0964 - Blutfehde
wissen.
»Früher gab es noch andere Mieter«, ließ sich Seagrove vernehmen. »Aber Gillingham hat sie alle nach und nach rausgeboxt, der ganze Kasten gehört jetzt ihm allein.«
Zamorra warf dem Chief Inspector einen Seitenblick zu.
»Nichts für ungut«, sagte er dann, »aber diesmal bleiben Sie wirklich besser draußen. Wir haben keinen Schimmer, was uns da drin genau erwartet und Ihre Dienstwaffe nutzt uns gegen Werwölfe nichts, das ist Ihnen doch klar, oder?«
Seagrove verzog das Gesicht. Er wusste natürlich, dass Zamorra recht hatte, aber solcherart zur Untätigkeit verdammt zu werden, schmeckte ihm gar nicht. Dennoch stimmte er schweren Herzens zu. Dabei rutschten seine ohnehin schon hängenden Mundwinkel noch ein Stückchen tiefer gen Erdboden.
»Alles klar«, sagte er. »Ich halte hier unten die Stellung. Wenn ich den Eindruck habe, dass etwas schiefläuft, kümmere ich mich um Verstärkung.«
Zamorra nickte. Offenbar war er erleichtert, dass der Inspector nicht aus übertriebenem Pflichtbewusstsein auf einer Teilnahme an der Mission bestand.
Er wandte sich wieder Paul zu. »Sollen wir?«
Der Werdingo nickte und gemeinsam traten sie auf den Eingang zu. Die breiten Glastüren öffneten sich automatisch. Das Foyer des Gebäudes war völlig menschenleer. Nicht einmal ein Pförtner war zu sehen. Am gegenüberliegenden Ende der Halle befanden mehrere Fahrstühle, die in die oberen Geschosse führten.
Paul überlegte einen Moment. »Nehmen wir die Treppe«, entschied er dann. »Im Lift sitzen wir wie Ratten in der Falle!«
»Ja, Sie haben recht«, stimmte Zamorra zu. Beim Gedanken, eventuell im Fahrstuhl stecken zu bleiben, schien offenbar auch ihm unbehaglich zu werden.
Nicole ließ ihren Blick umherwandern. Rechts von den Aufzügen konnte die Französin eine unscheinbare Tür erkennen, die ins Treppenhaus des Hochhauses führte.
»Hier geht's lang«, verkündete sie triumphierend und erntete ein Lächeln von Zamorra.
Paul musterte derweil interessiert eine Schautafel, die einen Übersichtsplan der einzelnen Stockwerke enthielt.
»Gillingham hat im obersten Stockwerk Büroräume und ein Penthouse«, erklärte er schließlich. »Ich schätze, dort werden wir ihn finden.«
Schon drängte sich der junge Werdingo an den beiden Dämonenjägern vorbei und verschwand im Treppenhaus. Paul spürte, wie sich Zamorras Blicke an dem Rucksack festsaugten, den er auf dem Rücken trug.
»Was haben Sie da eigentlich drin?«, fragte der Parapsychologe interessiert.
Paul lachte grimmig. »Eine Überraschung für Gillingham«, antwortete er dann. »Von meinem Vater persönlich. Ich bin gespannt, wie sie ihm gefallen wird.«
Er gab seinen Leuten einen Wink und leitete dann übergangslos den Verwandlungsprozess ein. Seine Männer taten es ihm gleich.
»Kommen Sie mir da oben nicht in die Quere, Zamorra«, erklärte er noch, bevor er sich knurrend herumwarf und mit seiner Meute die Treppe hinaufzustürmen begann. »Das hier ist eine Familienangelegenheit!«
***
Die Bürotür öffnete sich mit einem leisen Quietschen. Die Silhouette einer langbeinigen Blondine zeichnete sich im Türrahmen ab.
John Gillingham blickte auf. Er war allein. Seine prominente Gefangene hatte er längst an einen anderen Ort schaffen lassen. Als er seine Assistentin erkannte, nickte er wohlwollend.
»Was gibt es, Alicia?«, fragte er.
Entweder war er zu sehr in Gedanken versunken gewesen, um ihr Anklopfen zu hören, oder sie hatte schlichtweg darauf verzichtet.
»Wir haben Besuch«, erklärte sie knapp. »Sie sollten sich das einmal näher ansehen.«
Gillingham zog eine Augenbraue hoch. Die Stimme der Blondine klang eigenartig drängend. Plötzlich fühlte er sich alarmiert.
Während Alicia im Türrahmen stehen blieb, wandte sich Gillingham dem großen Monitor auf seinem Schreibtisch zu. Seine Finger huschten über den Touchscreen. Übergangslos öffneten sich mehrere neue Fenster auf dem Bildschirm und blendeten die aktuellen Bilder der zahlreichen Überwachungskameras des Gebäudes ein.
Der Werwolf grinste teuflisch, als er Paul LaGrange und seine Dingo-Meute erkannte, die durch das Treppenhaus hetzten. Aber schon im gleichen Moment erstarrte seine Miene.
»Sieh mal an«, murmelte er, als er das Pärchen betrachtete, das sich auf den Fersen der Dingos befand. Die Frau trug einen hautengen Lederdress, während ihr männlicher Partner in einen blütenweißen Anzug gekleidet war. Beide hielten futuristisch aussehende Schusswaffen
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