0964 - Königin der Toten
Sicherheit?«
»Schau sie dir doch an. Sie sieht ziemlich modern aus, will ich mal sagen. Und auch die Kleidung deutet nicht eben auf den versunkenen Kontinent hin. Durch den Stoff schimmerten die Umrisse eines Slips, und das Oberteil erinnerte mich mehr an einen Bademantel. Außerdem habe ich einen leichten Duschgelgeruch wahrgenommen. Ich kann mir durchaus denken, daß man sie entführt hat, als sie aus dem Bad oder der Dusche gekommen ist.«
So ganz wollte ich das nicht unterschreiben und sagte: »Spekulierst du da nicht etwas zu weit?«
»Wir werden es von ihr erfahren, wenn sie aufwacht.«
»Wenn…« Ich dachte dabei an den Zustand der anderen. Diese Frau mit den weißblonden Haaren bewegte sich ebenfalls nicht. Der alte Sarkophag schien wie geschaffen für sie zu sein.
Da Suko nicht weitersprach, beugte ich mich vor, um sie zu untersuchen, wie ich es schon bei Kara getan hatte. Parallelen gab es nur, was die Äußerlichkeit anging. Ansonsten stellte ich schon fest, daß diese Person eigentlich nur schlief und nicht in eine tiefe Trance gefallen war.
Ich tätschelte ihre Wange. Der Kopf bewegte sich dabei. Aber die Augendeckel flatterten von allein.
Der Mund öffnete sich ebenfalls, um einen seufzenden Atemzug abzugeben.
»Faß mit an, Suko! Ich möchte sie aus dem Sarkophag haben. Sonst erschrickt sie sich womöglich noch zu Tode, wenn sie plötzlich merkt, wo sie gelegen hat.«
Mein Freund faßte sofort mit an. Er hob die Beine der Unbekannten hoch, während ich vorsichtig die Schultern umfaßte. Die junge Frau war leicht, wir schafften es ohne große Kraftanstrengung, und während wir sie noch trugen, schlug sie die Augen auf.
Ich schaute dabei von oben her in ihr Gesicht, sie sah mich von unten an.
Die Augenfarbe war blaugrau, wie ich mehr nebenbei feststellte. Ansonsten drückte ihr Blick Verwirrung und Furcht aus.
»Wir schaffen sie raus.«
Damit war Suko einverstanden. Bevor die Fremde überhaupt merkte, was mit ihr geschah, hatten wir die Pyramide schon verlassen und legten die Unbekannte auf den dichten Grasteppich.
Wir selbst setzten uns neben sie. Natürlich waren wir verlegen. Es fiel uns nicht leicht, sie anzusprechen, aber auch sie hatte ihre Probleme. Sie bewegte den Kopf mal nach rechts, dann wieder nach links. Mit Suko und mir konnte sie nichts anfangen. Aber sie fand sich allmählich wieder zurecht und dachte auch daran, wie spärlich sie nur bekleidet war, deshalb raffte sie den Stoff des dünnen Bademantels vor ihrer Brust zusammen, bevor sie die erste Frage stellte. »Wer sind Sie?«
»Zwei, die es gut mit Ihnen meinen und sich in einer ähnlichen Lage befinden wie Sie.«
»Wie ich?«
»Ja.«
»Gehören Sie auch zu ihm?«
»Wen meinen Sie damit?« fragte Suko.
Die Frau überlegte. Sie strengte sich dabei an, dann floß aus ihrem Mund ein Stöhnen. Plötzlich lag Schweiß auf ihrem Gesicht. Ihre Angst wurde größer. »Er hat mich geholt. Er ist aus dem Spiegel gekommen, als ich mit dem Duschen fertig war. Es war ein Monster, ein schreckliches Wesen und…«
»Haben Sie es vorher schon mal gesehen?«
»Nein.« Sie starrte mich an. »Es kam völlig überraschend. Ich habe damit nicht rechnen können.«
»Dann sind Sie also entführt worden.«
»Ja, Mister. Durch den Spiegel hindurch bin ich weggeschafft worden.« Nach diesem Satz versteifte sie wie jemand, der sich erst im nachhinein über seine Worte im klaren wurde und nun hoffte, daß ihm auch geglaubt wurde.
»Also durch ein Tor«, sagte Suko. »Sie brauchen uns nicht mehr zu erklären, wir kennen uns damit aus. Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir so etwas wie Schicksalsgenossen sind. Auch wir sind nicht freiwillig hergekommen. Da wir schon einmal zusammen sind, sollten wir uns alle vorstellen.«
Suko hatte mit sanfter Stimme gesprochen und auch ein Lächeln aufgesetzt.
So etwas schafft Vertrauen. Die Frau lächelte zurück, als sie sich aufrichtete. Sie blieb ebenso sitzen wie wir, denn die Erde war nicht nur weich, sondern sogar leicht angewärmt. Verwundert betrachtete sie die hohen Steine und hörte zu, wie Suko seinen und auch meinen Namen nannte, bevor er fragte: »Und wie heißen Sie?«
»Ich bin Iris Jarrel!«
Die Antwort hatte sie mit leiser Stimme gegeben, doch für uns beide war sie wie ein Donnerhall.
Wir zuckten zusammen, als hätten wir einen elektrischen Schlag erhalten. Beide schauten wir uns erstaunt an, was Iris nicht begriff, denn sie sagte: »Himmel, habe ich etwas Falsches
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