0932 - Das 14. Siegel
er eine kleinere Erscheinungsform. Eine schwarze Katze mit weißen Pfoten.
»Was?« Zamorra riss die Augen auf. Um ihn herum nahm die Höhle wieder Gestalt an. »Deine einzige Aufgabe war es, mich zu diesem Kästchen mit dem Schlüssel zu führen?«
»So ist es!« Der Körper des Katzen-Merlins begann stärker zu flackern und in den Konturen auszufransen. »Die menschliche Form sollte ich erst annehmen, wenn sie zur Umgehung des Säbel-Wächters nötig war.«
»Aber… aber warum bist du immer aufgetaucht, wenn ich die Kapitel des Buches der dreizehn Siegel öffnete?«
»Weil die Verschlussmagie die gleiche war, die Merlin für seine Versiegelung benutzt hat. Ein Zauber der Or-Dämonen, wie du dich erinnern wirst. Als Merlin mich durch den Strudel schickte, war er schon so geschwächt, dass ihm Fehler passiert sind. Mein Auftauchen beim Öffnen der dreizehn Siegel war ein reines Versehen.«
»Also haben die beiden Bücher außer der Verschlussmagie nichts miteinander zu tun?«
»Richtig.«
Zamorra konnte sich nur mit Mühe ein Lachen verkneifen. Jahrelang hatte er gegrübelt, was es mit der Katze auf sich hatte - und nun erfuhr er, dass sie sich schlicht und ergreifend in der Zeit verlaufen hatte!
»Aber warum hat Merlin damals nicht gewusst, dass du… nun, dass du er warst. Oder zumindest ein Teil von ihm.«
»Wie hätte er es wissen sollen? Als wir aufeinandergetroffen sind, hatte er mich aus seiner Sicht noch nicht erschaffen. Als er mich später durch den Strudel schickte, wird ihm der Zusammenhang sicher aufgefallen sein. Aber fragen können wir ihn nicht mehr.«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Ich versteh's noch nicht. Warum so kompliziert? Warum hat Merlin dich geschickt und nicht einfach den Schlüssel?«
»Er war alt, tödlich verletzt, erschöpft, verwirrt, am Ende. Ich weiß es nicht! Vielleicht hat er nicht so weit gedacht.«
Der Dämonenjäger musterte den sich langsam auflösenden Leib. Dann sah er hinüber zu dem Holzkästchen. »Halt mich bitte nicht für begriffsstutzig, aber warum noch mal ist das Buch auf meinen Schreibtisch geplumpst?«
»Weil die Erbfolge böse geworden ist! Rette den Erbfolger , rette die Welt!«
Zamorra war perplex. Was für einen Unsinn tischte ihm die Merlinkarnation da auf? Die Erbfolge sollte böse geworden sein? Rhett? Das war absolut lächerlich!
»Schwachsinn!«, fuhr er sein Gegenüber an. »Da hat sich Merlin wieder irgendwelchen geheimnisvollen Kram ausgedacht und dabei völlig vergaloppiert. Soll ich dir was sagen? Mich nervt es, dass der alte Zausel selbst nach seinem Tod offenbar noch Aufträge für mich hat, ohne sie wirklich erklären zu können oder zu wollen! Was soll der Scheiß?« Dann fiel ihm noch etwas anderes ein. »Was soll mir das Buch überhaupt nützen? Es dürfte in Lemurisch geschrieben sein. Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber mein Lemurisch ist etwas eingerostet in der letzten Zeit.«
»Du kannst das Buch nicht lesen. Aber du kannst die Zeitenbrücke benutzen und in die Vergangenheit reisen.«
»Ach! Und ein Zeitparadoxon hervorrufen, nur weil ihr euch einbildet, Rhett sei plötzlich ein Abgesandter der Hölle? Was für ein Schwachsinn! Aber nur um der Diskussion willen: Wie soll ich diese Reise in die Vergangenheit denn durchführen?«
Der Katzen-Merlin beantwortete die Frage und Zamorras Unterkiefer sackte herab.
***
Die Peters-Zwillinge sahen sich mit verkniffenen Gesichtern an. Die Schmerzen wurden immer unerträglicher. Sämtliche Versuche, sie geistig abzublocken, waren genauso kläglich gescheitert, als hätten sie versucht, mit dem Zeigefinger das Leck in der Titanic abzudichten. Wenn es so weiter ging, würden sie bald selbst neben Anka liegen, anstatt sie geweckt zu haben.
Sie sprachen nicht. Es wäre zu anstrengend gewesen.
Dylan McMour kam ins Zimmer gerannt. In der Hand hielt er ein großes Glas Wasser und ein Röhrchen mit Schmerztabletten. »Zamorra ist noch nicht wieder hier! Vielleicht helfen die euch inzwischen wenigstens etwas.« Er gab jeder Schwester zwei der Pillen, die sie gierig hinunterschluckten.
»Wir müssen weitermachen!«, presste Uschi hervor. »Wir haben damit angefangen…«
»… und müssen es zu Ende bringen!«, vollendete Monica.
»Und Rhett?« Dylan stellte das Glas und die Tabletten auf den Tisch. »Sollen wir auf ihn warten? Oder soll ich ihn holen?«
Uschi schüttelte den Kopf und bereute diese Bewegung nur eine Sekunde später. Es fühlte sich an, als löse sich eine
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