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0942 - Die blutige Lucy

0942 - Die blutige Lucy

Titel: 0942 - Die blutige Lucy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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für Schritt.
    Ein böses Omen. Ein grauenhaftes Monster, dessen Arme sich zuerst anhoben, um sich dann derjenigen entgegenzustrecken, die ihn aus seinem Sarg befreit hatte.
    Noch erreichten die Hände Lucy nicht. Sie wollte nicht mehr warten. Wieder hatte sie den Eindruck, den Boden unter den Füßen zu verlieren und durch die Märchenwelt zu schweben, aber das alles stimmte nicht. Es war schon die Realität. Auch der Vampir entstammte keiner Märchenwelt, denn er griff urplötzlich zu und löste sich dabei nicht auf wie ein Wesen der reinen Phantasie.
    Seine Hände waren kalt, klamm, starr, und sie preßten die Oberarme dermaßen hart zusammen, daß sich der Schmerz explosionsartig ausbreitete.
    Für einen Moment trat der Frau das Wasser in die Augen, so daß das Gesicht des Blutsaugers vor ihren Blicken verschwamm, als wäre es in Tränen aufgelöst worden.
    Dann sah sie wieder klarer, und nahm auch den widerlichen Geruch wahr, der sie erreichte.
    Das Parfüm der Pest.
    Der Griff lockerte sich nicht. Allerdings verstärkte sich der Druck. Lucy rechnete damit, auf das Bett zurückgestoßen zu werden, doch diese Richtung behielt der Blutsauger nicht bei.
    Auf halbem Wege zerrte er die Frau zurück.
    Sie prallte gegen ihn.
    Sein Mund stand noch immer offen, und er drehte sein Opfer so, daß dessen linke Halsseite dicht vor seinen Zähnen lag.
    Nichts anderes hatte er gewollt.
    Lucy schloß die Augen. Sie hatte sich schlaff gemacht und voll und ganz in ihr Schicksal ergeben.
    Sie wußte, daß sie ihm nicht entrinnen konnte.
    Der neue Abschnitt, dachte sie. Das neue Leben, das andere Dasein. Die Macht der Toten, die Welt der Schatten.
    Dann erfolgte der Biß!
    Sie spürte nicht viel, als die Zähne in ihren Hals eindrangen, aber dabei blieb es nicht. Der Vampir drückte seinen Mund mit den kalten Lippen auf den Hals der Frau und saugte das Blut aus ihren Adern.
    Sein Gier war unersättlich.
    Er schmatzte und leckte noch den letzten Tropfen ab. Sein Opfer war längst von den tiefdunklen Armen der anderen Welt umfaßt worden…
    ***
    Bill ließ das Tagebuch sinken und klappte es zu. Er hatte gelesen, zwischendurch getrunken, und so war auch die zweite große Flasche Wasser leer geworden.
    »Was sagst du, John?« fragte er dann.
    Ich ließ mir Zeit mit der Antwort. Draußen hatte es fast aufgehört zu regnen. Was jetzt noch durch das Licht sickerte, war feiner Sprüh. »Willst du meine ehrliche Antwort hören?«
    »Selbstverständlich.«
    »Ich glaube, daß diese Lucy zu früh damit aufgehört hat, ihr Tagebuch zu schreiben. Es hätte mehr werden müssen.«
    Bill nickte und verzog den Mund. »Da gebe ich dir recht. Nur glaube ich daran, daß sie nicht mehr dazu gekommen ist. Sie ist zu einem Vampir geworden. Sie hat doch geschrieben, daß sie ihn erwartet. Sie hat ihn aus seinem Sarg befreit, den die Wellen an Land gespült haben. Sie war danach mit ihm allein, und da ist es passiert. Dir brauche ich das nicht zu sagen, du weißt selbst, wie die Blutsauger reagieren.«
    »Das stimmt wohl.«
    Der Kellner kam wieder und schaute uns fragend an. Wir bestellten kein Wasser mehr, sondern jeder ein Bier. Eines konnten wir trinken, das machte nichts. Den Bauch voller Wasser zu haben, ist nicht eben das Wahre.
    »Sie hieß Lucy Tarlington«.
    »Ja.«
    »Und wie hieß der Vampir?«
    Bill hob die Schultern.
    »Es ist schlecht, daß du es nicht weißt, aber geschehen ist es im vorigen Jahrhundert.«
    »In den neunziger Jahren.«
    »Wo?«
    »An der Westküste. Nördlich von Bristol. Ich weiß nicht mal, ob das alte Haus noch steht. Es ist aber möglich. Wenn wir nachschauen, werden wir kaum noch Spuren von damals entdecken.«
    »Das befürchte ich auch«, gab ich zu und wartete mit dem weiteren Sprechen, bis der Kellner die beiden Biere gebracht hatte. Wir tranken. Ich wischte Schaum von den Lippen und nahm das Wort wieder auf. »So, Bill, dann haben wir als einzigen Hinweis nur dieses alte Tagebuch, das uns im Prinzip auch nicht weiterbringt.«
    »Richtig.«
    »Von wem hast du es?«
    Er hob die Schultern. »Ein Kollege gab es mir, der aus dieser Gegend stammt. Einer von der Fleet-Street-Connection. Na ja, du kennst den Ort ja, wo wir Zeitungsleute unter uns sind. Zumindest jedenfalls.«
    »Dann hat er es auch gefunden?«
    »Das weiß ich nicht. Ich bekam nur den Rat, mich dahinterzuklemmen. Er hätte es gern selbst getan, aber er wollte sich nicht lächerlich machen. So sind die Kollegen nun mal.«
    »Tolle Ausrede«, sagte ich und

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