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0920 - Welt der Stille

0920 - Welt der Stille

Titel: 0920 - Welt der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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aus ihrem Zwangsexil zu befreien - vorausgesetzt, die junge Winzertochter hatte es irgendwie geschafft, bis hierher zu überleben.
    Dicht hüllte der Dunst Zamorra ein, verschluckte nahezu jeden Laut und machte eine Sicht unmöglich. Der Meister des Übersinnlichen hob die Hände, streckte die Arme vor sich aus und spitzte die Ohren. Tatsächlich: Da waren sie. Dumpfe Laute, tief und hallend, wie der Gesang eines Leviathans des Meeres, drangen aus der Ferne zu ihm herüber. Es waren die Titanen, jene tentakelbewehrten Monster von jenseits der Dimensionsgrenzen, welche die Töne erzeugten, soviel wusste er mittlerweile. Sie waren hier geparkt, warteten darauf, Dandrono in die Menschenwirklichkeit zu folgen. Schon bei seinem ersten Aufenthalt an diesem Ort hatte ihr eigenartiger Gesang Zamorra erschaudern lassen. Er hatte sie damals nicht zu Gesicht bekommen, wohl aber gehört, und das allein hatte ausgereicht, ihn davon zu überzeugen, in der Nebelsphäre besser nicht auf sich aufmerksam zu machen.
    Schritt für Schritt bahnte sich der Dämonenjäger seinen Weg durch das Grau. Einmal war ihm, als husche ein Slissak nur wenige Meter von ihm entfernt vorbei. Reglos hielt Zamorra inne und wagte es nicht, zu atmen, um seine Anwesenheit nicht zu verraten. Und das Wesen verschwand wieder.
    Hier und dort konnte er Schemen in der Trübnis ausmachen, dunkle Formen, die auf Gebäude verwiesen. Und er hoffte, dass ihn seine Erinnerung nicht trog. Irgendwo muss ich meine Suche beginnen , dachte er ein wenig hilfloser, als er sich selbst eingestehen wollte. Warum also nicht an dem einen Ort, den ich hier tatsächlich kenne?
    Terticus' Villa. Das Haus, in dem er viele Stunden im Gespräch mit dem Mann aus der Vergangenheit verbracht hatte. Wenn ihn seine Orientierung nicht trog und sich das Antlitz der Sphäre seit damals nicht verändert hatte, lag die Wohnstätte des Kaisers in der Richtung, in die Zamorras Füße ihn gerade trugen.
    Nach endlos scheinenden Minuten hatte er es erreicht. Erste Säulen erschienen, steinerne Relikte einer längst vergangenen Epoche, dann konnte er die Stufen ausmachen, die zur Pforte der Villa führten. Die Wahrscheinlichkeit war minimal, dass sich Josephine ausgerechnet in dieses Gebäude geflüchtet haben sollte - wenn überhaupt -, aber Zamorra hoffte, dort wenigstens noch die ein oder andere Information über die Sphäre und seine unheimlichen Gegner finden zu können. Immerhin hatte Terticus einen langen Zeitraum allein hinter diesen Mauern verbracht und sich vielleicht das ein oder andere notiert.
    Zamorra hatte den Flur des Palastes kaum betreten, als ihn jemand von hinten ansprang. Die Wucht des Aufpralls riss den Professor von den Füßen. Überrascht und unvorbereitet verlor er das Gleichgewicht, fiel hin und landete bäuchlings auf dem harten Marmorboden.
    »Was zum…«
    Und der rätselhafte Feind ließ nicht locker. Sofort setzte er nach, sprang vor und landete auf Zamorras Rücken. Bevor der Professor reagieren konnte, bohrten sich auch schon spitze Knie schmerzhaft in seinen Rücken, griffen schwitzige Hände nach seinen Armen und hielten sie zurück. Wer immer das war, machte keine halben Sachen.
    »Aufhören!«, rief eine weibliche Stimme in akzentfreiem Deutsch. Sie klang erschrocken, nahezu panisch. »Das ist kein Slissak.«
    Der Griff der Hände lockerte sich, wenngleich nur zögerlich. Zamorra drehte den Kopf ein wenig, schielte nach oben - und blickte in das überraschte Gesicht Josephine Beckers. »D… danke«, stammelte er, einen Moment völlig baff.
    »Sagt mir jetzt bloß nicht, Gensfleisch habe Euch geschickt«, sagte die junge Frau skeptisch. »Sonst lasse ich ihn gleich noch härter zupacken.«
    » Hang on, dear «, drang eine männliche Stimme an Zamorras Ohr. Sie stammte von dem, der ihn so gekonnt am Boden gepinnt hielt, und sie klang mehr als nur irritiert. »Wollen Sie mir etwa weismachen, dass Sie den Kerl kennen?«
    »Der Kerl heißt Zamorra«, keuchte dieser und ächzte gequält, als sich der Druck der Knie von seinem Rücken löste. »Und er ist gekommen, um Ihnen zu helfen.«
    »Ach ja?«, erwiderte der Mann schnippisch. »Wir brauchen keine Hilfe. Alles unter Kontrolle hier.« Mühsam rappelte sich der Professor auf die Beine, dann betrachtete er sich die beiden Menschen, denen er so unsanft begegnet war, genauer. Josephine sah in Ordnung aus, ein wenig blass und müde vielleicht, aber unverletzt. Der Mann hingegen schien, als sei er gerade aus einem

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