0929 - Engelsblut
nicht.«
»Stimmt es denn wirklich?«
»Die Bullen behaupten es zumindest.«
Eine Frau trat an den Kiosk heran, kaufte Zigaretten und zwei Zeitungen. Dann ging sie wieder.
Zum Schutz vor der Sonne trug sie einen Stoffhut.
»Aber Sie kennen sich hier aus«, sagte der Killer.
»Und ob.«
»Ich suche nämlich jemanden.«
»Ach - wen denn?«
»Eine Frau, deren Namen ich nicht weiß. Meine Mutter hat mich geschickt, weil ich ihr etwas ausrichten soll. Jetzt habe ich aber den Namen vergessen.«
»Da kann ich ihnen auch nicht helfen«, sagte der Verkäufer, bevor er Schweiß von seiner Stirn wischte.
»Vielleicht doch.«
»Ohne Namen?«
»Ich habe behalten, wie sie aussieht, denn meine Mutter hat sie mir beschrieben.«
»Dann schießen Sie mal los.«
Das tat Gates auch. Zum Glück hatte er sich das Aussehen der Frau eingeprägt. So gut wie möglich versorgte er den Verkäufer mit Informationen, und der Mann lächelte plötzlich, so daß Bill Gates sich gezwungen sah, eine Frage zu stellen. »Kennen Sie die Person etwa?«
»Ich bin mir ziemlich sicher.«
»Das ist ja toll - danke.«
»Keine Ursache. Sie wohnt nicht weit von hier. Links hoch müssen Sie gehen, dann sehen Sie ein Haus, das einen seitlichen Eingang hat. Dort müssen Sie hin.«
»Und weiter?«
»Sie sind da.«
»Wie heißt die Frau denn?«
»Marcia Morana.«
»Ha!« rief Bill und übertrieb es, als er die Hand hob und sich gegen die Stirn schlug. »Natürlich! Wie konnte ich den Namen nur vergessen! Ich soll ja meine Mutter…«
»Vielleicht anmelden?«
»Richtig. Woher wissen Sie das, Mister? Sie sind ja echt eine Schau.«
Der Verkäufer lächelte geschmeichelt. »Ist doch ganz einfach. Es kommen immer wieder Menschen zu ihr, um sich von ihren Problemen oder Wehwehchen befreien zu lassen. Schließlich ist Marcia eine Heilerin, oder was immer man darunter zu verstehen hat. Sie kann sich jedenfalls nicht über ausbleibende Patienten beklagen, sage ich mal.«
»Ja, sie heilt. Ob aus ihren Fingerspitzen Strahlen dringen?«
Der Gefragte hob die Schulter und zupfte an seinem karierten Hemd, das auf der Haut klebte. »Kann - muß aber nicht sein. Ich bin nicht so genau informiert.«
Aber Gates war es. Er wußte jetzt alles, was er wissen mußte, und er hätte nicht gedacht, daß es so gut laufen würde. Er war voll und ganz mit seiner Arbeit zufrieden.
»Was habe ich zu zahlen?« fragte er.
Der Mann nannte die Summe und war erstaunt, noch ein Trinkgeld zu bekommen. »Das ist dafür, daß sie mir und meiner Mutter geholfen haben. Sie sieht diese Marcia als ihre einzige Hoffnung an. Wie ältere Leute eben so sind.«
»Ja, das kenne ich.« Der Verkäufer bedankte sich und steckte das Geld weg. Als er hochschaute, war der junge Mann bereits auf dem Weg zu Marcia.
Bill Gates steckte voller teuflischer Freude. Eine Ahnung sagte ihm, daß er es schaffen würde. Noch an diesem Vormittag würde jemand sein Messer zu spüren bekommen…
***
Auch ich war unterwegs, fuhr mit nach heruntergekurbelten Seitenscheiben und fluchte über die Hitze.
Irgendwann mußte sich das verdammte Wetter ja ändern. Diese Hitze machte die Menschen auch aggressiv, und nie wurde soviel gestorben wie bei einer derartigen Schwüle.
Mein Ziel lag in einer guten Wohngegend. Nicht zu teuer, aber gehobene Mittelklasse. Alte Häuser reihten sich aneinander. Zwischendurch führten schmale Einfahrten auf irgendwelche Höfe, und jedes Haus hatte einen Vorgarten.
Hier war London ursprünglich und noch nicht von Touristen überlaufen.
Kühlung brachte der Fahrtwind kaum. Eher eine dumpfe und auch leicht stinkende Luft, die mir ins Gesicht und um die Ohren wehte. Ich fuhr gelassen, denn angemeldet hatte ich mich nicht. Ich wollte die Frau überraschen.
Das Haus hatte ich rasch gefunden. Es wohnten mehrere Parteien darin. Ich rollte langsam vorbei und stellte fest, daß der Eingang an der Seite lag.
Einen Parkplatz fand ich auch. Nachdem ich die Scheiben wieder hochgekurbelt hatte, stieg ich aus und ging den Weg bis zu meinem Ziel zurück. Den Eingang entdeckte ich an der Seite.
Wegen der Sonne waren im Innern der Räume die meisten Rollos vorgezogen worden. Niemand bewegte sich hinter der Scheibe, die Ruhe schien vollkommen zu sein.
Ich ging auf die Tür zu. Eigentlich hätte ein Schild an der Hauswand angebracht sein müssen, das auf die Heilerin hinwies, aber das war nicht der Fall.
Dafür las ich den Namen auf dem Klingelbrett, und zwar weit unten. Dahinter stand das
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