0963 - Der Verfluchte aus Atlantis
gehen.«
»Dann los!«
Es gab da einen schmaleren Weg, der nicht mit Kies bestreut und auch nicht asphaltiert war. Der letzte Regen hatte seine Feuchtigkeit hinterlassen, und wir sahen auch zahlreiche Pfützen, deren Oberflächen ölig schimmerten. In denjenigen, die nicht im Schatten lagen, spiegelte sich das Sonnenlicht.
Die Bepflanzung änderte sich. Waren wir zuvor durch ein sehr lichtes Gebiet gegangen, so hatten wir nun einen Teil des Friedhofs erreicht, der sehr alt sein mußte. Die Gräber wurden nicht mehr gepflegt. Auf den Steinen und Kreuzen lag eine dicke Schicht aus Moos und Pflanzenresten. Dorniges Buschwerk hatte sich ausbreiten können und bildete oft einen Wall, den so leicht keiner durchbrechen konnte.
Als ich stehenblieb, stoppte auch Suko. Dabei zeigte ich auf einen bestimmten Punkt jenseits einer beinahe vollständig mit Efeu zugewachsenen Grabstelle. »Da«, sagte ich nur.
Suko lächelte. »Gute Augen, John, das muß es tatsächlich sein.«
»Das ist sie auch«, behauptete ich.
Wir beide hatten die Spitze der Pyramide gesehen, die alle anderen Grabmale überragte. Zumindest von der Farbe her fiel sie nicht besonders auf. Ihre Steine waren braungrau geworden. Die Spitze kam uns sogar leicht abgeflacht vor.
Wir machten uns wieder auf den Weg, und wenig später sahen wir die ersten Spuren.
James Jarrel und seine Helfer hatten in der Nacht, um an das Grabmal heranzukommen, das dornige Brombeergestrüpp nach unten getreten. So hatten wir es einfacher, die Stätte zu betreten.
Spitzhacken, Spaten und Schaufeln lagen noch dort, wo die Männer sie hatten fallen lassen. Es war auch ein kleines Loch ausgehoben worden, bis ihnen eingefallen war, daß auf diesem Grund kein normaler Grabstein stand, sondern etwas, das an die Pharaonengräber aus Ägypten erinnerte.
Auch jetzt, als wir direkt davor standen, konnten wir es kaum fassen. Ein altes Grabmal auf einem Londoner Friedhof. Es deutete auf ein ägyptisches Andenken hin, aber das mußte es nicht unbedingt sein. Erst wenn wir das Innere ausgekundschaftet hatten, wußten wir möglicherweise mehr.
Vor dem Eingang blieben wir stehen und atmeten auf, weil er noch offen stand. Die schwere Steintür hatte den Zugang nicht wieder verschlossen.
Wir konnten bereits in das Grabmal hineinschauen, aber nicht viel sehen, weil die Dunkelheit dort noch stärker war, als das nach innen sickernde Tageslicht.
»Was denkst du?« fragte mich Suko, als er mich auf den Zugang starren sah.
Ich hob die Schultern. »Nicht viel. Aber James Jarrel hat recht behalten. Zumindest bis zu diesem Zeitpunkt.«
»Ja. Und weiter?«
»Was soll das? Laß uns erst mal reingehen, dann wirst du vielleicht eine Antwort bekommen.«
Suko blieb hart. »Wer hat es gebaut, John? Es muß doch jemanden gegeben haben, der die Pyramide hier hinsetzte und auch dieses Skelett hineingelegt hat.«
Ich hob die Schultern.
»Weißt du nichts, oder willst du nichts sagen?«
»Es wäre nur spekulativ.«
»Gut.«
Ich ließ meinen Freund vorgehen. Er zog den Kopf ein und betrat die Pyramide. Wenig später hatte auch ich die Schwelle überschritten. Ich stand ebenso stumm da wie mein Freund, nahm dabei auf, was die Augen sahen, und merkte, daß meine Gedanken dabei allmählich anfingen zu kreisen.
Es war wirklich eine andere und auch makabre Welt, die wir hier sahen, denn eines stimmte schon mal. Da hatte uns der gute Jarrel nicht angelogen.
Der offene Sarkophag interessierte uns momentan nicht. Zwischen ihm und der Seitenwand lagen die beiden Skelette.
Fleischlos, hautlos. Leere Augenhöhlen. Leere Mundhöhlen und auch Löcher, wo sich mal die Nasen befunden hatten.
Mir rann ein Schauer über den Rücken, als ich daran dachte, daß die beiden noch in der letzten Nacht normale Menschen gewesen waren. Nun sahen wir sie als makabre Gerippe vor uns liegen.
Das war nicht so schnell zu verkraften.
Natürlich dachten wir über die Gründe nach. Jarrel hatte uns ja einiges erzählen können, aber erklärbarer war es noch nicht gewesen. Hier mußte eine gewaltige magische Kraft mit im Spiel gewesen sein.
Der Gedanke war eine logische Folge, und ich schaute mir deshalb auch die Wände genauer an.
Von den Malereien dort hatte Jarrel ebenfalls berichtet. Trotz seiner Furcht hatte er sie noch gut in Erinnerung behalten. Wir sahen tatsächlich die Vogelmenschen und im Hintergrund - schwächer gemalt - die schwarzen Vampire, riesige Flugmonster, die vor sehr, sehr langer Zeit auf einen Anführer
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