0942 - Die Prophezeiung des Uriel
zurück. Wie schon so oft, seit sie auf Julie Deneuve, die angebliche Dämonenjägerin, getroffen war, wünschte sie sich die sorglosen Zeiten zurück, in denen es ihr noch nichts ausgemacht hatte, sich den Leuten als ein übersinnlich begabtes Medium zu präsentieren. Doch seit sie mit Julie Deneuve auf CHAVACH getroffen war, einen Dämon, mit dem selbst die professionelle Dämonenjägerin nicht richtig klargekommen war, und schließlich auch auf Uriel, der sich selbst als Engel des Todes bezeichnete, fühlte sich Yasmina Azari in ihrer Haut nicht mehr richtig wohl. Sie wandte sich um und sah, dass ihre beiden Freunde sie anstarrten, als sei sie nicht mehr dieselbe.
Und das war sie ja auch nicht. »Tut mir leid«, sagte sie zu den beiden. »Ich weiß, das klingt einfach bescheuert. Aber… ich habe diesen Uriel wirklich gesehen. Und da diese Julie Deneuve -«
»… die angeblich ausgerechnet jetzt nach Japan verschwunden ist…«, warf Jeannette ein. »Sorry, so einen Quatsch glaubt doch kein Mensch. Das denken sich doch nicht mal schlechte Horrorautoren aus.«
Yasmina unterbrach sich. »Was hätte diese Julie denn davon haben sollen, mir was vorzumachen? CHAVACH war ja nicht ihre Idee. Fonsy ist diejenige gewesen, die darauf kam.«
»Alphonsine ist einfach nur übergeschnappt«, ließ sich Gaston vernehmen, der jetzt die Beine auf den Küchentisch gelegt hatte und Yasmina herausfordernd ansah. Yasmina wusste, dass er den »Ganzen Quatsch«, wie er das nannte, nicht glaubte. Für ihn zählte nur das gute Geld, das sie mit dem Glauben daran verdiente. Sie erwiderte seinen Blick. Was sie gesehen und erlebt hatte, wusste sie, daran gab es nichts zu rütteln.
»Hätte ich auch vermutet, wenn ich nicht gesehen hätte, dass da ein Schatten bei ihr im Zimmer war. Etwas Dunkles. Nicht einfach nur ein Fleck, an dem kein Licht war. Und als ich auf diesen Uriel getroffen bin, war Fonsy schon tot und Julie angeblich in Japan. - Mann, ich sag euch, ich habe das Gefühl, als hätte ich etwas gesehen, was ich nicht hätte sehen dürfen. Was kein Mensch sehen sollte. Wenn ich das vergessen könnte, dann wäre ich wirklich froh, das glaubt ihr doch wohl auch. -… Julie hat einmal gesagt, dass Dämonenjagd nichts für normale Menschen ist. Ich glaube, ich weiß langsam, was sie damit gemeint hat.«
Wieder schwiegen alle. Yasmina starrte an den beiden vorbei aus dem dunklen Küchenfenster.
»Yasmina, es würde dir, glaube ich, wirklich gut tun, einen anderen Job zu machen«, sagte Jeannette schließlich vernünftig. »Dämonen und Geister hin oder her, du darfst dir nicht so viele Gedanken darum machen. Ich rufe meine Schwester gleich morgen mal an. -… Ja, ich weiß«, fügte sie dann hinzu, als sie Yasminas wenig begeisterte Miene sah. »Du hasst es, an einer Supermarktkasse zu sitzen und Ladenhilfe ist gar nicht so weit davon entfernt. Aber es ist ein Kompromiss. Mal sehen, ich glaube, du würdest dich auch ganz gut mit meiner Schwester verstehen.«
Yasmina nickte langsam. »Vielleicht ist das wirklich mal für eine Zeit ganz gut«, sagte sie schließlich. »Danke, Jeannette!«
Die Freundin lachte, schnappte sich einen Apfel aus der Obstschale auf dem Tisch. »Kein Problem! Was tut man nicht alles für Freunde, oder?« Damit verschwand sie in ihrem Zimmer. Einen Moment später wurde die Musik wieder lauter.
Gaston grinste. »Siehst du, Süße. Ist doch alles halb so wild. Zur Feier des Tages lade ich dich jetzt noch bei Pascal ins Saint Blaise auf einen Pernod ein und wir überlegen, wie wir demnächst deine Sitzungen als Medium organisieren können, ohne dass du glaubst, dir funken Dämonen dazwischen.«
Im ersten Moment wollte Yasmina ablehnen. Kein Dämonengequatsche heute mehr! Doch dann fiel ihr ein, wie viel Geld sie damals bei der reichen Madame Auteuil bekommen hatte. Und das nur, um dem kleinen Köter dieser Bonzentussi Eintritt ins Paradies zu erkaufen! Auch wenn sie auf Uriel getroffen war - Geld hatte das alles ja wirklich gebracht.
Und Gaston? Der meinte es doch nur gut…
Vielleicht gab es ja einen Weg, wie sie weiterhin als Medium arbeiten konnte. Zu ihrem Nutzen und zum Nutzen des Aberglaubens anderer. Damit schadete sie doch niemandem!
Gaston hatte recht. Der schwarze Engel musste ja nichts davon erfahren.
***
Er war frei.
Unendlich frei, nichts band ihn mehr an einen Ort. Es war wunderbar, das zu wissen.
Nur sein eigener Wille war es, der ihn noch hierbleiben ließ.
Und sein Hunger. Hier, in
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