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0947 - Geballte Wut

0947 - Geballte Wut

Titel: 0947 - Geballte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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trat aus den Schatten von Sainte Chapelle, ein kleiner Mensch vor einem großen Gebäude, doch jede Zuckung ihrer Muskeln, jeder Schritt ihrer Füße, strotzte vor einer Kraft und Intensität, die sich mit keinem Gebäude der Welt messen konnte. Das wusste Kathryne instinktiv.
    Anne war zurück.
    Und sie wollte Blut sehen!
    ***
    Heiße Luft auf seinen Wangen. Flammen an seinen Hosenbeinen, seinem Haar. Feuer in der Nacht.
    Professor Zamorra hechtete zur Seite, warf sich im Flug nach rechts, rollte sich über der Schulter ab und prallte mit einem unsanften Schlag auf den harten, unnachgiebigen Teerboden. Keine zwei Atemzüge später krachte dort, wo er eben noch gestanden hatte, ein alter Renault zu Boden - mit dem Dach voran, zerschmetterten Scheiben und lichterloh brennendem Interieur.
    Die Hölle schien ihre Tore geöffnet zu haben, mitten in Paris.
    »Ich verstehe das nicht«, rief Rhett über das tosende Chaos hinweg, in das sich der Boulevard du Paris in den letzten Minuten verwandelt hatte. Der Erbfolger kauerte hinter einem metallenen, hüfthohen Mülleimer und wirkte, als habe er jegliches Vertrauen in die Realität verloren. »Das… das kann nicht Anne sein! Diese Stärke…«
    Zamorra nickte, verstand seine Zweifel. Und dennoch wusste er, dass Rhett sich irrte. Dieses Furienwesen dort vorne auf der Straße war niemand anderes als die gequälte Seele, die der sinistre Dämon Krychnak einst geschaffen hatte, um die Erbfolge zu seinen Nutzen zu manipulieren. Sie war nur…
    »Potenziert«, murmelte Dylan McMour und beendete den Gedanken unwissentlich. Der ehemalige Dämonentourist schien aus dem Nichts gekommen zu sein. Scheinbar mühelos sprang er in die bizarre Deckung, die der brennende Pkw Rhett und Zamorra bot, und nickte seinen Kampfgefährten aufmunternd zu. »Ihre Macht wurde potenziert, erhöht. Von irgendjemandem - oder irgendetwas.« Bei seinem letzten Wort hob er die Hand und deutete wissend in Richtung der Metro-Station, die sich nur wenige Meter entfernt befand.
    Dann folgte die zweite Explosion.
    Rhett schrie auf, als ein glühend heißer Funkenregen über sie herniederging. Ätzende kleine Glutstücke brannten sich in ihre Kleidung, ließen Haare schmoren und versengten Augenbrauen. Als Zamorra vorsichtig den Kopf hob, sah er, dass die Straßenlampe hinter ihnen am Ende war. Plastik schwelte, Glühbirnen zerplatzten.
    »Die sieht aus, als hätte jemand einen Sprengsatz in ihr gezündet«, murmelte Dylan und klopfte sich die Funken von den Armen.
    »Und sie ist nicht die Einzige.« Rhett hob die Brauen und deutete die Straße hinunter, wo nach und nach weitere Laternen in die Luft flogen. Stück für Stück zerbarsten ihre Lichter, rissen die Plastikverschalung mit sich und tauchten die menschenleere Straße in ein bizarres Meer aus Schatten, gleißenden Kugeln aus Helligkeit und Funken. Selbst die Luft roch verbrannt.
    So viel ungezügelte Energie. Zamorra fühlte sie mit weit mehr als nur den fünf Sinnen, die die Natur ihm zugestand. Energie, die nach Ventilen suchte und dazu nutzte, was immer sie fand.
    » In Deckung! «
    Von irgendwoher wehte Thierry Desjardins Stimme über das Schlachtfeld - panisch, keuchend, schrill -, dann spürte der Meister des Übersinnlichen einen scharfen Luftzug, nur wenige Fingerbreit vor seiner Brust. Ein Schuss? Ein Pfeil gar? Erst nach ein paar Augenblicken bemerkte er den Hydranten, der sich keine zwei Schritte hinter ihm in die Außenwand eines Hauses gebohrt hatte, als habe ein Panzer ihn dorthin geschossen.
    Leises Plätschern von der anderen Straßenseite ließ Zamorra herumfahren und den Rest der Geschichte sehen: Ein konstanter Strahl klaren, kalten Wassers sprudelte aus einer Öffnung im Bürgersteig, bildete eine vielleicht anderthalb Meter hohe Säule aus Flüssigkeit und fiel zurück aufs Pflaster.
    »Erst die Autos, dann die Lampen, jetzt ist sie hinter den Hydranten her? Was zum Geier soll das?«
    Dylan schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass sie noch bewusst handelt«, erklärte er dem ratlosen Rhett. »Oder gezielt. Was hier passiert, ist ein großer Energieschub - der sich entfaltet, wo und wie es gerade geht. Und er mäht nieder, was immer in seinem Weg steht.«
    »Das sehe ich ähnlich«, murmelte Zamorra. »Nicht zuletzt deshalb wird es Zeit, dem Schauspiel ein Ende zu bereiten. Ihr bleibt hier, verstanden?«
    Bevor seine jugendlichen Begleiter auch nur reagieren konnten, war der Meister des Übersinnlichen fort. Zamorra trat aus der

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