0926 - Mörderische Lockung
Spiel.«
»Ist schon gut.« Sie grinste zu dem rattengesichtigen Mann mit den dünnen glatten Haaren hoch. »Du brauchst keine Angst zu haben, daß ich mich mit dir beschäftige. Das wird später erfolgen, verlaß dich drauf.«
»Geh!«
Sie schlenderte in eine Ecke des Verlieses und schaute zu, wie der Mann eine sich im Gitter befindliche Klappe öffnete, um den gefüllten Korb an einem Seil in die Tiefe zu lassen. Am Ende des Seils befand sich ein Haken, der von oben her durch eine geschickte Bewegung gelöst werden konnte, was der Mann auch tat, als der Korb den Boden erreicht hatte. Das Seil wurde wieder in die Höhe gezogen, die Luke verschlossen, dann zog sich der Knabe zurück, wobei er das Licht brennen ließ. In einer halben Stunde würde er wieder erscheinen, um den Korb abzuholen.
So lange aber blieb es hell, und Beth Calvaro konnte sich in ihrem Verlies genauer umschauen.
Es war schon außergewöhnlich, und es zog sich von der Höhe her über mehr als zwei Stockwerke hin. Ungefähr in der Mitte befand sich dieses Gitter, als wäre der Raum darunter früher einmal für irgendwelche Raubtiere genutzt worden.
Essen und Trinken standen im Korb. Beth Calvaro nahm das Tuch zur Seite und schaute zu, was man ihr geschickt hatte.
Zwei mit Wasser gefüllte Plastikflaschen. Etwas Fladenbrot und ein paar Scheiben Paprika-Salami.
Beth beging nicht den Fehler, hier einen Hungerstreik anzuzetteln. Das wollte sie auf keinen Fall. Sie mußte bei Kräften bleiben. Zuerst trank sie ein Flasche leer, denn sie wurde von einem wahnsinnigen Durst gequält.
Danach fing sie an zu essen.
Das Brot schmeckte nicht besonders, aber die Salami dazu gab ihm die nötige Würze.
Beth saß auf dem Boden, aß, dank und dachte daran, wie toll es jetzt wäre, die Mahlzeit gemütlich in der Badewanne einzunehmen. Sie fühlte sich irgendwie schmutzig und suchte Entspannung.
Hätte jemand wie der Don ihr Lächeln gesehen, dann wäre er mit seiner Menschenerfahrung sicherlich vorsichtig geworden. Aber er sah es nicht, und zudem war er es nicht gewohnt, von einer Frau besiegt zu werden.
Der Don war und blieb ein Macho.
Sie aß das Brot nicht ganz, die Salami schon, und anschließend widmete sie sich der zweiten Flasche Wasser. Beth leerte sie bis auf den letzten Tropfen. Als sie die Flasche wieder zurück in den Korb stellte, huschte ein zufriedenes Lächeln über ihr Gesicht, aber nicht nur deshalb, weil sie satt und auch nicht mehr durstig war, sondern weil sie an die Zukunft dachte, die sich für einen Mann wie den Don schon sehr bald verändern würde.
Beth stellte alles in den Korb zurück, deckte es mit dem Tuch ab und wußte, daß es nicht mehr lange dauern würde, bis der gelbgesichtige Kerl zurückkehrte, um den Korb wieder abzuholen.
Sie irrte sich nicht.
Kaum hatte sie sich mit dem Gedanken vertraut gemacht, da wurde die Tür wieder geöffnet, und der dürre Kerl erschien. »Hau wieder ab in die Ecke!«
»Ist schon klar.« Sie schlenderte hin, blieb dort stehen, drehte sich aber, um schräg in die Höhe schauen zu können, weil sie sehen wollte, wie sich der Typ ärgerte.
Er suchte die verbale Auseinandersetzung. Ein Wortgefecht wäre ihm entgegengekommen, dann hätte er seinen Frust loswerden können.
Zweimal schon hatte er Beth erklärt, was er mit ihr anstellen würde, wenn man sie ihm überließ, aber Beth hatte nur gelächelt und ihm ihre Überlegenheit demonstriert, die ihn verrückt machte.
Er war jedesmal wütend verschwunden.
An diesem Tag sagte er kein Wort. Die Luke war geöffnet, er hatte den Korb wieder festgehakt und zog ihn hoch.
Beth Calvaro schaute zu. Sie stand da, hatte die Arme in die Seiten gestemmt und gab sich locker.
Der Gelbgesichtige schloß die Luke. Es war ihm nicht möglich, das Verlies stumm zu verlassen. »Wenn es nach mir ginge, würdest du nichts kriegen. Kein Essen, kein Trinken.«
»Das weiß ich, Rattengesicht. Aber es wird nicht nach dir gehen. Es wird nie nach dir gehen, das mußt du dir merken. Du gehörst nicht mal ins zweite Glied, sondern unter ferner liefen. Du hast weder Klasse noch Masse, du bist ein Nichts - okay?«
Der Mann wußte nicht, was er darauf erwidern sollte. Er knirschte hörbar mit den Zähnen, dann fluchte er und drohte ihr sogar.
»Ein Nichts wirst du werden, du Nutte. Warte ab, bis man dich weggeschafft hat. Warte es nur ab. Dann wirst du dir wünschen, mich in deiner Gesellschaft zu haben.«
»Klar, darauf freue ich mich schon jetzt.«
Das
Weitere Kostenlose Bücher