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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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dieses Bösen. Ich bin sicher, er hat auch dich damit infiziert, genau wie deine Brüder - die ganze Brut!«
    Nele krümmte sich unter jedem Wort, als wären es Dolchstöße. »Herr, Ihr irrt. Mein Vater…«
    »Still!« Eine herrische Geste schnitt ihr das Wort ab. »Ich sehe mit meinen eigenen Augen, welche Verderbtheit sich hier eingenistet hat - und weiß, wer dafür verantwortlich ist. Er hat seine gerechte Strafe bekommen und wird in der Hölle braten, dein Herr Vater! Sieh dir diese verlorenen Schafe an!« Er zeigte zu den Gestalten in den Totenhemden. »Wir werden sie erlösen. Aber wir können sie vielleicht nicht mehr erretten. Dafür ist ihnen zu viel Schreckliches widerfahren. Sie werden deinem Vater im Fegefeuer Gesellschaft leisten, und sie werden ihn bis zum Jüngsten Gericht daran erinnern, was er ihnen angetan hat! Um dich, schönes Kind, kümmert sich der gute Wenzel persönlich - er hat es sich verdient. Die Knaben dort nehme ich mit mir. Ich mag… aber das willst du nicht hören.«
    Sie glaubte das schmierige Grinsen hinter dem Gewebe des Stoffes zu sehen , und für Nele stand außer Frage, wer hier das Urböse verkörperte, auch wenn sie zweifellos den mächtigsten Mann von Köln vor sich hatte. Den Erzbischof selbst, Dietrich I.!
    Sie schwankte unter der erdrückenden Last dessen, was sie hier schauen und erfahren musste. Fast ohne, dass es ihr bewusst wurde, hauchte sie: »Mutter! Wo ist Mutter?«
    Den Schritt, den sie von dem Vermummten abgerückt war, trat dieser nun vor, wobei er sich langsam, fast genüsslich, die Hände rieb. Er hatte feingliedrige lange Finger, wie manche Kunsthandwerker, sie waren mit Ringen geschmückt, einer prunkvoller als der andere.
    »Deine Frau Mutter. Ja. Sie zog den Weg der ewigen Verdammnis vor - was ein noch ärgeres Los bedeutet als das jener Unglückseligen dort.«
    Wieder folgte Neles Blick dem Fingerzeig des Erzbischofs, der zu den wandelnden Leichen wies.
    »Ein ärgeres?«
    »Sie hat sich auf feigste Weise ihrer Verantwortung entzogen, während du ebenso feige aus deinem Elternhaus geflohen bist, mein Kind. Sie schnitt sich selbst die Kehle durch - vor ihren Söhnen. Begreife, dass sie eine ebenso Verlorene war wie dein Vater. Begreife, dass ihr alle vom gleichen Geblüt seid.« Er gab Wenzel ein Zeichen. »Fangt an. Zerhackt und verbrennt die Ausgeburten, die dieser gottlose Alchimist erschuf! Danach schafft die Knaben auf dem üblichen Weg in meine Gemächer. Und mit ihr hier…« Lachend versetzte er Nele einen Stoß gegen die Brust, dass sie taumelte. »… macht, was Ihr wollt, werter Wenzel. Sie gehört Euch mit Haut und Haar!«
    Immer noch lachend drehte er sich um und stapfte hoch aufgerichtet zurück in die Schatten.
    »Ihr habt es gehört«, wandte sich Wenzel an seine Männer. »Macht schon - zerhackt sie! Und dann auf den Scheiterhaufen mit ihnen!«
    »Und der da?«, fragte jemand und zeigte auf Barnabas. »Er gehört nicht zu den Toten.«
    »Der Einäugige?« Wenzel zog einen Säbel aus seiner Gürtelscheide, trat mit schnellen Schritten zu Barnabas und stieß ihm die Spitze der Waffe mitten durchs Herz. Der Verwachsene sank mit einem Ausdruck sprachloser Verblüffung zu Boden. »Ist das tot genug?«, wandte sich Wenzel an den Fragesteller.
    Der Mann lachte fast so abscheulich, wie es kurz zuvor der Erzbischof getan hatte. Dann begannen er und seine Kameraden mit der Schlachterei.
    Als Wenzel sich wieder Nele zuwandte, stieß er einen Schrei aus, in dem sich Ärger und Enttäuschung mit Wut paarten.
    »Wo ist sie hin? Bei allen Heiligen!« Er wischte mit dem Säbel durch die Luft.
    Seine Männer wurden aufmerksam und hielten kurz in ihrem Gemetzel, das die Toten stumm ertrugen, inne. Auch ihre Blicke suchten nach Nele, schweiften in jede Richtung.
    Was umso verblüffender war, da Nele immer noch an derselben Stelle stand wie zuvor - und die Inquisitoren, allen voran Wenzel, ratlos anstarrte.
    ***
    Das Geschehen nahm immer groteskere Züge an.
    Nele sah, wie die Inquisitoren den Lagerraum durchsuchten, in alle Ecken und Winkel blickten. Dabei wurde deutlich, dass der Erzbischof selbst sich nicht mehr hier aufhielt. Er musste sich zurückgezogen haben, gegangen sein, sonst - daran hegte Nele nicht den geringsten Zweifel - hätte er sich längst eingemischt.
    Noch immer steckten Nele die Bilder in den Knochen, wie Barnabas umgebracht worden war und die angeblichen Toten, die durch die Halle streiften, mit scharfen Klingen niedergemäht

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