094 - Das Mädchen auf dem Teufelsacker
ausgestreckte Hand und zog ihm mit raschem Griff eine fast leere Flasche Schnaps aus der Jackentasche. „He! Da haben wir die Erklärung, warum er sich kaum noch auf den Beinen halten kann. Er ist betrunken."
„Stockvoll. In Tingvoll…" Der Lappe kicherte. Plötzlich fielen seine Mundwinkel herab und er blickte Abi fast böse an. „Die Flasche! Gib sie mir wieder! Ich hab Durst."
„Wie heißt du?"
„Peer Makselv."
„Wohnst du im Ort?"
„Ja und nein." Makselv hustete asthmatisch. „Ich - ich ziehe durch die Gegend. Habe bei Eike Gynt, dem alten Halunken, reingeschaut und mir - mir eine Flasche geholt, weil er einfach nicht da war. Schla-schlau, was?"
„Sehr", entgegnete Abi. „Wie viele Menschen leben noch?"
„Gib mir die Flasche!"
Der Däne händigte sie ihm wieder aus. Makselv entkorkte sie und trank einen großen Zug. Dann setzte er sie ab und gab einen Laut der Zufriedenheit von sich. „Das ist so: Alle, die sich in ihren Häusern versteckt halten, sind - sind nicht gefährdet. Bloß wer nach draußen geht, dem passiert was. Seht mich an! Ich bin der ei-einzige, der noch aufrecht geht. Hahahaha!" Er schüttelte sich, prustete und schien sich des Ernstes der Lage überhaupt nicht bewußt zu sein. Den Freunden war jedoch klar, verflog der Rausch des Lappen, würde der Katzenjammer folgen und damit die blanke Angst. Hideyoshi Hojo nahm Peer Makselv kritisch in Augenschein. „Macht Alkohol gegen die Plage immun?"
„Ich frage es mich auch, glaube aber nicht daran", erwiderte Coco.
„Trägst du Dämonenbanner bei dir?" fragte Abi den Lappen.
„Was für Dinger?"
Abi untersuchte den Mann. Er schlug dessen Jackenaufschläge zurück und tastete ihn regelrecht ab. Plötzlich hielt er verdutzt inne.
Makselv begann vor Vergnügen zu lachen.
Abi zog ihm die Jacke ein Stück von den Schultern und entblößte den Stumpf an der linken Körperseite.
„Er hat nur einen Arm", versetzte Yoshi.
Peer Makselv johlte vor Begeisterung, hob den rechten Arm und wies ihn stolz vor.
Einigermaßen verblüfft betrachteten die Freunde seine Hand. Sie war von Wunden gezeichnet, so als hätte er selbst oder sonst jemand sie mit einem Messer traktiert. Irgendwie schienen die Schnittnarben jedoch ein Muster zu ergeben.
Coco trat sehr nah an Makselv heran und blickte ihn aufmerksam und eindringlich in die rötlich unterlaufenen Augen.
„Eine dämonische Ausstrahlung besitzt er nicht", erklärte sie.
„Er muß über einen Dämonenbanner verfügen - über einen in euerm Sinne nicht besonders herkömmlichen", sagte der Japaner.
Nachdenklich schaute er auf die gezeichnete Hand des Lappen.
Coco Zamis sah Makselv weiterhin fest an. Sein Blick wurde unstet. Er versuchte, ihrem Einfluß auszuweichen, aber sie gewann die Oberhand und fesselte seinen Geist. Allmählich zuckten seine Gesichtsmuskeln weniger. Seine Augen wurden starr und sahen in das Gesicht der schwarzhaarigen Frau. Sein Körper straffte sich.
Cocos Hypnoseversuch war gelungen.
„Woher kommst du?" fragte sie ihn.
Er antwortete in sachlichem monotonen Tonfall. „Ich habe mich vor drei Tagen in einem verlassenen Haus einquartiert. Die Menschen, die dort wohnten, wagten sich hinaus und blieben irgendwo liegen. Das Haus liegt am anderen Ende von Tingvoll."
„Warum ist deine Hand zerkratzt?"
„Ich zerschlug versehentlich ein Glas voll Rentiermilch. Das Blut auf meiner Haut wusch ich mit der Milch fort. Mein Gast nahm einige Scherben auf und ritzte mir das Muster auf die Hand." Coco horchte auf.
„Dein Gast? Ist es ein Verwandter? Jemand von hier?"
„Nein. Ein Fremder. Er kam vor drei, vier Tagen. Ich nahm ihn auf. Wir sind Verbündete gegen das Böse."
„Beschreibe ihn!"
„Groß, schlank, schwarzes Haar - grüne Augen. Ein Schnurrbart, dessen Enden nach unten gezwirbelt sind. Er ist sehr viel jünger als ich."
Coco spürte, wie sie eine heiße Woge überspülte. Die Beschreibung fiel dürftig aus, doch sie glaubte, daß es sich bei dem geheimnisvollen Fremden um Dorian Hunter handelte. Sie mußte sich zwingen, ihre innere Aufregung nicht zu zeigen.
„Er hat dir seinen Namen nicht gesagt?" fragte sie?"
„Nein."
„Beschreibe den Weg zu dem von dir bewohnten Haus!"
Peer Makselv holte zu einer längeren Erklärung aus. Coco lauschte, unterbrach ihn nicht und prägte sich alle Angaben ein. Dann erlöste sie ihn aus der Trance, und er nahm wieder seine torkelnde Haltung ein.
Während er belanglose Worte mit dem Japaner und dem Dänen
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