0964 - Königin der Toten
hörst du mich? Kannst du mich verstehen?«
Nichts an ihr bewegte sich. Nicht mal die Augendeckel zuckten als Zeichen, daß sie mich verstanden hatte. Ich nahm ihre Hand hoch und fühlte nach dem Puls.
Nichts!
Allmählich fand ich mich mit dem Gedanken ab, daß hier etwas Schreckliches passiert war, was ich aber nicht glauben wollte, und so ließ ich meine Fingerkuppe am Hals der Liegenden entlanggleiten.
Keine Reaktion, kein Puls. Ich konnte somit nur zu dem Ergebnis gelangen, eine Tote vor mir liegen zu haben. Aber das wollte ich nicht akzeptieren. Ich sah keine Wunde. Es gab auch keine Würgemale am Hals. Nichts, was darauf hindeutete, daß sie gewaltsam ums Leben gekommen war.
Natürlich gab es noch die Möglichkeit, daß sie vergiftet worden war. Aber Kara war sicherlich schlau genug, darauf nicht reinzufallen. Zumindest redete ich mir das ein.
Suko hatte sich inzwischen um Myxin und den Eisernen Engel gekümmert. Als er sich umdrehte, schaute er mich an und hob dabei die Schultern. »Nichts, John, kein Lebenszeichen habe ich entdecken können. Es ist wirklich wie verhext.«
»Ja, da sagst du was. Bei Kara ist es das gleiche. Im Bett liegt eine Tote. Das sollte man zumindest meinen. Aber ich will das nicht akzeptieren. Ich glaube es einfach nicht. Hier muß etwas anderes geschehen sein. Irgendeinem ist es gelungen, alle drei in einen tiefen Schlaf zu versetzen. In eine magische Trance.«
Suko gestattete sich ein Lächeln. »Wenn das zutrifft, können wir froh sein.«
Ich schaute mich in der Umgebung um. Hinweise auf einen gefährlichen Besuch entdeckte ich nicht.
Keine Spuren, nichts. Dieser Eindringling hatte alles genau gewußt und wunderbar getimt. Er kannte sich aus, und er mußte verdammt stark sein, denn leicht waren Kara, Myxin und auch der Eiserne Engel nicht zu überwinden.
»Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Pyramide und dem Gebiet bei den Steinen hier«, sagte Suko. »Sonst wären wir ja nicht hier gelandet. Und ich gehe davon aus, daß unsere drei Freunde möglicherweise demjenigen in die Hände gefallen sind, der einmal ein Skelett gewesen war und es jetzt nicht mehr ist. Oder siehst du das anders?«
»Auf keinen Fall.«
»Wunderbar, dann können wir ja weiterhin spekulieren.«
»In welche Richtung?«
»Wir sind jetzt die Chefs hier, John, und wir könnten doch die Kraft der Steine ausnutzen.«
Ich schaute ihn mit gerunzelter Stirn an. »Das mußt du mir erklären. Sollen wir eine Zeitreise unternehmen?«
»Nicht direkt. Nur denke ich auch an London. Wie oft haben wir schon erlebt, daß Dimensionen überwunden werden konnten, eben durch die Magie der Steine.«
»Wenn ich dich recht verstehe, sollte sich einer von uns auf die Reise machen?« fragte ich mit einem Lächeln, das aber auf meinem Gesicht erfror.
»Ja, das denke ich.« Er deutete auf meine Brust. »Du bist derjenige, der das locker schaffen kann, John. Nimm Karas Schwert und aktiviere die Kraft der Steine. Einen anderen Ratschlag kann ich dir nicht geben. Ich werde hier die Stellung halten.«
»Und ich würde in London landen?«
»Ja, davon gehe ich aus. Wie oft haben wir das schon durchgeführt. Daran brauche ich dich wohl nicht zu erinnern.«
»Nein, ist nicht nötig. Aber wir hatten auch Helfer dabei. Jetzt liegen die beiden hier wie tot.« Als ich das letzte Wort aussprach, durchschoß mich ein Schauer.
»Hast du einen besseren Vorschlag?«
Ich hob die Schultern. »Vergiß nicht, daß wir mit der Pyramide hergekommen sind, und ich weiß noch immer nicht, wer uns die Tür geöffnet hat. Bestimmt keiner von den beiden hier. Es könnte hier also eine andere Person geben, die wir bisher nicht gesehen haben.«
Suko stimmte zu. »Wenn wir von unserer menschlichen Logik ausgehen, John. Aber in diesen Grenzen zu denken, gefällt mir überhaupt nicht. Das läuft anders, davon bin ich überzeugt. Unser Denken ist viel zu begrenzt. So kommen wir nicht weiter, sage ich dir. Ich weiß ja nicht, was deine Meinung ist, aber…«
»Laß mal, Suko. Zumindest vorerst. Ich werde die Möglichkeit im Auge behalten, stufe sie allerdings als letzte ein.«
»Okay, dann nimm wenigstens das Schwert an dich. Du kannst es führen, zumindest war das früher so.«
Da hatte Suko nicht so unrecht, denn es war nicht ganz einfach, die Waffe zu führen, die Kara von ihrem Vater Delios als Erbe mitbekommen hatte. Nicht jeder schaffte es, die Waffe zu halten. Wer nicht zu den Gerechten gehörte, der würde es nicht mal fertig bringen, sie
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