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0937 - Belials Mordhaus

0937 - Belials Mordhaus

Titel: 0937 - Belials Mordhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entgegen. Er reichte mir den Hörer, seine Hand zitterte, das Gesicht war blaß geworden.
    Noch nahm ich ihn nicht entgegen. Ich zögerte, und die Zeit schien sich zu dehnen. Die Sekunden kamen mir doppelt so lang vor.
    »Wer ist es denn?« hörte ich mich flüstern.
    »Nimm schon, John!«
    Ich ließ nicht locker. »Wer ist es?«
    Dann erhielt ich die Antwort. Sie schockierte mich. Suko sagte: »Es ist deine Mutter…«
    ***
    »Mein Gott!« rief Horace F. Sinclair, der vor der Haustür stand und dem Briefträger nachwinkte.
    Der hatte die Post abgegeben und war wieder auf seinen alten Drahtesel gestiegen, um seine Runde fortzusetzen. Wenn der Weg zu steil wurde, konnte er noch immer auf seinen Hilfsmotor zurückgreifen, mit dem das Fahrrad ausgerüstet war.
    »Was ist denn?« hörte der Mann hinter sich die Stimme seiner Frau. »Das hört sich ja an, als hättest du einen Schreck bekommen.«
    »Habe ich auch.«
    Mary Sinclair drängte sich neben ihren Mann. »Wieso das denn?« Sie schaute auf die drei Briefe in der rechten Hand ihres Mannes. »Ist eine schlimme Nachricht dabei?«
    »Das hoffe ich nicht.«
    »Warum hast du denn ›mein Gott!‹ gerufen?«
    »Weil ich ein Freund der Natur bin, deshalb.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Horace F. lachte und legte seinen Arm um Marys Schultern. Mit der Hand, in der er die Briefe hielt, deutete er nach vorn. »Schau dich doch mal um. Ist das nicht ein herrlicher Tag? Ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch. Schöner kann es doch nicht sein. Der blaue Himmel, die kleinen, weißen Wolken, dazu der Wald in der Nähe, dessen Laub so wunderbar herbstlich gefärbt ist, die noch sattgrünen Wiesen dazwischen, die saubere Luft, die unsere kleine Stadt noch schöner aussehen läßt, als hätte sie sich für diesen Tag extra herausgeputzt. Das ist schon etwas, wovon andere Menschen nur träumen. Und wir beide sind in der glücklichen Lage, es erleben zu dürfen.«
    Mary reagierte gelassener und verfiel nicht mal in einen Hauch von Euphorie. »Ach das meinst du?«
    »Ist es denn nicht einmalig?«
    »Schon.«
    »Und was sonst?«
    »In Venedig ist das Wetter ebenso herrlich. Dort scheint auch die Sonne, habe ich gelesen, und deshalb erinnere ich mich wieder daran, daß du mir versprochen hast, mich mit nach Venedig zu nehmen, um dort eine Woche Urlaub zu machen. Wir waren noch nie dort, deshalb will ich endlich mal hin.«
    »Das habe ich dir versprochen.«
    Mary lächelte. »Kannst du dich daran erinnern, seit wie vielen Jahren schon?«
    »Nein.«
    »Aber ich.«
    Horace Sinclair merkte, wie seine Frau die Schultern anhob. »Seit zwanzig oder dreißig Jahren.«
    »Ja, das kann sein. Wenn du über ein so gutes Erinnerungsvermögen verfügst, meine Liebe, wird dir auch im Gedächtnis geblieben sein, daß ich versucht habe, für diese Woche dort Zimmer zu bekommen. Es war nicht mehr möglich. Venedig ist ausgebucht. Kein einziges Bett mehr frei. Und zwischen den Tauben auf dem Marcusplatz willst du ja wohl auch nicht schlafen - oder?«
    »Nein, bestimmt nicht.«
    »Eben.«
    Mary ließ nicht locker. »Darf ich dich dann fragen, Horace, wieso es andere immer wieder schaffen, in Venedig Urlaub zu machen? Was ist mit denen? Sind die besser als wir?«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Ausnahmsweise gebe ich dir recht, Horace. Ich weiß auch, wie sie es anstellen. Sie buchen im voraus. Wochen oder Monate im voraus! Und genau das hätten wir auch tun müssen, wenn du verstehst. Vor Wochen schon buchen.«
    Der pensionierte Anwalt hob die Schultern. »Das muß mir wohl durchgerutscht sein.«
    »Soll das heißen, daß du allmählich alt wirst?«
    »Bestimmt nicht.«
    »Ich sehe es anders.«
    »Wir können ja noch fahren.«
    »Wann denn?«
    »Im Winter, Mary. Ich habe gelesen, daß Venedig dann sehr reizvoll sein soll.«
    »Ja - und kalt. Mit Nebel und Trauerstimmung allerorten.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, mein Lieber, das ist nichts für mich.«
    »Und das nächste Frühjahr?«
    Mary schmunzelte. »Darüber ließe sich reden.«
    »Welchen Monat hast du dir denn ausgesucht?«
    »Mai!« lautete die Antwort. Sie kam wie aus der Pistole geschossen. Ein Zeichen, daß sich Mary bereits intensiv mit dieser Reise beschäftigt hatte.
    »Gut. Wann soll ich buchen?«
    »Das kann ich auch übernehmen«, bot sie sich an. »Am besten schon im Januar.«
    »Wenn du schon einen Kalender für das nächste Jahr hast, dann streiche das Datum gleich an.«
    »Das werde ich auch, Horace. Darauf kannst du dich verlassen.«

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