0964 - Königin der Toten
sie wieder in die Höhe, tanzte durch die Luft, als wäre sie nur ein Gebilde aus Papier, das sich vom Wind treiben ließ.
Das stimmte nicht, denn dieses Bauwerk besaß einen eigenen Antrieb. So etwas wie einen magischen Motor.
Über dem Platz zwischen den Steinen schwebte sie jetzt wie an einer Stahltrosse. Für uns sah es so aus, als wollte sie das Viereck zwischen den Steinen genau beobachten und sich nach einem Landeplatz umschauen.
Was wir nur dachten, trat ein, denn das steinerne Grabmal senkte sich dem Boden entgegen. Es flog nur sehr langsam und nahm sich bewußt Zeit. So zögerte es die Landung etwas hinaus.
Die Steine reagierten nicht. Sie blieben grau und kantig. Kein Leuchten erfüllte ihr Gefüge. Die Pyramide konnte sich ungehindert dem Boden nähern.
»Ich denke, daß es jetzt mit der Ruhe vorbei ist«, flüsterte Suko, als die Pyramide mit ihrer Grundfläche zwischen den Steinen aufsetzte. »Da kommt etwas auf uns zu.«
Noch immer strich ich über den Schwertgriff, ließ die Klinge aber stecken.
Das mächtige Gebilde zitterte nicht einmal nach. Wie ein Klotz stand es auf dem Boden.
Die Tür war geschlossen. Es geschah auch sonst nichts, was eine Veränderung herbeigeführt hätte.
Sie stand einfach nur da wie eine Königin, die dieses Gelände hier beherrschte.
»Das ist nicht gut, Suko, sie hat eigentlich unseren Platz besetzt. Diese Landung ist für mich ein Omen. Die Flammenden Steine gehören nicht mehr Kara, Myxin und dem Eisernen, hier hat jemand anderer die Macht übernommen.«
»Wer denn?«
»Einer, der mit Atlantis eng in Verbindung gestanden haben muß. Denk nur an die Malereien an den Wänden.«
»Das bringt uns jetzt nichts. Das Ding bleibt zu.«
»Es sei denn, wir ändern es.«
Suko wiegte den Kopf. »Ich würde erst einmal warten, John, weil ich einfach nicht daran glauben will, daß die Pyramide nur einen Ortswechsel hinter sich gebracht hat, ohne daß etwas passiert. Hier geht es weiter, John. Wir müssen uns nur in Geduld fassen.«
»Okay, machen wir das.«
Die Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Nach meinem Gefühl mußten bereits mehrere Minuten vergangen sein, ohne daß sich etwas getan hätte. Ich wollte auch nicht mehr länger warten und gab Suko durch ein Kopfnicken das Zeichen.
Er hatte nichts dagegen, und so bewegten wir uns gemeinsam auf das magische Rechteck zwischen den Steinen zu. Wir mußten nur wenige Schritte zurücklegen, und der wirklich weiche Rasen wirkte dabei wie ein tiefer Teppich.
Dann traten wir durch die breite Lücke zwischen den Steinen in das Innere der magischen Zone.
Nichts geschah. Keiner von uns nahm überhaupt wahr, daß er eine Grenze überschritten hatte. Auch die Pyramide sah wieder völlig normal aus. Da hatte sich nichts verändert. Sie stand auf der Stelle, und auch die Tür war verschlossen.
Suko hob den Arm. Er deutete auf einen winzigen Vorsprung. »Das ist der Hebel, John.«
»Okay, versuche es.«
Darauf hatte mein Freund gewartet. Er berührte ihn, drückte ihn nach unten, und wir beide warteten gespannt ab, was passieren würde. Das leise Kratzen deutete auf eine Bewegung der Tür hin, und tatsächlich öffnete sie sich.
Wieder schauten wir in den dunklen Raum, der sich nur allmählich erhellte. Auf dem Boden lagen die beiden Skelette nach wie vor unverändert. Der Deckel des Sarkophags hatte sich auch nicht verschoben. Die Malereien an den Wänden existierten ebenso. Es war alles unverändert, aber wir waren trotzdem vorsichtig, als wir die Pyramide betraten, und Suko blieb nahe der Tür stehen, denn noch einmal wollten wir nicht eingeschlossen werden.
Ich ging tiefer in das Grabmal hinein. Zuletzt warf ich einen Blick in den Sarkophag.
Da erwischte es mich wie ein Blitzschlag.
Er war nicht mehr leer!
In ihm lag eine junge, blonde, nur spärlich bekleidete Frau…
***
Die Überraschungen rissen einfach nicht ab. Suko, der meinen keuchenden Atemstoß hörte, war alarmiert und wollte wissen, weshalb ich so reagiert hatte.
»Sieh es dir selbst an.«
»Und die Tür?«
»Ach, vergiß sie.«
Suko stand sofort neben mir. Ich hatte ihm nichts gesagt und beobachtete ihn nur, als er nach unten starrte und sich sein Gesicht dabei verkantete.
»Ich irre mich nicht - oder?«
»Nein. Du siehst das gleiche wie ich. Im Sarkophag liegt eine blonde Frau, und ich weiß nicht, wer sie ist und wo sie hergekommen ist.«
»Bestimmt nicht aus der Vergangenheit«, meinte Suko, als er sich vorbeugte.
»Was gibt dir die
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