094 - Das Monster aus dem Eis
Sicherheit.“
„Das hört sich alles sehr logisch an, Sven, aber ich glaube nicht daran.
Ich weiß, daß es noch viele Opfer geben wird.“
Er lächelte begütigend und legte den Arm um ihre Schultern.
„Das ist der Schock, Alice, nichts weiter. Sie werden ihn bald überwunden haben.“
„Ich fühle mich mitverantwortlich, Sven.“
„Ich auch, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß wir nun mit dem Fall nichts mehr zu tun haben.“
Klein und hilflos stand der Warmblüter vor ihm und blickte ihn mit großen Augen an. Drohvou blieb ruhig, seine Hände streckten sich unwillkürlich vor. Er war satt, sein Zorn war verraucht. Jetzt kam es ihm nur noch darauf an, nicht entdeckt zu werden. Er fürchtete die Waffen seiner Feinde.
Er überlegte. Sollte er das Kind einfach umbringen? Es schien keine Angst vor ihm zu haben. In den Armen hielt es eine Puppe. Immer wieder fuhr es ihr mit der kleinen Hand durch die Haare.
Drohvou bewegte den verletzten Arm, der Schmerz zog sich bis weit in die Brust hinein. Da kam ihm eine Idee. Er besann sich seiner besonderen Fähigkeiten und versuchte, dem Kind seinen Willen aufzuzwingen.
Auch in dieser Stadt mußte es jemanden geben, der Kranken half. Er konzentrierte sich ganz auf den Gedanken an einen Arzt. Er wollte, daß das Kind ihn zu einem Mediziner brachte. Erleichtert stellte er fest, daß seine Suggestionskräfte noch vorhanden waren. Der Warmblüter reagierte. Er winkte ihm mit der Hand und lief an dem Haus entlang auf ein anderes Gebäude zu. Dann blieb er stehen und zeigte darauf. Doch damit war das Schuppenwesen nicht einverstanden. Es wollte keinen Zeugen. Wieder konzentrierte es sich. Das Kind ließ die Arme hängen, drehte sich um und ging mit schleppenden Schritten auf das von ihm bezeichnete Haus zu, öffnete die Tür und trat ein.
Drohvou blickte sich vorsichtig um. In diesem Teil der Stadt war es völlig ruhig. Der Tag begann. Es wurde Zeit, daß er Deckung fand. Geduckt rannte er in das Haus.
Eine weißhaarige Frau stand vor ihm. Sie wich entsetzt zurück, wobei sie die gekreuzten Arme schützend vor ihr Gesicht hielt. Das Kind klammerte sich an ihre Beine.
Drohvou blieb ruhig stehen. Seine Augen weiteten sich. Er suggerierte der Frau, daß sie sich nicht zu fürchten brauchte. Er zwang sie, in ihm nicht das abstoßende Schuppenwesen, sondern einen Warmblüter zu sehen. Sie erwies sich als ebenso willensschwach wie das Kind. Ihr Geist leistete ihm fast keinen Widerstand. Nahezu mühelos überwältigte er ihr eigenes Ich. Sie ließ die Arme sinken. Ihr Gesicht entspannte sich, und ihre Blicke gingen ins Nichts.
Drohvou vernahm Schritte. Er wich bis zur Tür zurück. Eine Treppe führte in das obere Geschoß hinauf. Von dort näherte sich jemand.
„Ester?“ rief der Warmblüter.
Drohvou konnte ihn noch nicht sehen, nur seine Füße befanden sich in seinem Blickfeld.
„Ester, was ist denn? Pete, du bist hier?“
Der Mann kam die Treppe herunter. Er wandte dem Schuppenwesen den Rücken zu. Er war klein und füllig, trug ein Drahtgestell mit Gläsern vor den Augen und schien nicht mehr jung zu sein. Das graue Haar fiel ihm bis auf die Schultern herab.
„Ester, wie siehst du denn aus? Was ist denn los mit dir?“
Drohvou schob seinen Fuß über den Fußboden. Dabei verursachte er ein scharrendes Geräusch. Dr. John Sebastian drehte sich verwundert um. Er wurde blaß und fuhr zurück, als er das fremde Wesen sah.
Drohvou verhinderte eine feindliche Reaktion. Er griff mit allen Geisteskräften an und verspürte heftigen Widerstand. Dr. Sebastian war ein hochintelligenter und willensstarker Mann. Er wehrte sich mit aller Macht gegen die suggestive Attacke, doch er unterlag. Sein Kopf senkte sich langsam, seine Schultern beugten sich, und sein Gesicht erschlaffte.
„Ist noch jemand im Haus?“ fragte Drohvou in der Sprache seines Volkes. Der Mann, die Frau und das Kind verstanden ihn, obwohl sie diese Laute nie zuvor gehört hatten. Er lehrte sie mittels Gedankenkraft den Sinn seiner Frage.
„Niemand“, antwortete Dr. Sebastian, und Drohvou begriff, was er meinte.
Das Schuppenwesen zeigte auf die blutende Wunde an seinem Arm.
„Ich will, daß sie versorgt wird.“
„Ich werde alles tun, was du willst“, entgegnete der Arzt. „Viel ist das nicht, da ich deinen Körper nicht kenne. Immerhin kann ich dich verbinden.“
Drohvou erfaßte nicht ganz, was der Warmblüter meinte, erkannte jedoch, daß er weiterhin gefügig war. Er
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