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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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von der Oberin an die Hand genommen und in das dämmrige Dunkel der Gänge hineingeführt. Beinahe karri ich mir vor wie auf der Geisterbahn, denn aus dem Dunkel konnten jeden Augenblick irgendwelche Gestalten auftauchen und mich überfallen.
    Stimmen waren nicht zu hören. Die dicken Mauern hielten sie ab. Aber zwischen den Wänden lag eine Spannung, die ich als sensibler Mensch durchaus wahrnahm.
    Der Gang machte einen Knick. Wir erreichten eine Tür. Die Oberin stieß sie auf. Dahinter lag wieder ein Gang, aber schmaler als der erste. »Er führte direkt in den Garten«, flüsterte sie.
    »Schade, daß es keine Fenster gibt«, sagte ich leise.
    »Darauf hat man damals verzichtet. Der Tunnel hier diente auch mehr als Fluchtweg, bei Gefahr. Es gibt hier noch eine Luke, da können wir dann in einen Tunnel steigen.«
    »So ist das. Darf ich trotzdem Licht machen?«
    »Ja, versuchen Sie es.«
    Die kleine Lampe spendete genügend Licht. Rechts und links von Uns begleitete uns feuchtes Mauerwerk, aber ich sah auch die Tür, die den Gang abschloß.
    »Dahinter liegt der Garten, Mr. Sinclair.«
    »Gut, Oberin. Tun Sie mir bitte einen Gefallen und bleiben Sie zurück. Es ist besser.«
    »Aber ich will den Henker tot sehen. Das bin ich meiner Vorgängerin schuldig.«
    »Sicher, Schwester, doch das übernehme besser ich. Einverstanden?«
    »Wie Sie wünschen.«
    Ich hatte die Tür schon erreicht. Die schmale Klinke ließ sich nur schwer nach unten bewegen. Zudem quietschte sie ziemlich laut.
    Schon der schmale Spalt ließ mich in eine andere, eine fremde Welt schauen, denn die Finsternis der Nacht war von einem blutroten Licht vertrieben worden, das wie ein zähes Gespenst über dem Klostergarten hing. Eine natürliche Lichtquelle gab es nicht. Es war die Kraft der Hölle, die des Unheimlichen, die dafür sorgte, daß dieser Garten erleuchtet wurde. Die Tür zog ich weiter auf, sah das Fallbeil, wie es sich drohend in den Himmel reckte.
    Die Klinge selbst schimmerte stählern, blank und ebenfalls leicht rot angehaucht.
    Sie wartete auf Opfer, auf Blut.
    Und ich sah den Henker. Er überragte die Nonnen, die sich im Garten aufhielten, der Guillotine gegenüberstanden und sich vor Angst zusammengedrängt hatten. Auch einen Körper entdeckte ich nahe des Fallbeils. Er lag am Boden und bewegte sich nicht. Ich ging davon aus, daß ihm sogar der Kopf fehlte.
    »Niemand?« hörte ich die dumpf klingende Stimme des Henkers, der seinen Platz am Fallbeil verlassen hatte und auf die Nonnen zukam. Ich konnte mir sehr schnell zusammenreimen, um was es hier ging. Er wollte ein Opfer haben, und er verlangte, daß sich jemand freiwillig meldete.
    Das tat keine der frommen Frauen.
    »Gut, dann werde ich mir die erste holen!« sagte er und ging noch schneller…
    ***
    Aber auch ich blieb nicht mehr in der Türöffnung stehen. Plötzlich hatte ich es eilig, denn bis zum Fallbeil-Mann mußte ich eine relativ große Entfernung zurücklegen.
    Auf halber Strecke - der Henker hatte die Nonnen beinahe erreicht - hörte ich meine Stimme. »Ich melde mich freiwillig, Bucheron! Ja, ich, ein Mann - und keine Frau!«
    Ich hatte sehr laut gesprochen, und meine Stimme war sicherlich bis in den letzten Winkel des Klostergartens zu hören gewesen, aber eine Reaktion erfolgte kaum. Abgesehen davon, daß der Henker stehenblieb, weil er einfach zu überrascht war.
    Ich blieb nicht stehen, sondern ging weiter. Passierte die schweigenden Nonnen an der rechten Seite, stieg über Beete hinweg und schabte mit meiner Jacke an den Zweigen der Beerensträucher entlang.
    Als mich der Henker sehen mußte, blieb ich stehen. Die Nonnen waren für ihn uninteressant geworden. Er hatte mir sein Gesicht zugedreht, das ich unter der Kapuze natürlich nicht sah.
    Nur die Augen waren zu erkennen, und das trotz der Dunkelheit. Sie waren dunkel, aber auch zugleich glatt, als hätte man sie regelrecht geschliffen.
    Wir waren Todfeinde.
    Das wußte er, das wußte ich. Und mein Erscheinen hatte den Henker verunsichert.
    »Du sagst nichts mehr?« fragte ich ihn. »Du wolltest doch einen Freiwilligen für dein Fallbeil haben. Gut, ich habe mich gemeldet. Ich bin da, du kannst versuchen, mich zu köpfen.«
    Daran dachte er nicht, sondern fragte: »Wer bist du? Woher kennst du meinen richtigen Namen?«
    »Bucheron?« Ich lachte in die Nacht hinein. »Das ist eine wirklich lange Geschichte. Ich habe keine Zeit mehr, sie dir jetzt zu erzählen, aber vergiß die anderen. Es gibt nur uns beide,

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