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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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glatt vor den Blicken der am Ufer stehenden Frauen.
    Anna schaute über den dunklen Spiegel hinweg. »Komm nie wieder!« flüsterte sie. »Komm niemals wieder, verfluchter Satansdiener! Ich hasse dich, ich hasse dich, wie ich den Teufel hasse, Sei verflucht!« Die beiden letzten drei Worte hatte sie laut gesprochen, und sie waren auch von der letzten Nonne gehört worden.
    Die Oberin drehte sich um.
    Sie schaute in die blassen Gesichter der vor ihr stehenden Mitschwestern. Keine stellte eine Frage, aber sie sahen aus, als hätten sie sich schuldig gemacht. Anna schüttelte den Kopf. »Nein, es war das, was wir haben tun müssen. Dieser Henker war ein Diener der Hölle. Soll er im Feuer schmoren für alle Zeiten. Soll er leiden und jammern und soll er wissen, daß es für ihn keine Erlösung gibt. Wir haben unsere Pflicht getan, meine Schwestern, und ich weiß, daß uns der Allmächtige verzeihen wird. Und jetzt werden wir gehen.«
    Schweigend verließen sie den Ort und machten sich auf den Rückweg ins Kloster. Nicht einmal schauten sie zurück. Was hinter ihnen lag, sollte für alle Zeiten vergessen sein.
    Im Kloster selbst nahm ihnen die Oberin noch einmal das Schweigegelübde ab.
    Und tatsächlich drang nie ein Wort über die Lippen der frommen Frauen.
    Anna aber wurde von ihrem Gewissen geplagt. Auch sie schwieg, aber sie spürte plötzlich den Drang, all das aufzuschreiben, was ihr und ihren Schwestern widerfahren war. Und damit hatte sie für die Nachwelt ein schreckliches Dokument hinterlassen…
    ***
    »Geben Sie mir noch einen Schluck Whisky, Mr. Sinclair, ich kann ihn vertragen.«
    »Ja, natürlich, Schwester.« Sie bekam einen Doppelten, den sie zur Hälfte trank. Dann stellte sie das Glas weg und schüttelte sich.
    »Ich bin es nicht gewohnt, Alkohol zu trinken oder nur in großen Ausnahmefällen.«
    »Ist so ein Fall nicht eingetreten, Schwester?«
    »Ja, das ist er wohl.«
    Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück. Den toten Lord hatten wir beide vergessen. Er war bereits Vergangenheit, so leid es mir auch tat, wir mußten uns um die Zukunft kümmern und durften dabei die Vergangenheit nicht vergessen. »Sie wissen also Bescheid, weil Sie die Auf Zeichnungen der Oberin Anna gefunden haben.«
    »So ist es, Mr. Sinclair. Aber nicht nur ich weiß Bescheid. Jede meiner Vorgängerinnen war darüber informiert.« Sie hob die Schultern. »Aber wie das so ist, wenn viel Zeit ins Land geht, wird auch viel vergessen. Man war informiert, aber man reagierte nicht, und irgendwann wurden die schrecklichen Untaten ganz vergessen.«
    »Ein Fehler.«
    »Sicher, denn dieser Henker hat ja meiner Vorgängerin versprochen, daß die Hölle ihn rächen würde. Er stand unter dem Schutz des Teufels, und dabei wird es bleiben.«
    Ich runzelte die Stirn und gestattete mir ein Lächeln. »Das will ich nicht hoffen, Schwester.«
    »Nicht?« Sie fragte es skeptisch. »Was wollen Sie denn dagegen tun, Mr. Sinclair?«
    »Den Fluch zerbrechen.«
    »Dann werden Sie gegen den Henker kämpfen müssen. Wissen Sie das?«
    »Das weiß ich.«
    »Und das trauen Sie sich zu?«
    »Es ist meine Arbeit oder Berufung, wie immer Sie es nennen wollen. Tatsache ist, daß der Fallbeil-Mann wieder zurückkehrte und sich seine Opfer holte.«
    »Ja, uns Nonnen.«
    »Wundert Sie das?«
    »Nein, Mr. Sinclair, das wundert mich nicht mehr, denn jetzt weiß ich Bescheid. Aber wie wollen Sie ihn vernichten? Sie müssen warten, bis er hier erscheint, und das liegt ganz allein in seiner Hand. Ich denke mir, daß er bereits Bescheid weiß und…«
    »Das glaube ich auch. Und er weiß auch, daß ich nicht gehe, solange es ihn noch gibt. Deshalb wird er sich mir stellen. Er wird versuchen, mich auf sein Fallbeil zu legen und zu köpfen. Darauf warte ich. Aber davon abgesehen, jetzt ist mir auch klar, welche Rolle dieser Carlos spielt. Nur hat der Henker gegen ihn gewonnen, denn einen Frieden hat auch Carlos nicht finden können.«
    »Dabei habe ich es ihm gewünscht. Ich weiß auch nicht, wie er das hat schaffen können, aber…«
    Da meldete sich das Telefon. Man war dieses Schrillen oder harte Klingeln nicht mehr gewohnt, und ich zuckte ebenfalls zusammen, als ich das Geräusch hörte.
    Die Oberin war klein geworden, als wollte sie sich in ihren Stuhl verkriechen.
    »Wer kann das sein?« hauchte sie.
    Ich stand auf. »Keine Sorge, das werden wir gleich haben.«
    Nach dem vierten Klingeln hatte ich den Hörer abgenommen und schrak abermals zusammen, als ich die

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