Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0929 - Engelsblut

0929 - Engelsblut

Titel: 0929 - Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
sie schaute jedesmal zum Fenster hin, wie weit die Sonne schon gewandert war.
    Warten.
    Sich bereithalten.
    Aber wie? Welche Waffen standen ihr zur Verfügung? Sie war keine Mörderin, sie hatte noch niemals zuvor einer Kreatur etwas zuleide getan, und erst recht keinen Menschen vom Leben zum Tod befördert. Sie besaß nur das Blut, mit dem sie nicht nur andere, sondern auch sich selbst heilen konnte, was sie schon einige Male ausprobiert hatte, allerdings immer nur bei kleineren Wunden.
    Wenn der Mörder auftauchte, würde er sie nicht schwerverletzt liegenlassen wie die junge Frau im Wagen. Nein, bei ihr würde er gründlich, sehr gründlich vorgehen und sie töten.
    Er war ein Tier.
    Ein Tier mit einem Messer. Als sie daran dachte, schauderte sie zusammen.
    Marcia Morana wartete wieder. Sie hätte die Wohnung am liebsten verlassen, auch wenn es draußen so unnatürlich schwül war.
    Dann aber wäre sie möglicherweise dem Killer in die Arme gelaufen, was sie auch nicht wollte.
    Hier konnte sie sich verstecken und auch, wenn nötig, die Polizei alarmieren.
    Die Zeit blieb nicht stehen. Sie rann langsam dahin. Immer wieder mal wurde Marcia von gewissen Hitzewellen erfaßt, die allerdings rasch wieder abklangen.
    Er kam nicht.
    Hatte er es nicht geschafft? War es für ihn zu schwierig gewesen, die Zeugin herauszufinden?
    Leider konnte sie von ihrem Fenster aus nicht den seitlichen Eingang unter Kontrolle halten. Wenn sie durch das Glas blickte, dann schaute sie auf den kleinen Hinterhof und auf einige Garagentore, hinter denen die Fahrzeuge der Mieter versteckt lagen.
    Warten…
    Noch immer!
    Sie stand auf. Es geschah aus einer plötzlichen Eingebung hervor, denn sie hatte den Eindruck gehabt, ein Geräusch gehört zu haben. Nicht in ihrer Wohnung, sondern draußen im Flur. Es konnte das Zuschlagen der Haustür gewesen sein.
    Marcia verließ das Zimmer. Sie ging dorthin, wo sich ihre Wohnungstür befand, blieb direkt dahinter stehen und legte das Ohr gegen das Holz, um zu lauschen.
    Es war nichts zu hören, noch nicht, aber wenig später vernahm sie doch die Tritte. Die näherten sich der Tür und verstummten.
    Er war da!
    Marcia sah den Killer nicht, aber sie wußte, daß er sie gefunden hatte und sie praktisch nur das Holz der Tür noch voneinander trennte. Wie würde er sich verhalten?
    Wenn er in die Wohnung hineingehen wollte, mußte er schellen. Sie glaubte nicht daran, daß er die Tür aufbrach.
    Das hätte einfach zu viel Krach verursacht.
    Marcia hielt den Atem an. Sie hatte weiche Knie bekommen und streckte den linken Arm aus, um sich an der Wand abzustützen. Der Schweiß drängte stärker aus ihren Poren, und sie spürte auch ihr Herz überlaut schlagen. Da reagierte sie wie jeder normale Mensch und sicherlich nicht wie ein Engel.
    Er war noch da. Sie sah ihn nicht, sie spürte ihn, und über ihre Haut rann ein Kribbeln.
    Aber er tat nichts. Warum wartete er denn? Wollte er es sich anders überlegen?
    Sie hatte diesen Gedanken kaum gefaßt, als sie den etwas zu schrillen Klang der Klingel hörte.
    Obwohl sie darauf vorbereitet gewesen war, schreckte sie doch zusammen, und plötzlich schien sich das Blut in Eiswasser verwandelt zu haben, um allerdings wenige Sekunden später wieder normal durch die Adern zu rinnen.
    Marcia bewegte sich nicht. Selbst ihre Hand behielt den Kontakt mit der Wand.
    Das Echo der Klingel war verstummt. Es trat eine Pause ein. Sie war normal, nur kam sie Marcia so verflixt lang vor, und sie hörte dabei das harte Pochen ihres Herzschlags.
    Er schellte noch einmal. Klar, er wollte so leicht nicht aufgeben. Wieder dieses harte und schrille Geräusch. Diesmal zuckten nur Marcias Augen. Sie öffnete sich für einen Moment sehr weit und blieben in dieser Stellung.
    Nichts war zu hören.
    Keine Stimme, die einen Fluch formulierte. Keine Worte der Enttäuschung, und Marcia merkte, wie sie sich allmählich wieder beruhigte. Sie hatte genau richtig gehandelt. Wenn der Killer merkte, daß niemand in der Wohnung war, würde er sich wieder zurückziehen.
    Oder auch nicht?
    Die Frau versuchte, sich in die Lage des Mörders hinein zu versetzen. Was hätte sie an seiner Stelle getan? Es war schwer für sie, diesen Gedanken zu verfolgen. Möglicherweise hätte sie sich nur zum Schein zurückgezogen. Sie wäre nicht nur in der Nähe des Hauses geblieben, sondern auch um das Gebäude herumgegangen, um dabei einen Blick durch das eine oder andere Fenster zu werfen. Hatte er das vor, mußte er in den

Weitere Kostenlose Bücher