0926 - Preis der Macht
gegangen. Offenbar hatte Morano gehörigen Respekt vor diesen Menschen, deren Aktivitäten Starless nicht im Detail kannte. Er hatte natürlich davon gehört, dass man Zamorra den Meister des Übersinnlichen nannte, und auch Nazarena Nerukkar, für die Starless ja lange Zeit gearbeitet hatte, erwähnte diesen Menschen ab und zu.
Starless war sicher, dass er Zamorra bald einmal gegenüberstehen würde. Er fürchtete sich nicht vor diesem Mann, dessen Namen man in der Hölle wie einen Fluch aussprach. Ein großer Gegner? Das würde sich ja dann zeigen.
Schon aus der Entfernung spürte der Vampir, dass die no tears -Villa durch eine Art weißmagischer Abwehr geschützt war. Ein Grund dafür war sicher der höchst unangenehme Besuch, den Sinje-Li dem Kinderhaus abgestattet hatte. Auch davon wusste Starless natürlich. Die Abwehr war jedoch äußerst halbherzig angebracht und durchaus zu umgehen. Für Starless stellte sie absolut kein Hindernis dar.
Dafür gab es einen Grund, an den er nicht gerne erinnert wurde. Doch nun war nicht die Zeit, um über diese Dinge nachzudenken. Dieser Grund war ein Makel, den Starless mit aller Kraft zu verbergen suchte. Doch auch ein Makel konnte seine Vorteile haben - hier brachte er ihn problemlos durch die weißmagischen Zeichen, die an der Außenwand der Villa angebracht worden waren. Es war kaum zu glauben, aber die Haupttür war tatsächlich unverschlossen.
Die Unvorsichtigkeit der Menschen verblüffte Starless immer wieder. Sicher, eine verschlossene Tür hätte ihn keine Sekunde lang aufhalten können, doch es gab schließlich ganz profane Einbrecher, Geistesgestörte, die auch vor einer Kinderinstitution nicht haltmachten. Die Verantwortlichen hier schienen sich über solche Dinge nicht viele Gedanken gemacht zu haben. Nun, Starless sollte das gleichgültig sein.
In der Halle, die sich jetzt vor ihm öffnete, brannte gedämpftes Licht. Aus der oberen Etage konnte der Vampir Kinderstimmen hören. Er besaß keine Skrupel, auch Kinder aus seinem Weg zu räumen, wenn sie ihn in seinen Plänen störten, doch wenn es ging, wollte er das vermeiden. Hier würde es wohl zu viel Aufsehen erregen. Ob das möglich war, wusste er jedoch nicht, denn wenn sich sein ungeheurer Verdacht bestätigte, wenn dieser Ted Ewigk, den er zu töten geglaubt hatte, tatsächlich noch lebte… hier lebte, dann musste er ihn so schnell wie möglich finden. Was hatte Sinje-Li noch gesagt?
... ein ausgewachsener Mann, der offenbar seinen Verstand verloren hat. Er ist groß und kräftig, hat lange blonde Haare ...
Diese Beschreibung passte haargenau auf Ewigk. Doch der musste bei der Zerstörung von Al Cairos Raumschiff doch ums Leben gekommen sein, denn nichts und niemand konnte der Angst entkommen, dieser uralten Gefahr, die an den Randgebieten dieser Galaxie lauerte! Starless hatte sie benutzt, um sich der kleine Flotte des Alphas Al Cairo zu entledigen. Dann hatte er Ted Ewigk den Machtkristall gestohlen und den Mann seinem Schicksal überlassen.
Und dieses Schicksal hieß Tod ! Doch nun war Starless sich nicht mehr so sicher, ob Ewigk tatsächlich bis zum bitteren Ende an Bord des Schiffes geblieben war. Wenn, dann hatte der Vampir seine Aufgabe nicht richtig zu Ende gebracht, dann existierte der wahre Besitzer des Machtkristalls noch, den Tan Morano nun für sich beanspruchte. Es wäre der Super-GAU, wenn Ewigk plötzlich wieder auf der Bildfläche erscheinen würde, um Morano den Dhyarra streitig zu machen.
Undenkbar!
Starless konnte das helle Licht sehen, das aus einer nur angelehnten Tür in die Eingangshalle schien. Mit wenigen Schritten war er dort angekommen und öffnete die Tür nun ganz. Niemand befand sich in dem Raum, der sich als Küche entpuppte. Auf einem Tisch entdeckte Starless einen restlos überladenen Teller. Die Speisen darauf waren noch leidlich warm. Starless sah das noch blutige Steak. Seit vielen Jahren rührte sich in ihm etwas, das er schon für immer zu begraben gehofft hatte.
Eine menschliche Lust auf Nahrung.
Mit raschen Bewegungen schnitt er ein ordentliches Stück von dem Steak ab und steckte es sich in den Mund. Genüsslich kaute er das nur noch lauwarme Fleisch, ergötzte sich an dessen Geschmack. Er war ein Vampir - sicherlich war er das - und dennoch konnte er dies hier genießen. Wie das möglich war? Auch das gehörte zu dem Makel, den er nur zu gerne vergessen hätte.
Für einen Moment spürte er den wilden Drang, sich das ganze Fleisch zu gönnen, doch dann
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