0947 - Das Voodoo-Weib
die Sache realistischer. »Wir sollten auf keinen Fall die Nerven verlieren, John. Allmächtig wird das Netz nicht sein. Es ist ein erster Versuch, mehr nicht.«
»Dann nimm die Peitsche.«
»Das hatte ich auch vor.« Mein Freund bewegte sich auf die Frontseite des Netzes zu.
»Was will er tun?« keuchte Bayou.
»Das Ding zerstören.«
»Das schafft er nicht - Scheiße!«
»Wetten doch?«
»Ihr traut euch zuviel zu. Sie ist mächtig. Das ist ein Stück von ihr. Das ist eine ihrer Waffen.« Seine Hand zuckte vor, wieder zurück, dann wieder vor. »Da, du siehst es. Es bewegt sich, es macht den Raum enger. Es kommt auf uns zu. Es wird uns erwischen und sich über uns legen. Wenn das geschieht, ist es mit uns vorbei…«
Das wußte auch Suko. Er hatte schon ausgeholt, dann ging alles sehr schnell. Ein Schlag reichte aus, ein kurzer Kontakt, zwischen den Riemen der Peitsche und dem Netz.
Sofort sprühte ein Funken in die Höhe, der augenblicklich Nahrung bekam und sich dann blitzartig ausbreitete, wobei es das gesamte Netz umfing. Es gab nichts mehr, was von dieser Flamme verschont geblieben wäre. Sie war so schnell, sie war der Funke, der auf die Reise gegangen war und die Maschen wie eine Lunte sprühen und knistern ließ.
Die Maschen zersprangen, es blieb nicht mal Rauch zurück. Auch wir brauchten nichts mehr zu tun, sondern nur zuzuschauen, wie ein Funke das Netz zerstörte. Es fiel zusammen, es glühte nicht mehr nach, die einzelnen Maschen verschwanden einfach und niemand baute dieses Netz wieder auf.
Es hatte geklappt. Wir konnten jubeln. Wir konnten uns gegenseitig auf die Schultern schlagen, was wir jedoch unterließen, da wir wußten, daß dies der erste Versuch gewesen war.
Suko kehrte zu Bayou und mir zurück. Während unser farbiger Kollege nur staunen konnte und deshalb kein Wort hervorbrachte, sprach ich meinen Freund an. »Hast du etwas gespürt?«
Er verzog den Mund. »Erstens klappte alles besser, als ich es gedacht habe, und zweitens war da tatsächlich etwas.«
»Was?«
»Irgendeine Kraft«, murmelte er.
»Wie hast du sie gespürt?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich merkte sie in dem Augenblick, als die Peitsche und das Netz zusammentrafen. Als es zum Kontakt kam, da zuckte etwas durch meine Hand, war aber sofort wieder verschwunden, als wäre es eine Botschaft gewesen, die ihr Ziel nicht erreichte. Das war schon seltsam.«
Bayou hatte Suko zugehört. »Das war sie«, sagte er. »Das war Leonora. Da bin ich mir sicher. Sie ist die wahre Herrin hier in Brixton. Sie weiß genau, daß wir zu ihr kommen. So etwas kann sie spüren und fühlen. Denn ihre Kräfte sind denen der Menschen über.«
»Das haben wir bei den vier Toten erlebt.«
»Eben!« flüsterte Bayou mir zu und bekam eine Gänsehaut. »Ich möchte nicht so enden und als dunkles Skelett irgendwo auf dem Boden liegen. Schon jetzt mache ich mir Vorwürfe, daß ich überhaupt Alarm geschlagen habe. Ich hätte es nicht tun sollen, denn das Voodoo-Weib ist brutal. Es schlägt immer wieder zu. Es sieht, wo wir nichts sehen.«
»Willst du verschwinden?« schlug ich ihm vor.
Er hob die Schultern.
»Du hast daran gedacht, nicht wahr?«
»Das schon.«
»Dann kannst du es auch in die Tat umsetzen, wenn wir die Hölle erreicht haben. Du brauchst nicht mit hineinzugehen. Zeig uns nur den Weg, und damit hat es sich.«
Es war ihm auch nicht recht, wie wir ihm ansahen. Er kämpfte mit sich. »Verdammt, ich würde euch im Stich lassen und als Feigling dastehen - oder?«
»Nein, das sehen wir nicht so.« Ich sprach für Suko gleich mit. »Das hier ist ein Fall, den wir mit normalen Maßstäben nicht messen können. Er hat etwas in sich, mit dem wir fertig werden müssen, aber nicht du.«
»Wir werden sehen.« Er strich wieder durch sein Gesicht. Dabei schaute er sich um.
»Verschwunden«, flüsterte er. »Das verdammte Netz ist tatsächlich verschwunden.«
»Und es wird auch nicht mehr so leicht zurückkehren!« behauptete Suko.
»Was macht dich denn so sicher.«
»Leonora hat einen Denkzettel bekommen. Sie weiß jetzt, daß mit uns nicht zu spaßen ist. Es war einfach, das wird sie wundern, und ich gehe auch davon aus, daß sie bei einem nächsten Angriff zu härteren Mitteln greifen wird.«
»Ja, das fürchte ich auch.«
Ich kam wieder auf das normale Thema zu sprechen. »Wie weit ist es noch bis zur Hölle?«
»Wir müssen durch den Park, dann sind wir fast da.«
»Okay.«
Diesmal machte ich den Anfang. Das Netz war
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