0951 - Die Exorzistin
Botschaft schicken, die ich aber ablehnte und mich nicht weiter um das Kind kümmerte.«
»Kann es dein Gewissen gewesen sein, John, das sich bei dir gemeldet hat?«
»Wenn ja, dann war es ein schlechtes.«
Suko schaute mich scharf an. »Mußt du das haben?«
»Ich weiß nicht.«
»Also zweifelst du?«
»Ja, verdammt, ich zweifle daran. Ich weiß nicht, ob wir alles richtig gemacht haben.«
»Mit Marion Bates?«
»Mit wem sonst?«
Suko hob die Schultern. »Wie dem auch sei, was hättest du oder was hätten wir anders machen sollen?«
»Ja, verdammt, das ist das Problem.« Ich schlug auf den Schreibtisch. »Ich habe ein schlechtes Gewissen, daß wir uns nicht um Marion gekümmert haben.«
»Weil sie unserer Kontrolle entglitten ist?«
»Vielleicht auch, Suko. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich schlecht von ihr geträumt habe. Als wären diese Träume ein Signal für die Zukunft gewesen.«
»Das kann doch sein.«
Ich winkte ab. »Ich weiß nicht, ob ich das unterschreiben soll. Es waren ja Träume, die…«
Glenda stieß die Tür auf. Sie betrat mit dem Tablett unser Büro, und ich stellte fest, daß auf ihm drei Tassen ihre Plätze gefunden hatten. Also wollte sie bei uns bleiben.
Ich stand auf und holte ihr einen Stuhl an den Schreibtisch, auf dem sich Glenda niederließ, nachdem sie das Tablett auf den Schreibtisch gestellt hatte.
Wir nahmen die Tassen entgegen. Ich forschte dabei in ihrem Gesicht, um darin zu lesen, aber Glenda hatte ihren Kopf gesenkt, um den ersten Schluck zu trinken. Sie war mit ihrem Kaffee selbst zufrieden, denn sie nickte, als sie die Tasse abgestellt hatte.
»Du hast schlecht geträumt, John«, sagte sie, nachdem sie die Tasse abgestellt hatte.
»Wieso? Sieht man mir das an?«
»Nein, aber ich habe euch im Vorzimmer sprechen hören.«
»Irgendwo schon«, gab ich zu. »Du kennst ja die Geschichte mit Marion Bates.«
Sie nickte. »Ja, ihr habt davon erzählt. Machst du dir jetzt Vorwürfe deswegen?«
»Nein, nein, nicht direkt, Glenda. Es hat sich eher mein Unterbewußtsein gemeldet.«
»Wie das?«
»Als schlechtes Gewissen.«
Sie war verwundert, als sie fragte: »Habt ihr denn Fehler begangen?«
»Nein!« erwiderte Suko.
Ich sah die Sachlage diesmal differenzierter. »Es ist möglich, daß wir einen Fehler begangen haben.«
»Und welchen, bitte?«
Die Antwort gab ich Glenda nach dem nächsten Schluck, der mir ausgezeichnet schmeckte. »Es kann sein, daß wir uns mehr um das Mädchen hätten kümmern sollen. Marion ist Waise. Sie wird ihre Probleme haben. Und wenn ich die dazurechne, an denen sie noch zu arbeiten hat, sieht es wirklich nicht sehr gut aus, finde ich.«
Glenda Perkins überlegte. »Da kann etwas dran sein, John. Sie ist vom Schicksal gebeutelt worden, aber ihr seid nicht die Menschen, die ein Mädchen wie Marion Bates aufnehmen können. So schlimm es sich auch anhört, aber viele Kinder in der Welt leiden unter dem gleichen Schicksal. Du brauchst nicht mal weit zu fliegen. Denk daran, was im ehemaligen Jugoslawien los ist. Das Grauen.«
»Das weiß ich.«
»Im Verhältnis dazu geht es Marion ja noch gut.«
»Klar, Glenda, das stimmt alles. Aber wir sind nicht auf dem Balkan, sondern hier in England, wo kein Krieg herrscht. Das kann man nicht vergleichen.«
»Deshalb hat sie es auch besser.« Glenda streckte die Beine aus. »Wo befindet sie sich denn jetzt?«
»In einem Kloster.«
»Oh…«
»Bei Nonnen.«
»Wieso das? Kann sie nicht…?«
»Ich weiß, was du sagen willst«, unterbrach ich sie, »aber es muß erst ein Platz in einem Heim für sie gefunden werden. Das ist wohl nicht so einfach, wie wir es uns gedacht haben.«
Glenda hob die Schultern und auch die Hände. »Wo liegt denn das Problem, John? Ich kann mir denken, daß dieses Kloster ein guter Platz für sie ist. Oder?«
»Ja, das schon.«
»Dann würde ich mir keine Gedanken über irgendwelche Fehler machen. Laß das doch.«
»Ich habe sie nicht gesteuert oder herbeigeredet. Sie sind mir einfach so gekommen. Es war eben das berühmte Unterbewußtsein, das sich in der vergangenen Nacht meldete.«
»Und auf das du des öfteren hörst.«
»Natürlich, das weißt du selbst und…«
Da tutete mal wieder das Telefon. Da sich Glenda und ich im Gespräch befanden, hob Suko ab. Er hörte zu, während wir leiser sprachen, aber wir hörten seine Antwort, die doch ziemlich erstaunt klang. »Ja, dann bringen Sie sie hoch.«
Suko hatte aufgelegt, als ich mich ihm zudrehte:
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