0939 - Wenn der Satan tötet...
beginnen, denn er wird nichts vergessen haben, weil er eben auf den Satan vertraut, wie er dem alten Bischof als Abschied mit auf den Weg gegeben hat.«
»Daß er auf den Satan vertraut?«
»So ist es, John.«
»Jetzt rechnest du damit, daß der Teufel seine Hand mit im Spiel gehabt hat. Damit will ich nicht sagen, daß er für ein Beben gesorgt hat, aber ich könnte mir vorstellen, daß der entgangene Alterungsprozeß auch weiterhin für eine Stärke sorgte, die sich auf keinen Fall zurückgebildet hat. Ich kenne ihn nicht, aber es gibt keinen Grund, deinen Erzählungen nicht zu glauben, und deshalb gehe ich davon aus, daß er nichts von seiner alten Stärke verloren hat. Du bist um dreißig Jahre älter geworden. Dieser Carlos zwar auch, aber im Endeffekt ist er jung geblieben.«
»Stimmt alles.«
Suko sagte: »Und jetzt denkst du daran, daß er sich rächen will. An dir, zum Beispiel.«
»Ja, Suko, so sehe ich es. Er wird mich suchen, und er wird mich finden.«
Mein Freund runzelte die Stirn. »Dann frage ich mich, aus welchem Grunde du nicht in Alet-les-Bains geblieben bist. Dort hast du deine Freunde, da bist du sicherer.«
»Ich kann immer noch hin.«
»Mit uns natürlich.«
»Sicher, daran dachte ich, Suko. Aber der letzte Mord ist in dieser Gegend geschehen. Nicht weit von diesem Ort hier entfernt, von Matignon. Hier steht die Kirche und hier…«
»Darf ich dich mal unterbrechen, Abbé?«
»Das hast du ja schon, John.«
Ich lächelte. »Noch immer meine ich, daß er sich, wenn er tatsächlich frei ist, auf den Weg in den Süden gemacht hat. Ich kann es mir einfach nicht anders vorstellen.«
Bloch blies seinen Atem über den Tisch. »Das klingt alles sehr, sehr logisch, dennoch muß ich dir einfach widersprechen, denn nicht nur ich stehe auf der Liste, sondern noch jemand anderer. Der Bischof, der damals für seine Strafe gesorgt hat, ist zwar alt, aber er lebt noch immer. Und ihn wird Carlos nicht vergessen haben. Der Mann heißt Alain Fumeaux. Er ist fast achtzig, und ich weiß, daß er bereits von den Dingen erfahren hat.«
»Dann lebt er hier?« fragte Suko.
»Nur einige Kilometer entfernt. In einem Altersheim für Priester, das von Nonnen versorgt wird.«
Ich entschuldigte mich bei Bloch. »Jetzt haben wir alles verstanden. Du meinst also, daß wir zunächst diesem Altersheim einen Besuch abstatten sollten?«
»Daran hatte ich gedacht. Wie gesagt, ich habe mit ihm gesprochen. Ich habe ihm alles erklärt, auch meinen Weg, er trägt es mir nicht nach, und er weiß auch, was sich da über seinem Kopf zusammenbrauen kann.«
»Wie hat er die Nachricht aufgenommen?«
Bloch hob die Schultern. »Der Bischof ist sehr ruhig geblieben. Eine Altersweisheit, denke ich. Wer so alt geworden ist, der steht dem Leben anders gegenüber.«
Das glaubten wir auch, und wir waren auch der Ansicht, daß die Zeit drängte.
Bloch stimmte uns zu. »Wir können fahren, wenn wir ausgetrunken haben.« Er deutete aus dem Fenster. »Aber nicht direkt zu diesem Altersheim für Priester, sondern mit einer kleinen Unterbrechung. Die Kirche, unter der sich das Verlies befunden hat, liegt auf dem Weg. Wir kommen fast daran vorbei.«
Ich war einverstanden. Da auf dem Tisch noch ein Korb mit Brot stand, aß ich zwei Stücke Weißbrot, schließlich wollte der Magen auch befriedigt werden.
»Bist du verfressen«, flüsterte Suko.
»Soll ich dir auch etwas holen?«
»Danke, ich kann verzichten.«
»Dafür kannst du zahlen.« Er war so überrascht, daß er erst protestierte, als ich schon an der Tür war, die der Abbé bereits erreicht hatte und mir aufhielt.
***
Obwohl es ein Beben gegeben hatte, stand die Kirche da wie eine kleine Trutzburg. Man hatte sie auf einer Erhebung errichtete, und eine breite Treppe führte zu ihr hoch. Die Menschen mußten schon etwas länger laufen, um ihr Gotteshaus zu erreichen, dafür wurden sie mit einem wunderschönen Ausblick entschädigt, der vom Grundstück mit den Obstbäumen bis hin zum Meer reichte, das in der Ferne lag.
Wir sahen auch ein Pfarrhaus, das die Erdstöße relativ unbeschadet überstanden hatte. Zumindest aus der Entfernung gesehen. Die Treppe hatte Risse bekommen, und einige Stufen waren sogar zerbrochen.
Der Oktoberwind wehte mit einer starken Brise und zerrte an unseren Haaren. Er ließ die Kleidung knattern und brachte den ersten Vorgeschmack des Winters mit.
Die Kirche selbst war aus grauen Bruchsteinen errichtet worden. Der kantige Turm mit den vier
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