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0936 - Schattentheater

0936 - Schattentheater

Titel: 0936 - Schattentheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Picard
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bereits gepackt und zog ihn dicht an sich heran. Minamoto fühlte sich auf einmal, als habe ein Schatten ihn umschlungen. Er spürte, wie sich die Krallen tief in seinen Rücken bohrten. Gleichzeitig gruben sich Reißzähne in seine Kehle.
    Er schrie laut auf vor Schreck und Schmerz.
    ***
    Nicole schrak zusammen, als das Echo des schrecklichen Schreis zu ihr drang. Sie blieb auf der Stelle stehen und schloss die Augen.
    Minamoto-san! Das muss er sein!
    Gleichzeitig umklammerte sie den Dhyarra, stellte sich Masaburo Minamoto vor, mitsamt seinem korrekten Anzug, den ordentlich gescheitelten schwarzen Haaren, die mit Haargel aus dem Gesicht gekämmt waren. Um ihn herum bildete sich ein grünlich waberndes Netz aus Energiefäden.
    Im gleichen Moment erklang wieder ein schrecklicher Schrei. Diesmal erkannte Nicole Minamoto genau. Das kam von hinter der Bühne!
    Minamoto war in Gefahr! Nicole wusste auf einmal, dass er mit Ieyasu allein war. Sie sprintete los, quer durch den Zuschauerraum nach vorne.
    Im gleichen Moment setzte die Musik wieder ein. Und sie klang lauter als je zuvor, doch obwohl Nicole die Töne bis in ihren Magen hinein spürte, achtete sie nicht weiter darauf, sondern richtete all ihre Gedankenkraft darauf, das Bild von sich selbst im unsichtbaren Schutzmantel und auch das von Minamoto im grün wabernden Schutzkäfig aufrecht zu erhalten. Sie sprang über das Geländer, das den beinahe ebenerdigen, mit Holzplanken bedeckten Laufweg mit den Garderoben verband, und rannte hin zu der Tür, die die Bühne von der Künstlergarderobe trennte.
    Sie bemerkte in ihrer Hast nicht, dass sich in einer Nische neben der Bühne rauchgraue Schwaden zu sammeln begannen.
    Sie wurden dichter und dichter, wirbelten umeinander und nahmen langsam Gestalt an.
    ***
    Der Shinigami war besorgt.
    Er spürte Unheil. Eigentlich hatte er sich auf den weiten Weg zu seinem übergeordneten Geist begeben wollen, um ihn um Rat zu bitten. Bisher war vorrangig gewesen, die Weißmagierin mit ins Boot zu holen. Der Shinigami wusste nicht, warum dies seinem übergeordneten Geist so wichtig war, aber er hatte auch nie danach gefragt. Man würde es ihm mitteilen, wenn er oder die Weißmagierin es wissen mussten. Doch er hatte noch auf den Rat seines Herrn gewartet, als der Ruf der Magierin gekommen war. Sie hatte Hilfe benötigt.
    Und sie hatte sie gebraucht! Als er sich an dem Ort wiederfand, wo sich die Verehrte aufhielt, hatte er sofort gefühlt, dass hier eine üble Präsenz anwesend und mit ihren üblen Machenschaften beschäftigt war. CHAVACH? Der Shinigami zögerte damit, diese Antwort zu geben. Er war sich selbst keinesfalls sicher, ob das wirklich der Fall war, die Präsenz dieses Wesens, das sonst so eindeutig zu erkennen war, wirkte auf einmal so fremd. Als wäre es von etwas anderem infiltriert. Oder als sei etwas hinzugekommen.
    Der Shinigami dachte an die Anweisungen seines übergeordneten Geistes. CHAVACH wird an Kraft zunehmen. Er wird mächtiger werden, da er sich von der Lebenskraft anderer ernährt und ihnen diese nimmt. Erst wird er auf Menschen angewiesen sein.
    Dann kann es auch sein, später, wenn er genug Menschen ausgesaugt und sie gequält hat, dass ihm ein normales menschliches Wesen nicht mehr ausreicht. Er wird auf magische Wesen umsteigen müssen.
    Der Shinigami überdachte diese Worte, die der Geist in seinen Erinnerungen verankert hatte, so fest, dass sie zu seinen eigenen geworden waren.
    Die Weißmagierin ist auch hierhergekommen, weil sie einen der ihren, einen Menschen, von einem Dämon befreien wollte. Sie hat es nicht gesagt, aber sie hat es gedacht, als ich gestern mit ihr gesprochen habe. Was, wenn CHAVACH sich dieses Dämons bemächtigt hat? Der Shinigami erschrak zutiefst.
    Wenn es so war, dann war die Weißmagierin in großer Gefahr.
    Er musste sie schützen. Und nicht nur sie, eine Seele in ihrer Nähe war in besonders großer Bedrängnis. In Bedrängnis gebracht durch etwas Böses, etwas, mit dem auch CHAVACH zu tun hatte - oder die Präsenz, von der er annahm, sie sei CHAVACH.
    Er stimmte einen Gesang an, den sein Herr ihn gelehrt hatte, kurz nachdem dieser den Shinigami zu seiner Aufgabe bestimmt hatte. Es war einer der wenigen Zauber, die er beherrschte. Er schützte menschliche Seelen und bewahrte sie vor allem Üblen, das ihnen zustoßen mochte.
    In etwas geringerem Maß schützte er auch die Körper, in denen die angegriffene Seele hauste, denn ohne einen Körper blieb der Seele nichts übrig,

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