0951 - Die Exorzistin
Welt, sondern ein anderer, und ihm allein dienen wir, nicht dem Satan, wie diese Männer dort«, sie wies auf den Käfig, »die Schreckliches mit Angelina angestellt haben. Nie wird sie so werden, wie sie einmal war. Sie leidet unter wahnsinnigen Schuldgefühlen, denn auch wir haben sie trotz aller Anstrengungen nicht mehr in das Leben zurückführen können, das sie in ihrer Heimat gelebt hat. Aber sie ist bereit, es zu beenden, jetzt und hier.«
»Und was genau hat sie vor?« fragte Suko.
Wieder deutete die Frau auf den Käfig. »Das kann ich Ihnen sagen, meine Herren. Sie wird ihn betreten, und sie wird versuchen, die Männer auf den rechten Weg zu führen. Es ist ihr eigener Wille. Es ist ihre einzige Aufgabe, die sie sich gestellt hat. Nur so kann sie noch über den Schatten des Bösen hinwegspringen, der sie umgibt. Sie muß diesen Exorzismus durchführen.«
»Dann sind die Männer alle besessen?« erkundigte ich mich.
»Das sind sie.«
»Und woher, Oberin, wollen Sie das wissen?« Ich hatte meiner Stimme einen skeptischen Klang gegeben, den sie wohl vernommen hatte.
»Verlassen Sie sich auf mich. Ich weiß es.«
»Denken Sie auch an Walt Snyder?«
»Wieso?«
»Ganz einfach. Was geschieht, wenn diese Männer ebenso sterben wie Snyder?« Ich hatte direkt in das starre Gesicht der Oberin hineingesprochen, in dem nicht mal die Augen Regung zeigten, deshalb überraschte mich auch ihre Antwort nicht.
»Dann haben Sie es nicht anders verdient!«
»So, denken Sie?«
»Das müßten Sie auch, meine Herren. Aber wir haben genug geredet. Sie können sich entscheiden. Entweder verlassen Sie das Kloster, oder Sie bleiben hier und verhalten sich ruhig.«
»Wir bleiben!« erklärte Suko in meinem Sinne. Aber er fügte nicht hinzu, daß wir uns auch ruhig verhalten würden, was der Oberin zum Glück nicht auffiel.
Sie wandte sich ihrem Schützling zu und trat dabei wieder sehr nahe an Angelina heran. Dabei flüsterte sie ihr etwas ins linke Ohr, das Angelina auch wohl verstand, denn sie gab ihre Antwort durch ein Nicken. Die anderen Nonnen schauten bewegungslos zu. Unter den flachen Hauben wirkten die Gesichter wie kaltes Fett.
Schwester Martha richtete sich wieder auf. Dann griff sie abermals in die Tasche ihrer langen Kutte und holte einen Schlüssel hervor. Es war ein langer Schlüssel, der ziemlich alt aussah und zu dem einfachen Schloß des Käfigs paßte.
Als die Nonne an das Gitter der Tür herantrat, wurden auch die fünf Gefangenen »wach«. Sie merkten, daß etwas nicht mehr so war, wie sie es kannten. Unruhe breitete sich zwischen ihnen aus.
Einer machte den Anfang und kroch von der Tür weg, wobei er schließlich mit beiden Händen zwei Gitterstäbe an der anderen Seite umklammerte und sich dabei hingekniet hatte. Er schaute in die starren Gesichter der Nonnen, und wir hörten, wie er sie mit rauher Stimme um Hilfe bat.
Die Angsprochenen aber bewegten sich nicht.
Die vier anderen Gefangenen rückten enger zusammen, als könnten sie sich so gegenseitig einen besseren Schutz geben.
»Wann greifen wir ein?« wollte Suko von mir erfahren.
»Noch nicht.«
»Du willst sie erst in den Käfig hineinlassen?«
»Ja, mal sehen, was geschieht.«
»Sind es wirklich Satanisten?« flüsterte Suko. »Oder denkst du anders darüber?«
»Es scheinen welche zu sein. Alles weist darauf hin.«
»Wir haben aber nur die Aussagen der Oberin.«
»Ich denke nicht, daß sie uns angelogen hat.«
Schwester Martha hatte mittlerweile den Schlüssel in das Schloß an der Gittertür gesteckt. Sie drehte ihn herum, und die dabei entstehenden Geräusche unterbrachen die Stille. Sie ließen aber auch Angelina aufmerksam werden und rissen sie aus ihrer Erstarrung. Plötzlich hatte sie ihre gebückte Haltung vergessen, sie stand jetzt aufrecht, fast kerzengerade.
Jeder wartete darauf, daß die Oberin die Tür aufzog, und sie tat es auch. Dabei ging sie langsam vor, überstürzte nichts, als wäre sie selbst eine Regisseurin, die alles zuvor genau geplant hatte.
Die Gittertür öffnete sich unter einem leisen Quietschen. Vier Augenpaare schauten aus dem Innern des Käfigs in diese Richtung. Nur der fünfte Mann umklammerte noch immer die Stäbe. Er war aber trotz des Halts davor zusammengesunken, die Nonnen hatten schon dafür gesorgt, daß sich ihre Körper schwächten.
Die Oberin betrat den Käfig selbst nicht, sondern ging zurück. Aber sie schickte noch ihre Botschaft hinein, und die war nicht eben fröhlich oder
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