0963 - Der Verfluchte aus Atlantis
hast gut reden. Wer, zum Henker, sollte es denn öffnen?«
»Jemand von der anderen Seite.«
»Zum Beispiel.«
»Das ehemalige Skelett kommt ja wohl nicht in Frage. Es hält sich in unserer Welt auf. Und ob die Pyramide tatsächlich ein Tor in die Vergangenheit ist, wage ich zu bezweifeln.«
Suko dachte einen Moment nach. Er hatte die Lampe ausgeschaltet, um die Batterie zu schonen.
Seine Stimme hörte sich in der Dunkelheit dumpfer an. »Oder aber…« Er lachte. »Möglicherweise wird diese Pyramide selbst ein Stück Vergangenheit. Denk mal an früher. An die Pyramide des Wissens, die ja nun verlorengegangen ist. Könnte es nicht so etwas Ähnliches sein? Eine Art durch Magie betriebene Zeitmaschine, die rein zufällig auf diesem Friedhof gelandet ist? Möglicherweise wäre dieser Alte irgendwann wieder abgeflogen. Er hat nur eine Pause, einen kurzen Zwischenstopp eingelegt. Deshalb ist dieses besondere Grabmal den Besuchern nicht aufgefallen.« Suko gönnte sich ein leichtes Lachen. »Oder spinne ich jetzt? Was meinst du?«
»Keine Ahnung, ob du spinnst, Suko. Ich sage zunächst einmal gar nichts dazu. Möglich ist alles. Da brauchen wir nur daran zu denken, was wir schon erlebt haben.«
»Sehen wir es also positiv: Der Sauerstoff in unserem Verlies reicht schon für eine Weile.«
»Wie tröstlich.«
»Jedenfalls geht es uns besser als Menschen, die in einem Fahrstuhl eingeschlossen sind. Da kann es schon eng werden.«
Da gab ich ihm recht. Aber ich fand einfach nicht die Ruhe wie mein Freund, der noch immer auf dem Rand des Sarkophags saß. Ich mußte herumgehen und brauchte Licht. Zudem wollte ich nicht über die beiden Skelette stolpern.
Die Malereien auf den Wänden wirkten im Licht meiner Lampe anders. Viel bleicher, als hätte der helle Strahl Teile der Farben aufgesaugt. Deutlich waren die Vogelmenschen zu erkennen, die einmal den Eisernen Engel als Anführer gehabt hatten. Alle waren sie vernichtet worden. Aufgerieben in mörderischen Kämpfen, und nur der Eiserne Engel hatte überlebt. Er existierte auch heute noch und lebte zusammen mit Kara und Myxin bei den Flammenden Steinen, einem Ort, der in einer magischen Schutzzone lag und für menschliche Augen unsichtbar war. Man konnte ihn nur durch transzendentale Reisen erreichen, was wir allerdings schon oft erlebt hatten.
War das eine Hoffnung?
Ich befreite mich von diesem Gedanken, um möglicherweise nicht zu stark auf die falsche Karte zu setzen. Statt dessen sah ich sehr bald die unheimlichen Wesen. Riesige Fledermäuse, auf denen Menschen sogar reiten konnten.
Es waren die schwarzen Vampire, und sie hatten einmal Myxin, den Magier, als Anführer gehabt. Er hatte sich schließlich gegen den mächtigsten Dämon damals - den Schwarzen Tod - gestellt und den Kampf verloren. Der Schwarze Tod hatte ihn nicht vernichtet, aber in einen Tiefschlaf versetzt, aus dem ich ihn nach mehr als zehntausend Jahren geweckt hatte.
Klang wie ein Märchen, aber das hatte ich alles durchlebt und auch durchlitten.
Myxin war dann über seinen eigenen Schatten gesprungen und hatte die Seiten gewechselt. Er war jetzt ein Verbündeter der Schönen aus dem Totenreich, wie Kara genannt wurde, ebenfalls eine Person aus Atlantis und Tochter des mächtigen Weißen Magiers Delios.
Mit beiden verstanden wir uns gut. Wir waren befreundet, aber wir hatten lange nichts mehr von ihnen gehört. Kein Wunder, denn sie griffen nur ein, wenn ihre eigenen Interessen berührt wurden, die mit Atlantis in Verbindung standen.
Dieser Fall war möglicherweise jetzt eingetreten, da ich hier auf der Wand die Hinweise sah, die den alten und längst versunkenen Kontinent betrafen.
Ich war mir auch sicher, daß zwischen diesen Wänden noch eine rätselhafte Kraft steckte. Wie sonst hätte die verdammte Steintür zufallen können?
Dieses Bauwerk barg sicherlich noch einige Geheimnisse. Konnten wir sie enträtseln?
Und welche Rolle spielte dabei der geheimnisvolle Alte, der aus dem Skelett entstanden war?
Keine Ahnung. Ich hatte nicht mit ihm gesprochen und auch keine Erklärungen bekommen. Daß er aber frei war und möglicherweise durch London irrte, lag mir schon im Magen. Aus Jarrels Erzählungen wußten wir, daß er keine Rücksicht kannte. Er hatte sich genommen, was für ihn wichtig war. Zwei Leichen hatte er bereits auf dem Gewissen.
Andere Motive fand ich nicht auf der Wand. Keine Malerei vom Schwarzen Tod oder einem anderen Dämon. Aber auch nichts Positives, es war nur
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