0934 - Der Arm des Monsters
irrsinnigen Schmerzen an ihrem linken Arm verspürt. So stark, daß sie bewußtlos geworden war und später dann irgendwo aufwachte. Es war nur ein kurzes Erwachen gewesen; sie hatte ein fremdes Gesicht gesehen, hatte auch einen Fluch gehört und die hallende Stimme, die sich darüber beschwerte, daß sie aus dem Zustand hervorgeholt worden war. Im Krankenhaus war das nicht gewesen, da war sie sich ganz sicher.
Das Gesicht war riesig und verzerrt über ihr erschienen. Sie erinnerte sich noch an die Spritze, weil ihr Anblick auf sie gewirkt hatte wie ein Fallbeil.
Der tiefe Fall in die erneute Bewußtlosigkeit war auf dieses Serum zurückzuführen gewesen.
Wie lange sie in diesem Zustand verbracht hatte, konnte sie nicht sagen, auch ihr Mann wollte ihr da keine genauen Auskünfte geben. Das nächste Mal erwachte sie in einem Krankenhaus und verbrachte dort ein paar Tage.
Mit einem neuen alten Arm.
Nein, nicht mit ihrem.
Sie wollte es nicht glauben. Aber wer hätte ihr denn helfen können?
Niemand.
Mit Dorian hatte sie darüber gesprochen, aber er glaubte ihr nicht. Und das Personal - mochte es auch noch so nett sein - hätte sie ebenfalls nur ausgelacht.
Mit den Problemen hatte sie allein zurechtkommen müssen. Nun nicht mehr, denn bald würde jemand bei ihr sein, dem sie vertraute. Es war schon seltsam, denn obwohl sie nur kurz mit dieser Jane Collins gesprochen hatte, war zwischen ihnen so etwas wie ein Vertrauensverhältnis entstanden. Angela wußte, daß sie sich auf Jane verlassen konnte. Sie war genau die Person, nach der sie gesucht hatte, und sie wußte auch, daß die Detektivin sie nicht enttäuschen würde.
Angela Maitland stöhnte auf, weil ihr rechtes Bein in dieser unnatürlichen Haltung eingeschlafen war. Der Wulst der Couchkante drückte gegen ihre Kniebeuge, und sie richtete sich auf.
Angela schüttelte den Kopf. Gut fühlte sie sich nicht. Sie suchte nach einem Vergleich und kam sich vor wie durch die Mangel gedreht. Da waren die Kräfte aus ihrem Körper entschwunden, sogar die Knie wollten nachgeben, als sie sich hinstellte.
»Mein Gott, ich muß furchtbar aussehen«, murmelte sie, als sie sich auf den Weg ins Bad machte. Sie wollte Wasser trinken, das Gesicht waschen und ein leichtes Make-up auflegen. Sie ging wie eine Frau, die zuviel getrunken hatte. Bei ihr war es nicht soviel gewesen, aber mitgenommen kam sie sich schon vor.
Das Bad war groß. Ein Whirlpool gehörte dazu, eine Dusche, die extra angebracht war, und auch die Toilette befand sich in einem Nebenraum.
So etwas gehörte einfach zu dieser neuen Luxuswohnung. Vor einem der beiden großen Waschbecken blieb sie stehen, bückte sich und spritzte kaltes Wasser gegen ihr Gesicht.
Es erfrischte sie. Sie rieb auch ihren Nacken ab, dann leerte sie ein Glas bis zur Hälfte; der aschige Geschmack verschwand zunächst aus ihrem Mund, und mit einem flauschigen Handtuch trocknete die Frau ihr Gesicht ab.
Danach schaute sie in den Spiegel.
Okay, sie war jetzt dreißig, aber noch nicht zu alt. Sie mußte sich selbst stellen, und Angela war immer stolz darauf gewesen, kaum Falten zu haben. Das hatte sich verändert, und es war in den letzten Tagen geschehen, denn der Aufenthalt im Krankenhaus und der damit verbundene Streß hatten schon Spuren um die Augen herum hinterlassen.
Angela trat wieder dichter an das Waschbecken heran. Sie hob den linken Arm und winkelte ihn an. Jetzt konnte sie ihn im Spiegel betrachten.
»Nein«, sagte sie und knirschte dabei mit den Zähnen. »Das ist nicht mein Arm. Das kann einfach nicht mein Arm sein, verdammt noch mal! Die haben mich reingelegt. Mein Arm hat auch keine Augen, verflucht!«
Sie schrie dabei ihr Spiegelbild an, das sich vor ihr abzeichnete, und sie fand sich wiederum häßlich.
Angela drehte sich weg. Die Hitze kam in Wellen. Der Schweiß brach ihr aus den Poren, und sie riß sich die Kleider vom Leib, um unter die Dusche zu steigen.
Das Wasser prallte auf sie nieder. Es rann überall hin, auch gegen ihren linken Arm. Wenn es ein fremder Arm war, dann hatte man alles perfekt gemacht. Sie konnte ihn bewegen, und sie spürte das heiße Wasser, da war nichts taub. Doch sie haßte ihren Arm. Sie hätte am liebsten ein Beil genommen und ihn abgehackt.
Angela verließ die Dusche, trocknete sich ab und betrat das Schlafzimmer. Aus dem Schrank holte sie sich frische Kleidung: einen dünnen Pullover, eine Jeans, alles neutral gehalten. Sie fiel damit nicht auf. Ihre Füße verschwanden in
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