0934 - Der Schlüssel zur Quelle
Fassungslos.
Auch Kathryne war perplex, hatte sich aber deutlich schneller wieder unter Kontrolle. Sie nutzte die Gunst des Augenblicks, wollte Anne bei den Schultern packen, sie wieder zu sich zwingen, da ... ... preschte eine dunkel gekleidete, fahle Gestalt aus dem nahen Wäldchen heraus, über die Wiese und auf sie zu. Zielsicher und mit unmenschlicher, vampiresker Geschwindigkeit. Matlock McCain.
Also doch!
Anne hatte sie tatsächlich verraten. Ganz, wie Rhett es vermutete. Und warum? Aus Wut über den Erbfolger ? Um Zamorra und seinem Team eins auszuwischen? War der Hass, den Kathrynes Doppelgängerin verspürte, tatsächlich so groß, dass sie sich mit einem ihrer eigenen Feinde einließ, nur um ihn stillen zu können? Der Gedanke erfüllte Kathryne gleichermaßen mit Trauer und Entsetzen.
Der Rest geschah sehr schnell.
Zu schnell.
***
Oh Kacke…
Die beiden Worte, so unpassend sie auch sein mochten, waren das Einzige, an was Dylan McMour im Augenblick denken konnte. Sie waren die Welt, denn der Rest überstieg sein Fassungsvermögen, seinen Verstand. Er - ein Auserwählter? Einer der Personen, die in jeder Erbfolgergeneration zur Quelle des Lebens geführt wurden, damit sich einer von ihnen in einen unsterblichen Kämpfer des Lichts verwandelte? Das konnte nicht sein!
Er war doch nur durch Zufall in diese ganze Geschichte geraten. Sein Interesse für übersinnliche Phänomene hatte ihn damals bis nach Llewellyn-Castle geführt, und nicht die Vorsehung. Dort war er dann auf McCain gestoßen, auf Anka, Rhett… und der ganze abenteuerliche Wirbelsturm aus Ereignissen hatte ihn von da an einfach mitgerissen. Aktion und Reaktion. Eine Kette aus Zufällen, weiter nichts. Und nun sollte er sogar ein wichtiger Bestandteil dieser Mythologie sein? Einer Sage, die er noch vor Monaten als interessante, aber unhaltbare Geschichte abgetan hätte?
Oh Kacke…
Da musste doch jemand etwas tun! Irgendwer musste Ordnung in das Chaos bringen, das hinter Dylans Stirn wütete! Die Situation schrie geradezu danach, dass jemand die Initiative ergriff, einen Unterschied bewirkte!
Kathryne wollte Anne packen - die sich beharrlich dagegen wehrte, wieder mit der Doppelgängerin zu verschmelzen - und versuchte, die »Schwester« über die magische Begrenzung zu zwingen. Es gelang ihr nicht - bis sich, einer spontanen Reflexreaktion folgend, Dylan selbst in das Geschehen einmischte!
Der junge Schotte handelte, ohne nachzudenken. Instinktiv machte er einige schnelle Schritte voraus, packte sowohl Anne als auch Kathryne an der Hand und wollte gerade wieder hinter die magische Begrenzungslinie verschwinden, als Matlock McCain heran war.
Der Druidenvampir lächelte angriffslustig, als er ihnen in den Weg trat. »Wohin denn so hastig, meine Freunde? Oder sollte ich lieber sagen: mein Freund?« Dabei haftete sein Blick auf Dylan. Wissend, fordernd, gierig.
Er hat es gehört. Die Erkenntnis traf den jungen Mann hart. Er weiß, dass ich es bin. Sein Ticket zur Quelle.
Siedend heiß fiel Dylan ein, dass selbst die M-Abwehr des Châteaus kein Hindernis mehr für den Vampir darstellte. Fuuuuuck…
Aus den Augenwinkeln sah er, dass auch die anderen begriffen, was geschehen war. Zamorra wühlte in den Taschen seines weißen Jacketts, schien aber nicht zu finden, was er gehofft hatte. Rhett machte sich an, vorzustürmen und den Vampir anzugreifen - was vielleicht seinem Todesurteil gleichgekommen wäre. Und Kathryne wich Annes anklagenden Blicken aus. Anne, die triumphierend lächelnd danebenstand und das Chaos, das sie selbst herbeigeführt hatte, sichtlich genoss.
All das in einem einzigen, endlos kurzen Moment.
Und dann… spürte Dylan McMour, wie sich Matlock McCains kalte, untote Hand um die seine legte. Wie der Druidenvampir ihn packte, an sich zog. Spitze Klauen pressten gegen seine Halsschlagader, scharf wie Rasierklingen. Todbringend.
»Danke für den Hinweis«, sagte der Fahle knurrend, und Dylan sah, wie Rhett unter den Worten zusammenzuckte wie ein geschlagener Hund. »Das erspart mir einiges an Arbeit. Anne, deine Dienste sind nicht länger von Nöten. Hau ab - und sei froh, dass ich nicht mehr von dir verlange!«
Die äußerlich junge Frau sah den Vampir an, als habe er ihr gerade ins Gesicht gespuckt. Abscheu, Entsetzen und tiefe Beleidigung lagen in ihrem Blick. Zitternd vor Wut wandte sie sich ab, rannte zurück zum Waldrand.
»Anne, nein!« Kathryne wollte ihr nachsetzen. »Bleib! Lass uns…«
»Sie muss«,
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