Wunsch nach. Das dünne Licht wirkte wie eine kalte Lanze, die sich in die Finsternis bohrte. Vor unseren Füßen sah ich nichts. Nur hellen Staub, der auf dem Lehm lag. Etwas weiter entfernt lagen einige Konservendosen, und ich entdeckte auch die kalte Asche einer Feuerstelle.
    Daneben aber war der Boden aufgebrochen, und etwas schaute aus dieser Lücke hervor wie ein gekrümmter Schlauch. Der war es sicherlich nicht, ich ging näher hin und ließ den Kegel über den »Schlauch« hinweggleiten, wobei ich sofort wieder das ölige Schimmern sah, das mir wirklich von der Kirche her bekannt vorkam.
    Es war eine Pflanze!
    Bill schaute mich an. Er sagte nichts, aber in seinen Augen las ich die Bestätigung.
    »Okay«, murmelte ich. »Sie schaffen es. Sie breiten sich in der Erde aus und sind bereits hier.«
    »Nicht nur das, John, ich rechne damit, daß sie ihr erstes Ziel schon erreicht haben.«
    Es war das Haus, und ich überlegte, was dieser unheimliche Bewuchs dort wohl angestellt haben könnte. Wenn er sich tatsächlich in der Erde ausgebreitet hatte, brauchte er Kraft. Und die Kraft würde sicherlich ausreichen, um auch in das Haus einzudringen, in den Boden, die Wände, in die Wohnungen. Dann würde das Mauerwerk aufbröckeln, dann stimmte plötzlich die Statik nicht mehr, bis es schließlich zu einem Zusammenbruch kam, der alles mit sich riß und das Leben zahlreicher Menschen brutal zerstörte.
    War das in Mandragoros Sinn? Hatte er sein Verhalten dermaßen geändert, daß es ihm nichts ausmachte, wenn zahlreiche Menschen zu Tode kamen? Ich konnte es nicht glauben. Auf der anderen Seite aber wurden auch die Menschen immer rücksichtsloser, wobei ihre Gier der Natur den Lebensraum nahm.
    Am Eingang des Hochhauses brannte Licht. Die Lampe streute ihre Helligkeit nicht nur nach außen. Sie war so gedreht worden, daß sie auch in das Innere hineinleuchten konnte.
    Wir gingen die letzten paar Schritte – und blieben zugleich stehen, denn wir hatten den Boden direkt vor dem Eingang gesehen und auch entdeckt, daß er wie durchgepflügt wirkte.
    Bill lachte leise. »Das ist nicht normal, John. Hier müssen sie durchgekommen sein.«
    »Ich sehe nichts.«
    »Die sind schon drin.«
    Das befürchtete ich auch. Bevor wir uns in Bewegung setzten, leuchtete ich noch die Hauswand ab. Dort entdeckte ich nicht nur die Unterbrechungen der Fenster, sondern die ersten Risse und auch Löcher, die aber nicht leer waren, denn aus ihnen schauten mit Blättern versehene Pflanzenstiele hervor.
    Es war genau der Augenblick, in dem auch ich den Atem anhielt.
    Bisher hatten wir nur theoretisiert, hier aber erlebten wir die Praxis, und die war hart genug.
    Auch Bill war geschockt. Mit leiser Stimme sagte er: »Also doch, John. Wir haben recht behalten. Mandragoros Alptraum ist auch hier zur schlimmen Wahrheit geworden. Wo wir auch hingehen, er wird uns immer einholen.«
    Ich konnte nur nicken, hatte aber eine Frage. »Ist es in diesen Häusern immer so ruhig?«
    »Nein«, gab Bill zu, »überhaupt nicht. Diese Ruhe möchte ich als einmalig bezeichnen. Nicht mal die Kinder schlafen die Nächte durch. Es ist einfach zu heiß, die Emotionen kochen über, und in der Nacht klingen die Stimmen lauter als am Tag.«
    Mein Freund hatte recht. Aber völlig still war es nicht. Es gab Geräusche, die durchaus zu einem Haus wie diesem paßten. Normale Stimmen, auch welche, die aus den Radios oder TV-Geräten drangen, aber alles hielt sich im Rahmen, als hätte jemand einen Filter über sämtliche Geräuschkulissen gelegt.
    »Dann gehen wir mal hinein«, sagte Bill mit belegt klingender Stimme. Er stand wie auch ich unter einer großen Spannung. Im Licht der Außenleuchte bewegten sich zahlreiche Insekten, die dabei übergroße Schatten warfen. Sie tanzten wie unheimliche Fetische an den Hauswänden entlang, und um die Lampe herum erklang das Summen wie eine nie abreißende Melodie.
    Unwillkürlich duckten wir uns unter dem Insektenschwarm hinweg, dann hatten wir noch zwei Schritte bis zum Haus. Auf meine Lampe konnte ich jetzt verzichten, es war hell genug, trotz des nur gelblichen Scheins der Deckenleuchte.
    In ihrem Licht schauten wir uns um.
    Die Wände waren grau, beschmiert. Ebenso der Fußboden. Wir entdeckten einen Lift, der aber nicht

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