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0952 - Nacht über New Amsterdam

0952 - Nacht über New Amsterdam

Titel: 0952 - Nacht über New Amsterdam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borner
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der Leichenraub war aufgeklärt. Und der Rest?
    Ehe er sich's versah, hatte Zamorra seine Hose vom Stuhl neben dem Beistelltisch genommen und sein Tendyke-Handy aus der Tasche gefischt. Zwei Handgriffe später suchte er im Netz: Bockenheim + Leisler.
    Was er fand, überraschte ihn zutiefst. Jacob Leisler, 1640 bis 1691, war einst Gouverneur von New York gewesen, als dieses noch überwiegend in holländischer Hand und als New Amsterdam bekannt gewesen war. Der gebürtig aus Bockenheim bei Frankfurt am Main stammende Mann, der sich besonders dem Proletariat verbunden fühlte, war wegen der Umstände seines Todes nie in Vergessenheit geraten. Erzürnt über die Folgen der Glorreichen Revolution in England, widersetzten sich Leisler und seine Anhänger der Herrschaft Jakobs II. und besetzten ehemalige Bastionen der Krone in den späteren USA. 1689 erklärte er sich sogar eigenmächtig zu deren Oberhaupt.
    Doch die wahren Machthaber zögerten nicht. Als zwei Jahre später der korrekte Gouverneur eintraf, buckelte Leisler schnell, so wussten es die Websites zu berichten. Er verzichtete auf Amt und Würden, wurde aber als Hochverräter hingerichtet.
    Interessanter Stoff, aber wo ist die Relevanz? Was hat das mit meinem Rätsel zu tun?
    Als er es sah, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Mit einem Mal begriff er, was die ganze Zeit vor ihm geschwebt hatte.
    Merlins Stern… Natürlich!
    »Andy? Andy, stehen Sie auf! Wir müssen dringend nach Inwood! Zurück zum Anfang. Andy?«
    Aus dem angrenzenden Schlafzimmer erklang nur Stille. Zamorra erhob sich, schaltete das Licht an und sah den Zettel, den jemand mit klarem Klebeband an der Tür befestigt hatte.
    »Wollte Sie nach dem harten Tag nicht wecken«, stand darauf, und Zamorra stöhnte innerlich, als er es las. »Sie brauchen Ihre Kraft. Wenn Sie das hier sehen, kommen Sie nach Inwood, zum Prominentenfriedhof. Ich glaube, ich weiß, wo unser fehlendes Puzzleteil steckt. Andy.«
    ***
    Inwood Hill Memorial
    Der kleine Prominentenfriedhof im Norden der Manhattan-Insel lag noch in völliger Finsternis da, als Andy ihn betrat und seine Suche begann. Langsam und sorgfältig ließ er den Lichtkegel seiner Taschenlampe über die einzelnen Grabreihen gleiten, riss Steine und Kübel aus der samtenen Schwärze. Hüfthohe Steine aus weißem Marmor wechselten sich mit verwitterten Holzkreuzen, Engelsstatuen und an antike Tempel erinnernden Familiengräbern und Kleinstmausoleen ab, deren kunstvoll verzierte Dächer von elefantenbeindicken Säulen getragen wurden.
    Eiskalte Luft wehte vom nahen Hudsonufer herüber, strich durch das taufeuchte Gras und über Andys ungekämmtes Haar. Der junge Sergeant hatte sich nicht mit so trivialen Dingen wie der Morgenwäsche aufgehalten, bevor er seine Wohnung verließ. Dafür war immer noch Zeit, wenn Manhattan wieder sicher war - und damit dies geschah, brauchte er Gewissheit.
    Stundenlang hatte Andy wachgelegen, Zamorras gleichmäßigen Atemzügen im Nebenzimmer gelauscht und auf der Zimmerdecke das Licht der Scheinwerfer vorbeifahrender Autos verfolgt. An Schlaf war nicht zu denken gewesen, wenngleich Andy mehr als nur müde gewesen war. Diese ganze Sache hatte ihm einfach keine Ruhe gelassen. Wieder und wieder hatte sich sein Geist der Nacht verweigert und die Szenen des Tages erneut durchgespielt. Es hieß, ein echter Cop könne sein deduktives Talent nicht abschalten. Es arbeite immer, auch während der Freizeit. Nun, Andy hatte sich soeben als echter Cop erwiesen - vorausgesetzt, Inwood Hill präsentierte ihm, was er zu finden erwartete.
    Die Zombies kamen von hier. Ganz klar. Irgendetwas ging auf diesem Friedhof vor, das die Machenschaften eines J. Cameron Winston mühelos in den Schatten stellte. Kring mochte ein Leichenraub gewesen und längst von Winston entsorgt worden sein, aber Champlain hatte wieder gelebt! Obwohl er tot war. Und Champlains Körper war nach Dianes Autopsie hierher überführt worden, hatte in der hiesigen Leichenhalle auf den Tag seiner Bestattung gewartet.
    Der Schlüssel zu allem war Inwood Hill. Dieser Friedhof. Andy spürte es einfach. Alle Spuren führten hierher. Sein Cop-Instinkt sagte es ihm. Und sein Pflichtbewusstsein gegenüber den Bürgern Manhattans, die zu verteidigen er geschworen hatte, trieb ihn dazu an, selbst zu nachtschlafender Zeit und ohne sich die Zähne geputzt zu haben, auf dem Friedhof nach dem entscheidenden Hinweis zu suchen. Dem fehlenden Puzzlestein.
    Die Beben der letzten Tage hatten

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