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0954 - Die Stunde des Pfählers

0954 - Die Stunde des Pfählers

Titel: 0954 - Die Stunde des Pfählers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Pfähler nicht mehr verdient hatte.
    Frantisek hörte sich schluchzen. Er spürte die Tränen in den kalten Augen. Das Bild vor ihm verwischte, aber die schrecklichen Geräusche blieben.
    Dann endlich hatte die Bestie die letzten Tropfen des Lebenssaftes getrunken. Sie drehte sich um, und so etwas wie ein zufriedener Laut drang aus ihrer Kehle.
    Marek richtete sich auf.
    Der Bandit rührte sich nicht. Er lag auf dem Rücken. Er war ausgeblutet. Er war nur mehr eine Hülle. In den Augen der Bestie glomm es auf, als sie sich umdrehte und den Pfähler fixierte. Er bewegte seinen Mund, ohne zu sprechen, weil er die letzten Tropfen ablecken wollte. Dann aber redete er doch. Stoßweise flüsterte er dem Pfähler seine Worte entgegen. »Es konnte nicht besser laufen für mich. Der Zug wurde angehalten. Ich habe alles gesehen. Es hat zwei Tote gegeben. Ganz vorn, die beiden.«
    Das mußten der Lokführer und der Heizer gewesen sein, dachte Marek.
    Dann hörte er wieder die rauhe und krächzende Stimme des Killers. »Ich konnte es nicht besser treffen. Ich habe Blut in der Nähe, viel Blut. Ich habe die Menschen gesehen. Sie werden länger bleiben und den Zug durchsuchen. Ich spüre auch das Hereinbrechen der Dunkelheit; sie wird mein großer Helfer sein.« Er winkte Marek mit seiner Pranke. »Ich könnte dich ebenfalls zerreißen, aber ich lasse mir Zeit. Niemand entkommt dieser Einöde, auch du wirst bleiben. Wo willst du auch hin? Wenn der neue Tag graut, wirst du ihn nicht mehr erleben, denn ich finde dich, egal, wo du dich versteckt hältst. Wir beide werden eine besondere Jagd veranstalten.«
    Frantisek Marek gab keine Antwort. Was hätte er sagen, womit hätte er sich auch wehren sollen? Er hatte ja erlebt, wie brutal diese Bestie mit Menschen umging, und trotz seines Pfahls kam er sich einfach nur hilflos vor.
    Die Bestie drehte sich zur Seite, damit sie wieder unter dem Loch stand. Sie warf einen Blick hoch.
    Kurz nur, aber der reichte aus. Mit einem gewaltigen Sprung katapultierte sie sich in die Höhe, als wollte sie durch das Loch in den Himmel rutschen. Auch wenn Marek schnell reagiert hätte, er wäre nicht dazu gekommen, den Pfahl in den Rücken der Mutation zu jagen.
    Das »Tier« war zu schnell.
    Zurück blieb Marek. Ein in der Seele verwundeter und geschlagener Mensch, dessen Grenzen aufgezeigt worden waren. Und nur deshalb konnte es auch zu gewissen Überlegungen kommen, gegen die sich Frantisek einfach nicht wehren konnte.
    Schlaff, müde, ausgelaugt, deprimiert. In seinem Körper spürte er jeden einzelnen Knochen, als wäre er geschlagen worden. Hinter der Stirn tuckerten die Kopfschmerzen. Sein linkes Handgelenk war blutverkrustet, das Gesicht sah an manchen Stellen sicherlich nicht besser aus. Er wirkte wie jemand, der gekämpft und verloren hatte.
    Das Wort verloren stimmte schon, aber er hatte nicht gekämpft. Dazu war es nicht mehr gekommen.
    Der tote Bandit lag vor ihm. Direkt in seinem Sichtbereich. Er hatte den jungen Mann noch warnen wollen, der aber war einfach zu stark mit sich selbst und seinem Vorhaben beschäftigt gewesen, um Rat anzunehmen.
    »Vorhaben!« flüsterte Marek. »Wie tief bin ich und sind bereits die anderen gesunken, daß ich einen verdammten Mord als ein Vorhaben ansehe und nicht als eine ruchlose, verbrecherische Tat? Da läuft einiges nicht mehr zusammen in dieser Welt. Da verwischen sich die Grenzen zu stark. Ich glaube, es ist nicht mehr meine Zeit…« Er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist sie nicht.«
    Marek wühlte sich hoch. Unter ihm knirschte das spröde Metall in den Säcken, die er als Stütze verwendete.
    »Vielleicht bin ich wirklich zu alt und tauge nur noch für den Friedhof.«
    Gebückt und etwas schwankend blieb er auf den einen. Er fuhr durch sein Haar, spürte den Druck des Eichenpfahls an der Seite und hätte die Waffe am liebsten fortgeworfen. Versager brauchen keine Waffen. Sie kamen auch so durch. Er hätte es vielleicht auch getan, wäre er nicht durch das Piepsignal gestört worden. Rasch hintereinander hörte er die Töne, und er wußte sofort Bescheid.
    In der Tasche des Toten steckte das Sprechgerät. Sicherlich wollte der Anführer der Horde wissen, warum er sich so lange nicht gemeldet hatte, und Marek überlegte, ob er anstelle des Banditen antworten sollte. Er wußte, daß er mit dem Feuer spielte. Aber wenn sie nachdachten und sich den Toten genau anschauten, konnten sie ihm den Mord nicht mehr in die Schuhe schieben.
    Auf der anderen

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