0964 - Königin der Toten
lag der Verletzte und beobachtete ihn, schwieg allerdings. Das Sprechen bereitete ihm große Anstrengung, denn auch sein Mund hatte etwas abbekommen. Die obere Lippe war eingerissen. Aus ihr strömte das Blut besonders stark.
Mit einem Schrank oder einer Kommode konnte Sir James wenig anfangen. Er suchte darin nach irgendwelchen Waffen, und wenn es nur ein scharfes Messer war.
Durch das Fenster strömte die kühle Luft. Sie schaffte es aber nicht, den widerlichen Geruch zu übertünchen.
Schließlich hatte sich der Superintendent entschieden. Er zerrte einen Stecker aus der Buchse und hob die dazugehörige Stehlampe an. Ihr Fuß bestand aus Metall und war dementsprechend schwer.
Der lackierte Schirm kippte zu Boden, als Sir James die Lampe schräg hielt und Jane zunickte.
»Es ist wenigstens etwas.«
Sie grinste verzerrt. »Irgendwo muß ich Sie bewundern, Sir James.«
»Warum?«
»Sie verlieren nicht die Nerven.«
»Das hatte ich auch nicht vor, meine Liebe. Ich war eigentlich schon immer stolz darauf, mich unter Kontrolle halten zu können. Was sollen wir denn tun? Schreien? Den Kopf einziehen und darauf warten, daß sie kommen? Nein, wir müssen uns wehren, und wir haben noch eine Chance.«
»Das Fenster?«
»Auch das. Aber ich denke an die Männer des Kommandos, die eigentlich gleich hier sein sollten.«
»Haben Sie denn eine Vorstellung von dem, wie sie reagieren werden, wenn sie plötzlich derartigen Gestalten sehen?«
»Ja, habe ich. Sie werden schießen. Auf die verdammten Schädel zielen und sie so vernichten.«
»Ich gönne es uns, Sir.«
Beide bauten sich zwischen der Tür und den beiden davorstehenden Sesseln auf. Wie lange würde das Hindernis die Totenbrut aufhalten können? Darüber wollten sie nicht nachdenken, aber die Meute draußen ging ebenso vor wie im Bad.
Zuerst wurde die Klinke nach unten gedrückt. Die Tür bewegte sich zwar ein wenig, aber die Sessel hielten noch stand. Jane kniete sich auf einen von ihnen. Sir James sah dies als gute Idee an und besetzte den zweiten. So waren sie noch schwerer geworden. Ihre Feind würden mehr Mühe haben, sie zur Seite zu schieben.
Dann erwischten die ersten Schläge die Tür. Die geballte Macht der Untoten wuchtete gegen die Tür, um sie nach innen zu drücken oder sie zu zerstören.
»Jetzt geht es um alles«, sagte Jane und zog wieder ihre Beretta hervor.
Sir James nahm die Stehlampe und hielt sie schräg, als wollte er jemandem damit den Schädel einschlagen…
***
Wir waren gefahren wie die Teufel!
Das Wimmern der Sirene begleitete uns. Das Blaulicht huschte durch das Dämmerlicht. Die Straßen Londons waren für uns zu einer Rennbahn geworden, und sicherlich waren wir mehrmals aufgefallen, aber das machte uns nichts.
Weiter, nur weiter!
Es war ein Kampf gegen die Zeit. Ich wollte nicht an das denken, was vor uns lag, denn ich durfte nichts von meiner Konzentration verlieren. Hier ging es wirklich um Sieg oder Tod, so pathetisch sich es auch anhörte.
Wie ein in zuckendes Licht getauchter Schatten jagten wir über so manche Kreuzung hinweg, darauf hoffend, daß die Sirene gehört wurde und sich andere Autofahrer danach richteten. Suko saß ruhig neben mir. Er hatte sogar noch die Nerven, mit Glenda Perkins zu telefonieren, weil er unbedingt Kontakt mit dem Einsatzkommando aufnehmen wollte, aber Glenda wußte nicht, wen Sir James genau alarmiert hatte.
»Okay, dann werden wie sie ja sehen.«
»Was war?« fragte ich.
Suko erklärte es mir.
»Ich nehme an, daß die Leute schon dort sind.«
»Bestimmt.«
Ich fuhr noch schneller. Eine gerade Strecke. Gefährlich wurde es, wenn aus einer der zahlreichen Nebenstraßen ein anderes Fahrzeug hervorschoß und uns die Vorfahrt nahm. Wenn - und noch hatten wir Glück.
Mehrmals mußte ich ausweichen oder scharf abbremsen, denn manche Fahrer schienen uns nicht bemerkt zu haben. Trotz Sirene und Blaulicht. So wäre es beinahe bei einem Überholvorgang zu einem Zusammenstoß mit einem Bus gekommen, dem ich im letzten Augenblick noch ausweichen konnte.
Suko gab keinen Kommentar ab. Er schnaufte nur. Auch ich war froh, es überstanden zu haben, wobei der Busfahrer noch wild hinter uns herhupte.
Aber wir erreichten die Siedlung unbeschadet und waren beide froh, daß wir uns auskannten. Die ersten waren wir nicht. Die Männer vom Einsatzkommando waren mit vier Wagen erschienen. Nur Sekunden vor uns, denn sie waren noch dabei, ihre Fahrzeuge zu verlassen.
Ich stoppte den Rover mit
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