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0920 - Welt der Stille

0920 - Welt der Stille

Titel: 0920 - Welt der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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Nahezu-Dunkelheit keinen verräterischen Laut zu erzeugen. Als sie im Untergeschoss des Domes ankamen, blieb ihnen vor Staunen der Mund offen stehen.
    Heinrich hatte recht gehabt, dies war in der Tat eine Kapelle. Zamorra sah einen kleinen Altar, mehrere Holzbänke und ein schlichtes, an die Wand montiertes Kreuz. Doch er sah auch, wie sich der Mönch an der steinernen Mauer hinter dem Altar zu schaffen machte - und eine Geheimtür öffnete!
    Im Nu verschwand der Kuttenträger in dem finsteren Gang, der sich hinter der Öffnung andeutete. »Was in Gottes Namen…«, murmelte Heinrich. »Ein Geheimversteck, hier im Dom?«
    Zamorra schmunzelte leicht. »Manchmal sind eben die christlichsten Vertreter dieses Vereins diejenigen, die es faustdick hinter den Ohren haben. Fragt doch nur mal Euren Papst(Kalixt III. (1455 - 1458). Übrigens einer der Borgias und für sein ›Talent‹ bekannt, während seines dreijährigen Pontifikats wichtige Positionen aus Amt und Würden an Verwandte und andere Liebchen zu vergeben, was dem Ruf der Kirche als eingeschworener und bürgerferner Club nicht gerade entgegenwirkte. Außerdem fand er die Kreuzzüge toll.), Heini.«
    Während der Lehrling noch überrascht den Kopf schüttelte, deutete Zamorra ihm, sich zu beeilen. Sie mussten hinterher, bevor sich die Tür wieder schloss.
    ***
    »Ist das nicht Selbstmord?« Heinrichs Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, ein körperloser Laut in der Finsternis jenseits des verborgenen Durchgangs. »So unvorbereitet in die Höhle des Löwen zu gehen?«
    Zamorra schmunzelte und schritt weiter den unterirdischen Gang entlang, der aussah, als habe man ihn erst vor kurzer Zeit ins Erdreich geschlagen. »Keine Sorge, mein Freund. Ich… habe eine gewisse Erfahrung in derartigen Dingen und war schon in weitaus brenzligeren Situationen. Und überhaupt wissen wir doch nicht, ob wir am Ende dieses Ganges wirklich das finden, was wir zu finden hoffen.«
    »Eure Begleiterin«, sagte der Bursche. »Nicole.«
    »Und ein paar Antworten, wenn Ihr mich fragt. Die kämen jetzt wirklich gut…«
    Nach ein paar Schritten machte der Weg eine Biegung nach rechts, und auf einmal fiel Helligkeit hinein. Vorne, wo nun ein Ende des Ganges in Sicht war, waberte ein seltsames, gelbliches Leuchten. Heinrich und Zamorra beschleunigten ihre Schritte, näherten sich vorsichtig. Dann blieb der junge Druckerlehrling wie angewurzelt stehen.
    Und er starrte auf eine Wand aus Licht.
    ***
    Wer bist du?
    Nicole Duval ließ ihren Blick ein weiteres Mal über den alten Mann schweifen, der im Zentrum der unterirdischen Domkammer lag und regungslos Löcher in die Luft starrte. Seine dünnen, schulterlangen Haare waren wie eine Corona um seinen Kopf ausgebreitet und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den sie als Frieden interpretierte. Als sei der Mann, der sein Leben aufgegeben hatte, um das magische Energiefeld zu errichten, mit sich und der Welt im Reinen.
    Sie konnte sich nicht helfen, irgendetwas an ihm kam ihr vertraut vor. Es war ein Gefühl, das sie weder greifen noch abschütteln konnte. Dass ihre überreizten Nerven ihr einen Streich spielten, war eine Möglichkeit, die sich nicht von der Hand weisen ließ. Doch je länger sie darüber nachdachte, desto sicherer war sie sich: Irgendwann, irgendwo waren sie und dieser mysteriöse Alte sich schon einmal begegnet.
    Andererseits habe ich im Laufe all dieser Abenteuer so viele Menschen - und andere Gestalten - getroffen , dachte Nicole und überschlug im Geiste die Anzahl der Jahre, die sie nun schon mit Zamorra gegen die Mächte der Hölle und andere Gegner antrat, dass das auch keine wirkliche Aussage mehr ist. Zumindest keine, die die Zahl der Verdächtigen nennenswert einschränken würde.
    Sie seufzte leise, drehte den Kopf und blickte zu Martinus und seinen Mönchen, die in einer Ecke des Raumes, dicht an der magischen Wand, beisammen standen und angeregt tuschelten. Nici hatte längst aufgegeben, mit ihnen zu diskutieren. Vernunft war eine Sache, mit der sie bei diesen Gestalten nicht anzukommen schien, die zu sehr von Angst und dem Glauben an die eigene Bedeutsamkeit beseelt waren, als dass sie irgendwelchen Argumenten noch nennenswert Gehör geschenkt hätten.
    Nein, wenn sie hier raus wollte, musste sie einen eigenen Weg finden - und Nicole hoffte, dass er über den Alten führte. Deswegen kniete sie dort neben seiner Pritsche und…
    Eine Bewegung aus dem Augenwinkel ließ sie inne halten. Irrte sie sich, oder huschte

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