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0941 - Das unheile London

0941 - Das unheile London

Titel: 0941 - Das unheile London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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rein technisches Versagen, das war Zamorra klar, hätte den Sprecher nicht dazu bewogen, die Szene in den Kontext zu stellen, den er zuvor gewählt hatte. Da war explizit die Rede von unerklärlichen Vorfällen gewesen, und wenn er nicht nur ein Schaumschläger war, dann…
    »Sehen Sie!«, entfuhr es Hogarth. Er trat ganz nah an den Fernseher heran, achtete aber darauf, Zamorra nicht die Sicht zu verstellen. »Grundgütiger - was ist das? Das ist doch nicht echt! Das hat irgendjemand am Computer zusammengepuzzelt und will uns jetzt…«
    »Pssst!«, brachte ihn Zamorra zum Schweigen. Er wollte Bild und Ton.
    Der Boden vor dem Uhrenturm brach plötzlich auf. Schaulustige, die in Scharen Aufstellung genommen hatten, um den berühmtesten Teil Big Bens auf Zelluloid oder modernere Speichermedien zu bannen, flohen in heller Panik. Wahrscheinlich glaubten sie an ein Erdbeben. Doch ein Erdbeben ließ keine riesigen wurzelartigen Arme aus dem Boden wachsen, die sich wie die Ranken eines Unheil kündenden Albtraumgewächses um den Uhrenturm wanden und in atemberaubendem Tempo hinauf zu den Zifferblättern schraubten.
    Die Kamera, die alles aufnahm, wackelte. Die beteiligten Fernsehleute schrien ebenso wild und aufgewühlt durcheinander wie die Heerscharen von Touristen. Plötzlich begann der Turm wie unter einem Orkan zu schwanken, peitschte nach links und rechts, vor und zurück, als wäre er ein einsamer Halm im Wind, der gleich entzweibrechen musste. Gleich… jetzt…
    Bevor es so weit kam, brach die Aufnahme ab, und der Sprecher sagte: »Ich bin gläubiger Katholik, und ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen, das war keine billige Sensationsmache, diese Aufnahme war echt. Was wir sahen, geschah oder geschieht noch immer. Leider ist aber jeglicher Kontakt zu unserem Team abgerissen. Auch befreundete Sender waren bislang nicht in der Lage, uns neue, aktuelle Bilder zur Verfügung zu stellen. Aus der Regie erfahre ich, dass es den Anschein hat, als sei jegliche Verbindung in den Großraum um Big Ben komplett zusammengebrochen. - Halt! Soeben treffen neue Aufnahmen ein. Aber… großer Himmel, Charly… Charly, ist das dein Ernst? Liebe Zuschauer, das war die Regie. Ich bin über den kleinen Ohrstöpsel hier…« Er tippte dagegen. »… permanent mit ihr verbunden, und sie sagt mir gerade -… aber sehen Sie selbst. Bilden Sie sich eine eigene Meinung!«
    Neue Bilder flackerten über den Schirm. Sie waren von bescheidener Qualität und in Schwarz-Weiß statt wie gewohnt in Farbe. Sie erinnerten an Fernsehaufnahmen, wie Zamorra sie aus seiner frühen Kindheit kannte. Grießig, unscharf, aber was sie zeigten, wäre selbst in noch schlechterer Qualität einer Sensation gleichgekommen.
    Der Kamerablick ging von Buckingham Palace aus in Richtung Westminster.
    Die Bilder waren klar und scharf, wie man es nach heutigem Standard gewohnt war. Allerdings gingen sie ungefähr ab Höhe Victoria Street… ins Leere.
    Wobei Leere in diesem Fall absolutes Nichts bedeutete.
    »Das ist ein Fake«, ächzte Hogarth. »Das… kann nicht wahr sein!«
    Zamorra wünschte, es wäre so. Aber im Grunde war das fehlende Stück London, das aussah, als hätte man den Teil eines lebensstrotzenden Organismus fein säuberlich mit einem Skalpell herausgetrennt, nur die Summe aller Dinge, die im Vorfeld geschehen waren.
    Entlang der Schnittstellen schien die Stadt einfach aufzuhören - aufzuhören zu sein. Ob ein Abgrund dahinter gähnte oder irgendetwas anderes Schreckliches, war nicht zu benennen. Nichts, absolutes Nichts, traf das, was das Gehirn zu fassen versuchte, noch am ehesten. Straßen endeten. Gebäude waren durchtrennt, ohne dass zu erkennen war, wie sie sich in ihrem Innern an der »Abrisslinie« gestalteten - selbst der Luftraum war dort, wo Westminster und Big Ben gelegen hatten, wie leer gefegt, es gab nicht einmal mehr einen Himmel im eigentlichen Sinn, kein Blau oder Grau, keine Wolken, geschweige denn, dass ein Flugzeug oder Vögel zu sehen waren.
    Zamorra beeilte sich, in seine Kleidung zu kommen. Er nahm sich keine Zeit für Rituale, die sonst selbstverständlich waren. Ein Mensch konnte ausnahmsweise auch einmal ohne Zähneputzen und Waschen oder Duschen auskommen. Aber eine Stadt… brauchte ihre Häuser und Straßen und Plätze und Menschen - sonst war sie… ja was ?
    Tot , dachte Zamorra, während er Hogarth aufforderte, ihn zum Ort des Geschehens zu fahren, unmittelbar an seine Grenzen. Dann war sie tot. Dem Untergang

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