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0920 - Welt der Stille

0920 - Welt der Stille

Titel: 0920 - Welt der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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dort irgendetwas außerhalb der Energiekuppel umher? Ein Tier vielleicht? Aber wie sollte sich ein Tier in den Dom verirren?
    Vorsichtig, um die Aufmerksamkeit der Mönche nicht auf das Geschehen zu ziehen, warf Nicole einen kurzen Blick in die Richtung, in der sie die Bewegung wahrgenommen hatte. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen, um durch das gleißende Licht der Kuppel überhaupt mehr als Formen ausmachen zu können - dann erstarrte sie.
    Zamorra!
    Da stand Zamorra, gleich im Durchgang, der von dem unterirdischen Gang in die »Arche«, der Kultisten führte. Er hatte sie gefunden. Wie kommst du denn her, Chef? Und ich sitze hier und mache mir Sorgen um dich…
    Der Professor hatte sie längst erblickt und grinste schelmisch, als er bemerkte, dass sie ihn ebenfalls wahrgenommen hatte. Er stand etwa einen Schritt im Gang hinein, halb von dem Schatten des Mauervorsprungs verborgen, und beobachtete die Szenerie, die sich vor ihm erstreckte mit jener Mischung aus Faszination und Cleverness im Gesicht, die Nicole so an ihm schätzte. Sie konnte förmlich spüren, wie sein Gehirn auf Hochtouren arbeitete und all die Informationen und Eindrücke, die der Raum ihm bot, aufnahm, sortierte und zu verarbeiten versuchte. In solchen Gelegenheiten »funktionierte«, ihr Partner gewissermaßen wie ein Decodierungsprogramm: Er betrachtete sich das Gesamtbild und suchte instinktiv nach Gemeinsamkeiten in den Details, die ihm halfen, das große Ganze zu verstehen.
    Ich würde dir ja gern ein paar Sachen erklären, aber sobald ich nach dir rufe, wissen diese Spezis da hinten ebenfalls, dass du da bist.
    Nicole stutzte, als plötzlich ein weiterer Kopf im Durchgang erschien. Er gehörte einem jungen Mann von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren - schwarze Locken, sanfte Züge; gut aussehend, auf eine jungenhaft unschuldige Art. Zamorra flüsterte ihm etwas zu, was sie nicht verstand, und der Bursche verschwand wieder in den Schatten.
    Dann sah der Meister des Übersinnlichen sich einmal nach allen Seiten um, trat aus seiner Deckung und eilte mit wenigen Schritten auf die magische Barriere zu.
    Sofort schüttelte Nicole den Kopf, energisch und streng. Gefahr , formte sie mit dem Mund und fragte sich ein wenig genervt, wie oft sie diesen Mann denn noch daran erinnern musste, dass er sein Amulett, das ihn vor magischen Angriffen schützte, nicht länger bei sich trug.
    Immerhin verstand er sie. Kurz vor der Kuppel aus Licht hielt der Professor an und besah sich die magische Wand genauer. Dann hob er hilflos die Schultern. Offensichtlich wusste er nicht genau, wie er am besten gegen sie vorgehen sollte.
    Nicole schmunzelte. Was meinst du, worüber ich hier schon die ganze Zeit nachdenke? Sie hob die Hand ein wenig und deutete ihm, sich wieder in sein Versteck zu begeben. Wie es schien, war der Moment gekommen, dass sie ihren eigenen Fluchtplan endlich in die Tat umsetzte.
    Vorausgesetzt, er funktionierte.
    ***
    Der Alte lag still und reglos da. Fast so, als wisse er, was sie von ihm brauchte.
    Okay, Mädchen, dann mal los. So etwas hab ich auch noch nicht versucht…
    Nicole wandte sich vom Eingang und dem Energiefeld ab und versuchte, ihren Geist zu bündeln. Sie musste sich konzentrieren, musste alle äußeren Eindrücke von sich abprallen lassen. Das Flüstern der Mönche, die ungewohnte und nahezu irreal wirkende Umgebung, die Sorge um das Geschehen an der Erdoberfläche und in Gutenbergs Werkstatt - es musste fort, raus aus ihrem Kopf, aus ihren Gedanken. Dort war nur noch für eines Platz. Und das lag direkt vor ihr.
    HALLO?
    Ihr Atem wurde flach und flacher und ihr Herzschlag verlangsamte sich, weil sie es wollte. Sie war die Herrin über ihren Körper, und sie befahl ihm nun, sich zurückzunehmen und einer Meditationsvorstufe gleich in einen tranceartigen Zustand überzuwechseln. Nicht Schlaf, aber auch nicht Wachen.
    HALLO?
    Nicole spürte sich - physisch, aber auch psychisch. So, wie sie sich ihres Körpers immer bewusst war, erkannte sie plötzlich auch ihren Verstand. Äußerlich veränderte sie sich nicht, blieb unbewegt auf dem staubigen Boden vor der Pritsche des Alten sitzen, und doch war es ein faszinierendes Erlebnis - in ihrem Geist! Je tiefer sie in ihre Konzentration einsank, desto deutlicher nahm sie ihr mentales und magisches Potenzial wahr. Wie man mit einer Hand etwa über einen Arm streichen konnte, »berührte«, sie mit imaginären, geistigen Fingern die tiefsten Winkel ihres eigenen Bewusstseins. Und

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