0923 - Panik im Hyperraum
Macht. .
Und deshalb zerstörte er brutal den Mythos der Tanzenden Jungfrau und vernichtete zum Zeichen seiner Überlegenheit sogar ihren Tempel. Damit konnte er die Tempester überzeugen, daß er der Träger der wahren Macht war.
Bis hierher war Baya die Geschichte bekannt, und obwohl Kjo sie mystisch verbrämt erzählte, konnte sie ihren Ausführungen auch weiterhin folgen und die Zusammenhänge erfassen.
Nachdem Margor den Tempel der Tanzenden Jungfrau zerstört hatte und mit fünfzig ausgesuchten Tempestern verschwunden war, legte sich unter den Zurückgebliebenen bald die erste Euphorie über seine eindrucksvolle Machtdemonstration. Und je länger Margor fortblieb, desto lauter wurden die Stimmen der Zweifler.
Vor allem waren es jene Tempester, die bei Margors letztem Auftritt nicht dabeigewesen waren und die Wirkung seines Amuletts nicht zu spüren bekommen hatten, die gegen den neuen Glauben zu wettern begannen. Und darunter fielen die meisten Viertel- bis Einjährigen, die in eigenen Kolonien zurückgezogen lebten.
Dazu erklärte Kjo: „Im ersten Vierteljahr deines Lebens bist du völlig auf dich allein gestellt. Du mußt dich erst beim Überlebenskampf mit der Natur dieser Welt bewähren und profilieren. Dann, wenn du reifer wirst, aber längst noch nicht voll entwickelt bist, gesellst du dich zu Gleichaltrigen, die ebenfalls noch nicht die volle Reife erlangt haben.
Du scharst dich mit den anderen Unreifen zu Banden zusammen und meidest die Wege der Älteren, die sich nicht mehr verändern. Mit etwa einem und einem Vierteljahr bist du dann gesetzt genug, um dich dem Treiben der Erwachsenen hinzugeben. Vorher bist du ein Suchender, danach aber mußt du dir über deine Bestimmung klargeworden sein."
Kjo machte eine betretene Pause, dann fuhr sie verhalten fort: „Um so erstaunlicher ist es, daß gerade die Älteren auf den falschen Propheten hereingefallen sind. Ich schäme mich für sie, daß sie dich verleugnet haben und sich dem falschen Gott zuwandten. Sie behaupten einhellig, daß er eine Ausstrahlung hatte, die seine grenzenlose Macht geradezu körperlich spüren ließ. Deshalb, sagen sie, haben sie sich ihm untergeordnet. Aber das ist keine Entschuldigung, sondern nur eine billige Ausrede. Denn jetzt, wo du zu uns gekommen bist, müßten sie dich an deiner göttlichen Aura erkennen."
Baya war froh, daß Kjo und die anderen Tempester-Kinder, die sie für die Tanzende Jungfrau hielten, keinen Kontakt zu Boyt Margor gehabt hatten, denn sonst würden sie wissen, was eine charismatische Ausstrahlung wirklich war. Zum Glück für sie wußte Kjo jedoch nicht, wovon sie sprach.
„Die Fronten verhärteten sich immer mehr", fuhr Kjo fort. „Es kam immer öfter zu kleineren Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der beiden Glaubensrichtungen, bis man beschloß, in einer Großdemonstration die Götter selbst entscheiden zu lassen. Dein Auftauchen hat uns gezeigt, daß wir auf dem richtigen Weg waren. Dein Erscheinen gab uns die Kraft, die Anhänger des falschen Propheten zu verjagen. Wir haben gesiegt!"
„Es war nur ein Teilerfolg, Kjo", sagte Baya. „Denn die anderen sind vermutlich im Besitz meines Auges, ohne das ich keine Wunder vollbringen kann."
„Puko wird es dir zurückbringen", sagte Kjo überzeugt.
*
Vierzehn Tempesto-Tage war Baya in der Tropfsteinhöhle eingeschlossen, und gemessen an der Länge der Tage entsprach das in etwa auch zwei Wochen Norm-Zeit.
Baya durfte die Höhle nur selten verlassen und auch dann nur bei Nacht.
„Die anderen suchen nach dir", begründete Kjo das. „Es ist schon einige Male deswegen zum Kampf gekommen. Aber das Zeichen deines Auges hat uns Kraft gegeben."
Dabei hob das Mädchen das hölzerne Zepter hoch, das die Form des Auges hatte.
Von Puko kam keine Nachricht.
Baya fragte sich manchmal, ob es nicht besser wäre, die Tempester-Kinder darüber aufzuklären, daß sie nicht die Tanzende Jungfrau war. Aber man würde ihr entweder nicht glauben - oder man würde sie für diesen Frevel töten. Geholfen wäre damit niemandem gewesen. Am wenigsten den Eingeschlossenen in den Hypernischen.
Baya überlegte sich auch, ob es nicht zielführender wäre, selbst nach dem Auge zu suchen. Sie brauchte einige Tage, sich zu diesem Entschluß durchzuringen. Dann wartete sie auf eine günstige Gelegenheit.
Es passierte oft, daß sie allein in der Höhle hinter dem Wasserfall war. Kjo und die anderen verschwanden immer für längere Zeit ohne
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