0951 - Die Exorzistin
Füßen zu spüren. Für sie gab es jetzt nur noch eines: Sie wollte weg, weg, einfach weg…
Und dann mußte sie mit jemandem sprechen, den sie als einen Freund ansah.
Mit John Sinclair!
***
Der Morgen war kalt, der Morgen war klar, aber er war auch leicht eingetrübt. Hochnebel nennt man so etwas, und er hielt die Riesenstadt an der Themse umfangen.
Ein Wetter fürs Büro, wie auch Suko und ich meinten, obwohl wir in den letzten Tagen schon lange genug an den Schreibtischen herumgesessen hatten und von unserem Chef, Sir James, dazu verdonnert worden waren, Spesen aufzulisten und Bericht über vergangene Fälle zu schreiben, die von unserer Sekretärin Glenda Perkins dann in die richtige Form gebracht wurden.
Wir hatten uns entschieden, mit dem Rover zu fahren und kamen seltsamerweise gut durch. Außerdem waren wir ziemlich früh.
Wir trafen zusammen mit Glenda Perkins ein, die uns knapp zulächelte, bevor Suko ihr aus dem gefütterten Wintermantel half. Darunter trug sie ein zweiteiliges braunes Strickkleid mit einem wadenlangen, engen Rock. Die Schlitze an den Seiten lockten überall Männerblicke an. Um den Hals hatte sich Glenda eine Kette aus beigefarbenen Holzperlen gehängt und ihr dunkles Haar zu einer »unordentlichen« Frisur gekämmt.
»Kaffee?« fragte sie.
»Wie immer.« Ich blieb neben ihr stehen, denn Suko hatte schon unser Büro betreten.
»Was ist los mit dir, Glenda? Sauer?«
»Nein.«
»Sondern?«
Glenda hob die Glaskanne an und drehte sich von mir weg, um zur Tür zu gehen, weil sie Wasser holen wollte. »Vielleicht habe ich schlecht geschlafen, Herr Geisterjäger. Soll ja mal vorkommen, nicht wahr?«
»Klar, natürlich. - Keine Feindschaft. War nur eine Frage.«
Wortlos hatte Glenda die Tür hinter sich geschlossen, und ich ging in das gemeinsame Büro, wo Suko sich bereits mit den Berichten über die Fälle beschäftigte, die in der letzten Nacht in London passiert waren. Wir bekamen automatisch die Kopien von der Nachtschicht, denn oft genug hatten wir beim Lesen der Bericht Querverbindungen zu unseren Fällen ziehen können.
»Glenda ist irgendwie sauer«, sagte ich, als ich saß.
»Meinst du?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Keine Ahnung.«
Suko schaute von seinen Berichten hoch. »Willst du auch einige haben, John?«
Ich winkte ab. »Später.«
Mein Freund lachte. »Du wirkst nicht gerade auf mich, als könntest du Bäume ausreißen.«
»Doch, aber Schößlinge.«
»Eben.«
Ich blieb beim Thema und meinte: »Sie sagt, sie hätte schlecht geschlafen.«
»Kann mal vorkommen.«
»Stimmt, aber ich habe das Gefühl, daß es etwas anderes ist.«
»Dann frag sie doch.«
Mich begannen Sukos Antworten aufzuregen, weil er so gar kein Interesse zeigte. Möglicherweise war es schon der Beginn des Bürokollers. Es wurde allmählich Zeit, daß wir wieder an die »Front« kamen.
»Ja, das werde ich auch.«
»Sehr gut.« Suko hatte mich die letzte Zeit über beobachtet, und er grinste mich jetzt über den Rand seiner Papiere hinweg an. »He, du bist derjenige, der die miese Laune hat.«
»Ich?«
»Ja. Wer sonst?«
»Na, dann warte mal ab, bis Glenda mit dem Kaffee kommt. Da wirst du was erleben.«
»Wenn das so ist, Durst habe ich auch.« Suko gähnte und schüttelte dann den Kopf. »Eigentlich hätte ich auch im Bett bleiben können«, maulte er. »Aber was tut man? Man hockt sich hier nieder und wartet darauf, daß die Dinge ins Rollen kommen.«
»Welche Dinge?«
»Wenn ich das wüßte. Ich habe gut geschlafen und fühle mich trotzdem kaputt. Komisch.«
»Dann geht es dir wie mir. Nur habe ich noch irgendwelchen Quatsch geträumt.« Ich hob die Schultern und korrigiert mich selbst. »Vielleicht war es auch kein Quatsch, aber der letzte Fall läßt mich einfach nicht los. Ich muß immer wieder an Marion Bates denken und daran, was sie wohl jetzt macht und wo sie steckt.«
»Das weißt du doch.«
»Stimmt. Nur habe ich komischerweise ein schlechtes Gewissen. Du weißt, daß ich auf Träume nur bedingt etwas gebe, obwohl wir beide es schon anders erlebt haben, aber in der vergangenen Nacht habe ich tatsächlich von Marion geträumt.«
»Und was?«
Ich dachte einen Moment nach, um trotzdem keine konkrete Antwort zu geben. »Wenn ich das so genau wüßte. Sie war da, ich sah sie auch immer. Sie schwebte irgendwie vor mir, und sie schaute mich dabei so komisch an, daß ich erschrak.«
»Weshalb?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Es kam mir vor, als wollte sie mir eine
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