0956 - Die Schlangenfrau
Schnee hinterlassen, mal starr und genau abgebildet, dann wieder schwächer, als wäre sie an bestimmten Stellen gerutscht.
Außerdem waren die Spuren nicht nur im Vorgarten vorhanden, sondern auch in dem normalen, und dort bewegten sie sich jenseits der Büsche genau auf das Fenster von Johnnys Zimmer zu.
»Jetzt kannst du sehen, Dad«, flüsterte der Junge, »daß ich mich nicht geirrt habe.«
Bill lachte leise. »Ich habe dir auch so geglaubt, da brauchst du dir wirklich keine Sorgen zu machen.«
»Was machen wir denn jetzt?«
Bill war neben einem Abdruck stehengeblieben, der sich bereits nahe des Hauses abmalte. »Nichts weiter, Johnny. Wir können nichts tun. Wir müssen darauf warten, daß sie sich zeigt.«
Johnny schaute seinen Vater an. »Dann glaubst du noch, daß sich die Frau hier in der Nähe aufhält?«
»Selbstverständlich.«
»Und weiter?«
»Nicht nur du bist in Gefahr, Johnny, sie wird sich auch auf uns konzentrieren wollen.«
Johnny raufte sich zwar nicht die Haare, aber wohl war ihm nicht dabei.. Er machte sich natürlich seine Gedanken. Die Vorwürfe stiegen automatisch in ihm hoch. Er hätte nicht mit seinem Freund gehen sollen, dann wäre alles nicht passiert.
Das ließ sich jetzt aber nicht mehr ändern. Er mußte achtgeben daß er sich wehren konnte, wenn sie erschien.
»Sie ist an dein Fenster herangetreten, wo du sie gesehen hast, Johnny.«
»Stimmt.«
»Dann müßte doch anhand der Spuren herauszufinden sein wohin sie sich gewandt hat.«
»Das denke ich auch. Aber…« Johnny schaute sich um, doch er schwieg.
Dafür schaute sich Bill in der Nähe um. Er wartete darauf, die Spuren zu entdecken, die diese Frau beim Weggehen hinterlassen hatte, doch er sah diesmal nichts. Sie schien weggeflogen zu sein, einfach in die Luft gestiegen und ab.
Natürlich waren in der Nacht nicht alle Stellen im Garten beleuchtet. Es gab genügend dunkle Flecken, die auch als Versteck dienen konnten.
Die wollte sich der Reporter allein anschauen und Johnny zuvor wegschicken.
Seine Hand lag bereits auf dem Griff der Waffe, um sie hervorzuziehen, als hinter der Scheibe der Schatten einer Frau auftauchte.
»Das ist ja Mum!« rief Johnny.
Sheila hatte das Zimmer bereits durcheilt und riß das Fenster mit einer heftigen Bewegung auf. Sie gab erst gar keine Erklärung ab, wollte auch keine Fragen hören, aber ihr Gesicht sprach Bände. »Bill, du sollst sofort ans Telefon kommen. Mein Gott…«
»Was ist denn los?«
»Ein Anruf - Judy Ganter. Sie - sie, Eric - er liegt tot vor ihrer Haustür…«
***
Ich schaute auf das zerschnittene Gesicht und auf den Schlangenkopf, der aus dem offenen Mund ragte und dabei sehr stark festgeklemmt war.
Das makabre und grausame Bild prägte sich mir deshalb ein, weil nichts, aber auch gar nichts zu übersehen war, denn die beiden Strahlen der Scheinwerfer waren gnadenlos. Unsere Kollegen von der Mordkommission hatten sie aufgebaut.
»Wer tut so etwas?« fragte Suko, der mich auf diesem abendlichen Einsatz begleitet hatte.
»Ich habe keine Ahnung. Aber es ist ein Fall für uns.«
Da widersprach mein Freund nicht. Ein anderer Freund hatte mich alarmiert.
Es war Bill Conolly gewesen. Während seines Anrufes hatte er nur Stichworte durchgeben können, aber Suko hatte ihn auf der Fahrt zurückgerufen, und so waren wir schon einigermaßen informiert worden und wußten vom Ausflug des Toten, den er zusammen mit Johnny unternommen hatte. Und wir waren auch über den Besuch dieser Schlangenfrau bei den Conollys informiert.
Das Haus der Ganters lag nur einige Ecken von dem der Conollys entfernt. Der tote Junge war mit Johnny in eine Schulklasse gegangen.
Im Haus hatte sich nur die Schwester aufgehalten, die Eltern machten Urlaub in der Schweiz.
Von Judy selbst würden wir zunächst nichts erfahren können. Der zuständige Arzt hatte ihr eine Beruhigungsspritze gegeben, und mit der Obduktion des Toten war noch nicht begonnen worden. So wußten wir nicht mal, wie Eric ums Leben gekommen war.
Er hätte durch einen Biß getötet, aber auch erstickt sein können. Das alles lag im Bereich des Möglichen.
Wir hatten uns die auf der Treppe liegende Leiche angeschaut. Den wenigen Spuren nach zu urteilen, war Eric Ganter hier abgelegt worden.
Aus eigener Kraft hatte er die Strecke nicht geschafft.
Um die Arbeit der Mordkommission nicht zu behindern, gingen wir ins Haus. Die Männer mit den glatten, emotionslosen Gesichtern und den oft müden Augen machten sich an die
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