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0924 - Der Herr der Nebelberge

0924 - Der Herr der Nebelberge

Titel: 0924 - Der Herr der Nebelberge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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Krychnak spürte die Angst des Jungen, aber da schwang noch etwas anderes mit. Sorge um jemanden? Neugier?
    Was es auch sein mochte, der Junge kam wie gerufen. Er konnte Krychnak helfen, seine Wut auf Aktanur abzureagieren.
    Gerade sprang der Junge auf. Offenbar hatte er entschieden, dass nach seiner Entdeckung Flucht ein aussichtsreicheres Verhalten sei, als sich zu verstecken.
    Krychnak bewies ihm das Gegenteil.
    Er legte die Handrücken aneinander und riss sie wieder auseinander. Dabei griff er in das Gewebe der Realität und zerrte es entzwei. Tatsächlich entstand vor ihm ein Spalt in der Wirklichkeit, dessen Ränder flatterten wie Fahnen im Wind. Der Dämon trat hindurch und stand im nächsten Augenblick vor dem fliehenden Jungen im Wald.
    Der blieb wie angewurzelt stehen und starrte Krychnak aus angstgeweiteten Augen an. Die Wolle seiner Hose wackelte hin und her, so stark zitterten seine Knie.
    »Wo willst du hin?«
    »N-nirgends.«
    »Natürlich nicht.« Krychnak lachte. »Wie heißt du?«
    »Hendreg.«
    Der Dämon hob die Klaue und strich mit einem hornigen Fingernagel, der wie eine Kralle gebogen war, über die Wange des Jungen. »Was tust du hier?«
    Und plötzlich sprudelte es aus Hendreg hervor wie Blut aus einer frisch geschlagenen Wunde. Den Blick hielt er starr nach unten gerichtet, als könne er es nicht ertragen, Krychnaks überwachsene, pumpende Augenhöhlen ansehen zu müssen. »Ich weiß, dass ich nicht hier sein dürfte, ich hab die Beißholzpfähle gesehen und weiß was sie bedeuten aber mein Bruder ist hierher gelaufen also bin ich hinterher ich konnte ihn doch nicht so alleine in einen verbotenen Wald rennen lassen.« Er schniefte eine Rotzglocke weg, die ihm aus der Nase hing. Tränen liefen über sein Gesicht. Langsamer fuhr er fort: »Das mit der Weißbeere tut mir leid. Natürlich hätte ich sie nicht nehmen dürfen. Aber ich wollte ganz bestimmt nicht sündigen mein Mund war so trocken und da dachte ich…«
    Krychnak brachte den Jungen mit einer unwirschen Handbewegung zum Schweigen, bevor er wieder ins Plappern geriet. Was erzählte dieses Kerlchen da von Sünde? Hielt er ihn etwa für einen Gott?
    Ein Lächeln legte sich auf Krychnaks Gesicht, doch offenbar kam es nicht als solches im Bewusstsein des Jungen an. Denn er schluchzte nur noch lauter und erbärmlicher.
    Der Dämon hatte keine Ahnung, was Hendreg ihm mit seinem Wasserfall aus Worten hatte sagen wollen. »Deine Sünden sind dir vergeben.«
    Er kicherte in sich hinein, als er die Erleichterung in Hendregs Zügen ablesen konnte. Und er konnte sich nur mühsam das Lachen verkneifen, als er das Entsetzen bei seinen nächsten Worten entdeckte. »Deine Eingeweide auf dem Waldboden zu verteilen, sollte als Buße genügen.«
    Die Klaue des Dämons fuhr hoch, bereit, mit einer raschen Abwärtsbewegung Brustkorb und Bauch des Jungen aufzufetzen. Doch sie verharrte in der Luft.
    Krychnak hatte etwas gehört. Nein, eher gespürt. Eine Präsenz, die ihm vage bekannt vorkam. Es fühlte sich an wie eine Antwort auf seinen Kreaturruf. Nein, auch das traf es nicht genau. Es war, als hätte er mit seinem Ruf etwas aus einem langen Schlaf geweckt und könne es nun orten.
    Doch was sollte dieses Etwas sein? Es befand sich nicht in Isilria oder dem kleinen Land , so viel konnte Krychnak sagen. Das Signal kam also nicht von Aktanur. Von wem dann?
    Der Dämon ließ den Arm sinken.
    »Ich muss weg! Du wartest hier.« Mit einer seiner hornigen Krallen ritzte er ein Symbol in Hendregs Stirn und belegte ihn mit einem Bannzauber. »Was bleibt dir auch anderes übrig?«
    Hendregs Körper versteifte sich und fror die Angst in seinen Zügen ein.
    Krychnak konzentrierte sich auf das Signal, dann öffnete er einen Weltenriss und trat hindurch.
    ***
    Rhett starrte zur Tür und konnte die nagende Unruhe nicht abschütteln. »Da stimmt was nicht!«
    Zamorra versuchte sich an einem Lächeln. »Lass sie doch! Frauen sind manchmal etwas eigenwillig. Ich kann ein Lied davon singen.«
    »Du hast doch gehört, was sie gesagt hat. Frauengeschichten«, meinte auch Dylan. »PMS und so Zeug.«
    Der Erbfolger stand auf, ging einige Schritte auf die Tür zu und kehrte wieder um. Er sah auf die Standuhr neben dem Fenster. »Wo bleibt sie nur?«
    Dylan lachte. »Sie ist gerade mal zwei Minuten weg und du hältst es schon nicht mehr aus?«
    »Doch, eigentlich schon. Aber ich habe ein voll blödes Gefühl im Bauch. Was soll das überhaupt sein, dieses

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