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0935 - Aibons klagende Felsen

0935 - Aibons klagende Felsen

Titel: 0935 - Aibons klagende Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Platz stehenblieb, wo sie die Trümmer eines mächtigen Schiffes gesehen hatte, da war ihr der fremde Name überdeutlich zu Bewußtsein gekommen und hatte ihren eigentlichen gelöscht.
    Svenja!
    Sie war Svenja. Nicht mehr Joanna.
    Die Frau blieb stehen. Sie starrte auf das Wikinger-Schiff, das schwer beschädigt auf dem Grund lag.
    Plötzlich wurde Joanna/Svenja klar, daß genau dieses Schiff sie so angezogen hatte. Die andere Welt um sie herum interessierte nicht mehr. Svenja spürte den wilden Drang, endlich an Bord zu klettern, was ihr erst nach großen Mühen gelang.
    Es war das typische Boot der Wikinger. Sogar die Ruderbefestigungen an den Bordwänden waren noch vorhanden, was Svenja sah, als sie sich auf das Deck begab.
    Und jetzt, da sie an Bord stand, drang ein tiefer Atemzug aus ihrer Brust.
    Sie wußte jetzt, woher sie das Schiff kannte, warum ihr wirklich alles so bekannt vorkam.
    Sie war schon auf diesem Schiff gefahren und hatte zur Besatzung gehört. Damals, vor vielen Jahren, als sie in Richtung Süden gesegelt und in den wilden Orkan geraten waren. Ja, sie war eine der wenigen Frauen an Bord gewesen, das Eigentum des Clanführers, und während sie über das Deck mit den vielen Löchern ging, nahm die Vergangenheit in ihrer Erinnerung immer deutlichere Konturen an.
    Alles kannte sie.
    Die Erinnerung spülte es hoch, aber Svenja suchte etwas Bestimmtes. Sie suchte sich selbst.
    Am Heck des Schiffes, das sie rutschend erreichte, befand sich ein kleiner Aufbau. Er wurde noch überragt von der hochstehenden Ruderstange. Einige Waffen hatte die Schräglage hier zusammengetrieben. Svenja sah alte Speere, Schilde und Äxte.
    An ihnen schob sie sich vorbei, um einen Blick in den Aufbau zu werfen, der von der Zerstörung so ziemlich verschont worden war. Sie entdeckte die alten Felle, die nicht vermodert waren. Aber sie sah noch mehr, kam aber nicht heran. Mit Hilfe ihres Schwertes vergrößerte sie den Spalt, durch den sie bisher geblickt hatte.. Knochen lagen überall herum. Der letzte Ruck mit dem Schwert, Holz sprengte weg, und Svenja konnte den Aufbau betreten. Über einen Schädel wäre sie beinahe gestolpert. Er lag dicht vor ihren Füßen, und sie hatte das Gefühl, als würde sie von den leeren Augenhöhlen angeglotzt werden, obwohl das nicht möglich war.
    Sie stieg über den Schädel hinweg und ging auf die andere Seite des Aufbaus. Das Schwer hielt sie in der rechten Hand. Die Klinge bildete dabei die Verlängerung ihres Arms und kratzte mit der Spitze über das alte, feuchte Holz.
    Joanna/Svenja blieb stehen, weil sie einfach stehenbleiben mußte, denn sie hatte so etwas wie einen Befehl bekommen. Die Umgebung dieses halb zerstörten Aufbaus war plötzlich uninteressant für sie geworden. Sie hatte die übrigen Gebeine auch vergessen, einzig und allein der Körper, der vor ihr lag, erregte ihre Aufmerksamkeit.
    Es war ebenfalls ein Skelett!
    Aber es war noch erhalten. Oder fast. Nur der rechte der beiden Arme zeigte eine Spaltung, denn er war in Höhe des Ellbogens gebrochen. Joanna/Svenja ging in die Knie. Und sie bewegte sich dabei sehr langsam, schon ehrfürchtig.
    Die Frau wußte, wer da als Skelett vor ihr lag.
    Das war sie. Sie selbst!
    Sie hatte sich gefunden. Ihren eigenen Körper, eigentlich nur ihr Skelett. In einer anderen Welt liegend, umgeben von modriger Verwesung, von Feuchtigkeit, von Grauen und Tod.
    Es war einfach nur das Wissen. Sie konnte nicht sagen, woher es gekommen war. Dieses Wissen war vorhanden, und sie war auch bereit, es zu akzeptieren.
    Ich habe schon einmal gelebt! schoß es ihr durch den Kopf. Ich habe schon einmal gelebt! Damals, als Wikingerfrau. Ich bin sie gewesen, und ich habe Svenja geheißen. Deshalb also dieser Wunsch, zwischen den singenden Steinen zu bleiben. Sie hatte ihre erste Heimat gefunden oder den Ort, wo sie damals aus ihr noch unerklärlichen Gründen gestorben war. Gut, das Schiff war gegen die Felsen geworfen worden, aber die Menschen hätten auf dem Meeresgrund liegen müssen und nicht in einer anderen Welt.
    Für die Frau war es schwer, einen roten Faden zu finden. Irgendwann wollte sie es auch nicht und war bereit, ihr halb neues und ihr halb altes Leben anzunehmen.
    Sie hockte noch immer vor dem Skelett. Mit dem Schwert stützte sie sich ab, aber die freie Hand streckte sie aus. Ihre Finger näherten sich dem Schädel. Die Knochen waren von einer dünnen, grünlichen Schicht überzogen, deshalb schimmerte das Gebein auch nicht nur

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