Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
093 - Das Hotel der lebenden Leichen

093 - Das Hotel der lebenden Leichen

Titel: 093 - Das Hotel der lebenden Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Coffin
Vom Netzwerk:
zurückgekehrt. Langsam ging er durch den Salon.
    Thomas, einer der Kellner des Sea View, ein dicklicher Mann mit einer Halbglatze, wischte hier mit einem weißen Tuch über einen Tisch und polierte dort eine Stuhllehne.
    Die Unterhaltung der wenigen Gäste in der Bar drang nur als leises Gemurmel an ihre Ohren.
    »Wo steckt eigentlich, John?« fragte Evans den Kellner.
    »Ich weiß nicht, wahrscheinlich in der Küche bei Miß Mary.«
    Das weiße Tuch, das für einen Augenblick gestockt hatte, fuhr wieder über die Tischplatte.
    »Verdammt, sehen Sie doch mal nach«, knurrte Evans wütend. Er hatte etwas dagegen, daß dieser John dauernd bei der Köchin hockte. Genügte es nicht, wenn er nachts in ihr Bett kroch? Diese Tatsache war Evans seit langem bekannt, und er hatte es stillschweigend geduldet. Da konnte man nichts machen.
    Es war noch keine Minute vergangen, als der Kellner mit fliegendem Rockschoß vor ihm auftauchte. Der Schweiß perlte in kleinen Tropfen auf seiner Stirn.
    »Mister Evans«, keuchte er. »Um Himmels willen.«
    »Zum Donnerwetter, was ist denn jetzt wieder?« Der Geschäftsführer ahnte Böses.
    »Miß Mary — sie ist tot«, flüsterte der Kellner heiser.
    Der Schreck benahm Evans einen Augenblick den Atem. Dann hastete er mit langen Schritten los.
    Die Tür stand weit offen. In der geräumigen, weißgekachelten Küche war auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches.
    Auf der Anrichte stand eine große Schüssel mit Mehl. Erst beim zweiten Blick sah Evans die Köchin.
    Sie lag vor »der Anrichte auf dem steinernen Boden. Ihr Gesicht war weiß vor Mehl. Jemand mußte sie gepackt, und ihren Kopf in die Mehl-schüssel gedrückt haben, bis sie erstickt war.
    Zwischen den Lippen, in den Nasenlöchern und in den starren Augen war Mehl. Überall.
    Evans schauderte.
    Ratlos, mit zusammengekniffenen Lippen starrte er auf die am Boden liegende Köchin. Mary hatte normalerweise ein frisches, rundes Gesicht, große blaue Augen und blondes Haar. Und nun?
    Wer hatte das getan?
    »Sie ist doch tot?« Kellner Thomas heisere Stimme riß Evans aus seinen Überlegungen.
    »Ja, ich glaube doch«, murmelte er ausweichend.
    »Sie ist es bestimmt, Gentlemen«, tönte eine hohle Stimme.
    Evans und der Kellner fuhren herum.
    Der Anblick des Fremden im Türrahmen war nicht gerade dazu angetan, die Beklemmung, die auf ihrer Brust lag zu beseitigen.
    Im Gegenteil!
    »Regen Sie sich nicht auf. Ich mach’ sie wieder munter » Ein diabolisches Grinsen lag im Gesicht des Unheimlichen.
    Mit gleitenden Bewegungen huschte er auf sie zu.
    Evans und der Kellner wichen erschrocken zur Seite.
    Etwas zischte durch die Luft und traf klatschend auf den Körper der toten Köchin. Mehlstaub wirbelte in die Höhe und hüllte den Körper für Sekunden in eine weiße Wolke.
    Plötzlich bewegte sich die Frau am Boden. Ihr Körper bäumte sich auf, und ihre Glieder schlugen wild herum.
    Die unkontrollierten Bewegungen ließen plötzlich nach. Die Frau erhob sich und drehte sich im Kreis, während sie sich mit den Händen fortwährend bemühte, das an ihren Augen klebende Mehl fortzuwischen.
    Evans und der Kellner hatten das Geschehen in panischer Verwirrung verfolgt. In ihrem Dachstübchen ging eine Tür nicht mehr auf.
    »Mein Gott«, stöhnte der Geschäftsführer, »was ist das alles nur?«
    »Warum sprechen Sie von Gott, Mister, wenn ein Vertreter des Satans vor Ihnen steht.« Wie die Augen einer Schlange ihr Opfer, so starrten die des Fremden, Evans an.
    Weder dieser, noch der Kellner waren in der Lage ein Wort über die Lippen zu bringen.
    »Verzeiht, Gentlemen, wenn ich Euch ein wenig erschrecken muß«, höhnte der Unheimliche. »Aber ich möchte Ihnen einige meiner bisherigen Mitarbeiter vorstellen, zu denen Sie auch bald gehören werden.«
    In diesem Augenblick erscholl von der Tür her das Trappeln vieler Füße. Eine grauenhafte Gruppe drängte in die Hotelküche. Es waren Leute vom Personal, und ein Teil der Gäste. Ihre Kleider waren zum Teil mit Blut besudelt, und aus ihren totenbleichen Gesichtern starrten kalt und drohend die Augen hervor.
    Evans, von Grauen geschüttelt, sah, daß auch der Reverend unter ihnen war. Auch Ronald Crane, dem er vor einer knappen halben Stunde noch »Gute Nacht« gewünscht hatte, war unter ihnen. Panische Verwirrung, fiebernde Erregung, Angst und Ratlosigkeit schlugen über ihm zusammen.
    »So wie sie werdet ihr beide auch bald aussehen. Alle hier im Haus werden so aussehen, und ich werde

Weitere Kostenlose Bücher