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0947 - Geballte Wut

0947 - Geballte Wut

Titel: 0947 - Geballte Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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menschenleer, soweit sie das von ihrer Position aus beurteilen konnte.
    Dann eben anders.
    Anne zuckte mit den Achseln, schmunzelte amüsiert und eilte zurück zum Waldrand. Kurz hinter der Forstgrenze hielt sie an und wandte sich ein letztes Mal um.
    »Wie es aussieht, lässt man mich nicht zu dir vor, Erbfolger«, murmelte sie und sah an die Stelle des Gebäudes, an der sie Rhetts Zimmer wusste. »Aber das macht nichts. Denn gelangt der Prophet nicht zum Berg, muss der Berg eben zum Propheten gehen.« Sie kicherte erneut. »Und ich weiß auch schon genau, wie ich das anstellen werde.«
    Ein leises Rascheln im Unterholz später war sie verschwunden.
    Kapitel 3 - Boten der Vergangenheit
    Dieses Kabuff war ein schlechter Scherz. Und das Schild draußen an der Tür musste die Pointe sein. Pierre Robin beschloss, später zu lachen. Wenn überhaupt.
    Der »Medienraum«, des Lyoner Polizeihauptquartiers war ein knapp neun Quadratmeter messender, fensterloser Euphemismus aus Rigips und PVC. Staubige Regale aus kaltem Metall säumten unverputzte Wände und waren mit allerhand Zeug der Sorte vollgestopft, die man in der realen Welt Elektroschrott nannte, in Zeiten klammer Kassen und in staatlichen Einrichtungen aber unter dem Sammelbegriff Hightech-Ausrüstung subsumierte. Es lebe der Thesaurus.
    In all den Jahren, die Pierre nun schon in dieser Dienststelle arbeitete, hatte er den Raum vielleicht zehn Mal betreten - und auch das nur, wenn es gar nicht anders ging. Die Gerätschaften, die der Medienraum beherbergte, hätten einem Science-Fiction-Film der 1960er Jahre zur Ehre gereicht. Nicht zuletzt, weil die meisten von ihnen auch aussahen, als stammten sie aus dieser Dekade. Dort befand sich ein alter Mikrofiche-Leser, da ein Overhead-Projektor und hier ein kaputter Videorekorder mit Beta-System, nach dem zweifellos ebenfalls seit Jahrzehnten kein Hahn mehr krähte. In dem Regal hinter Pierre lagen zwei halb ausgeschlachtete Beamer der ersten Generation neben Mobiltelefonen, die in puncto Größe mit jedem Ziegelstein konkurrieren konnten. Der muffige Geruch, der dem gesamten Raum anzuhaften schien, passte wie die Faust aufs Auge.
    Das war kein Medienraum. Das war ein Elefantenfriedhof für electric dreams .
    Niemand benutzte diesen Müll. Außer Richter, Monsieur Regelfetischist. Offensichtlich.
    Pierre hatte noch immer seine Stimme im Ohr: »Ich habe Ihnen die Unterlagen im Medienraum zurechtgemacht, Chefinspektor. Sie müssen nur noch auf Play drücken.«
    Na super.
    Desjardins aus Paris hatte eine Videodatei geschickt: einen neuen Mitschnitt der Überwachungskameras der Metro. Es hieß, der zweite Mord sei darauf zu sehen. Ob Robin nicht einen Blick darauf werfen wolle, und so weiter.
    Na, und ob er das wollte! Aber das wäre genauso gut an seinem Schreibtisch gegangen.
    Pierre seufzte, beugte sich über den vorsintflutlich anmutenden Computer, den Richter eigens zu diesem Zweck auf dem Tisch in der Mitte des Raumes aufgebaut hatte, und öffnete die Datei.
    Die Szenerie des kurzen Filmes, der nun folgte, war ihm bestens vertraut. Das war die Cité, abermals. Desjardins Haltestelle auf der Seine-Insel. Und auch die Handlung erinnerte Robin an das Erlebnis von vor wenigen Tagen. Nur das Personal war neu.
    Auf dem ansonsten menschenleer anmutenden Bahnsteig lag ein Mann, augenscheinlich ein Tourist - kurze Hose, gestreiftes Polohemd, Sonnenhut und Sonnenbrille -, und verblutete. Sein Körper bebte, als spastische Muskelzuckungen wie Wellen über ihn liefen. Seine Augen waren schreckgeweitet, der Mund stand sperrangelweit auf, und sein Blick war Überraschung und Angst zugleich.
    Er wusste, dass er starb. Und er verstand den Grund nicht.
    Das hatte er mit Pierre gemeinsam. »Wo zum Teufel ist die Tat?«, murmelte der Chefinspektor. »Ich sehe das traurige Ergebnis, aber nicht die Ursache…«
    Der wichtigste Teil der Aufzeichnung fehlte! Ob es dieselbe Täterin gewesen war? Zamorras Mädchen?
    Mit Sicherheit.
    Pierre griff zum Telefon, das neben dem Monitor auf dem kleinen Tisch ruhte, und ließ sich mit der RATP in Paris verbinden. »Büro des Stationsaufsehers Cité, bitte. Es ist dringend.«
    Keine zehn Sekunden später hatte er Desjardins an der Strippe.
    »Danke für das Material, Thierry, aber Sie haben den spannenden Teil rausgeschnitten.«
    Der stämmige Angestellte grunzte ungehalten. »Sollte man meinen. Das ist diese verflixte Technik schuld. Seit Tagen spinnt hier die gesamte Ausrüstung herum. Gestern gingen

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