0951 - Die Exorzistin
der angenehmen Wärme des Wagens gestiegen war. Die Welt um mich herum war still, und sie kam mir wegen der Kälte noch ruhiger vor. Es mochte auch daran liegen, daß ich nicht mal das Singen oder Zwitschern eines Vogels hörte.
Ich blieb auf der linken Seite und ging weiter, bis ich das Ende der Kurve erreicht hatte. Eine leere Kurve, an deren Ende ich meine Schritte anhielt und weit nach vorn schaute, wobei ich beide Seiten unter Kontrolle hielt.
Nichts war von einem dunklen Mercedes zu sehen. Das verdächtige Fahrzeug mußte in der Nacht weggefahren worden sein. Gut sah das nicht aus, und ich dachte sofort an den Fahrer, der von Angelina attackiert worden war.
Das war im Wald geschehen. Ungefähr gegenüber der Stelle, wo der Mercedes gestanden hatte, in deren Nähe jetzt auch der Rover parkte.
Als ich zurückkehrte, stieg auch Suko aus. »Ich brauche nur dein Gesicht zu sehen, um Bescheid zu wissen.«
»Sehr schön.«
»Gehen wir jetzt in den Wald?«
Ich grinste. »Wir sollten es tun. Spuren können immer zurückgeblieben sein.«
Der Wald bot uns nicht viel Widerstand. Seine Stellen waren licht genug, um sie durchwandern zu können. Zudem hatten wir uns geteilt und nahmen ein gewisses Gebiet praktisch in die Zange. Leider hatte uns Marion den genauen Ort nicht beschreiben können. Es wäre auch unmöglich gewesen, denn wir sahen nur die froststarren und wie versteinert wirkenden Bäume, nur wenig oder gar kein Unterholz und einen braunen Boden, der eine graue Schicht aus Reif bekommen hatte.
Unter unseren Schuhen knirschte gefrorenes Laub, aber andere Geräusche waren nicht zu hören.
Ich hörte Sukos Ruf. Als ich hochschaute, sah ich sein Winken. »Komm her, John!«
Seine Stimme zerschnitt die Stille. Mit langen Schritten ging ich auf ihn zu. Er ließ mich bis zu einer gewissen Stelle kommen, dann senkte er seinen Arm und deutete zu Boden. Ich verstand die Absicht und ging langsamer.
»Du suchst doch einen gewissen Walt.«
»Du nicht?«
»Doch, aber ich habe ihn gefunden, und er sieht gar nicht gut aus, mein Lieber.«
Noch hatte ich den Mann nicht zu Gesicht bekommen, aber Sukos Stimme klang nicht eben freundlich und locker. Sie ließ das Schlimmste befürchten.
Das sah ich sehr bald, als ich einen Baumstamm umrundet hatte. Der Körper des Mannes war bekleidet. Er lag auf dem Rücken, aber wichtig waren das Gesicht und die Hände.
Okay, vorhanden waren sie, doch es sah aus, als hätte sie jemand mit einer scharfen Säure traktiert, denn an zahlreichen Stellen war die Haut abgelöst worden. Das rohe Fleisch schimmerte hindurch, aber alles war bereits gefroren.
Ich bückte mich und stellte fest, daß der Mann keine Augen mehr hatte. Natürlich erinnerte ich mich daran, was uns Marion Bates gesagt hatte. Dieser Mann war, als er auf dem Boden lag, bespritzt worden. Das Wasser war aus einer Kugel gedrungen, ähnlich der einer Weihwasserkugel. Ich ging davon aus, daß es sogar Weihwasser oder ein noch stärker wirkendes Mittel gewesen war, das diesen Menschen umgebracht hatte.
Hätte mir oder Suko jemand Weihwasser ins Gesicht gespritzt, es wäre nichts passiert, bei dieser Gestalt aber traf das nicht zu. Ihr war etwas passiert, und zwar etwas Ungeheuerliches und Schlimmes. Diesen Mann hatte das Weihwasser verletzt und möglicherweise sogar getötet.
Es war durchgebrannt bis auf die Knochen. Selbst die Augen gab es nicht mehr. Das Weihwasser oder was immer es gewesen war, mußte sie leergebrannt haben.
Ich kam wieder hoch und sah einen nachdenklichen Suko neben mir stehen. »Sicherlich denkst du das gleiche wie ich, John, aber trotzdem möchte ich fragen, wer dieser Mann gewesen ist. Er sieht aus wie ein Mensch, aber war er noch ein normaler Mensch?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wenn wir davon ausgehen, daß ihn das Weihwasser getötet hat, sicherlich nicht. Dann muß er unter dem Einfluß anderer Mächte gestanden haben.«
»Das meine ich auch. Sehr stark sogar. Er stand mehr auf der dämonischen als auf der menschlichen Seite. Diese Angelina hat genau gewußt, was sie tat.«
»Ja, stimmt, Suko, und es wird sicherlich nicht der erste gewesen sein, den sie - na ja - exorziert hat.«
»Das befürchte ich auch. Für mich jedenfalls ist das Kloster noch interessanter geworden. Ich will keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber ich kann mir gut vorstellen, daß Angelina bei den Schwestern einen perfekten Schutz gefunden hat.«
Ich wollte noch etwas hinzufügen, aber ein Geräusch lenkte uns ab. Wir
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