0964 - Königin der Toten
er hatte recht. Und ich fühlte mich plötzlich wie erschlagen. Da hockten wir hier, während wir in London gebraucht wurden.
»Ihr werdet hinkommen«, sagte Kara leise. »Ihr werdet es schaffen. Aber beeilt euch.«
»Wie?«
»Die Pyramide wird euch hinbringen. Sie ist auf gewisse Punkte fixiert. Auf die Flammenden Steine ebenso wie auf bestimmte Plätze in London. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Sollen wir einsteigen und darauf warten, daß sie startet?«
»Ja, das könnt ihr.«
»Aber wir können sie nicht lenken.«
»Ich mache es.«
»Bitte!«
Kara lächelte. »Ich habe euch hergeholt. Du hast meine Stimme in der Vergangenheit gehört, und ich werde euch auch wieder nach London schaffen. Soviel Kraft besitze ich. Aber alles andere ist eure Sache. Und noch eines, John. Ich werde euch mein Schwert überlassen. Nehmt es mit. Es ist eine wichtige Waffe.«
»Gut«, murmelte ich.
»Und jetzt geht«, flüsterte sie.
Das wollten wir auch, aber Suko hatte noch eine Frage. »Was ist mit dir, Kara? Mit Myxin und dem Eisernen Engel? Werdet ihr weiterhin in einem tiefen Schlaf bleiben?«
»Es liegt an euch, Freunde. Wenn ihr Sanguinus vernichtet, ist auch die Wirkung seines Leichengifts aufgehoben. So einfach kann oft die Lösung sein.«
»Gut«, sagte ich, »sehr gut.« Ich strich über ihr Haar und über das Gesicht. »Dann drück uns die Daumen, daß wir es schaffen.«
»Ihr müßt es schaffen.« Nach diesen Worten schloß sie die Augen. Sie durfte nicht mehr gestört werden, denn sie bereitete sich darauf vor, die Pyramide durch ihre Geisteskraft zu lenken.
Myxin und der Eiserne Engel hatten sich während unseres Gesprächs nicht gerührt. Wie tot lag der eine im Bett und der andere auf dem Boden zwischen zwei Räumen.
Als wir das Blockhaus verlassen hatten, warfen wir den Steinen keinen Blick zu. Es war schon seltsam, daß gerade sie, die hier alles beherrschten, in diesem Fall nicht eingriffen. Dafür mußten wir uns auf ein altes Grabmal verlassen, das allein durch geistige Kräfte bewegt werden konnte.
»Wie fühlst du dich?« fragte Suko.
»Nicht gut.«
»Warum nicht? Wir haben schließlich den Weg gezeigt bekommen, den es langgeht.«
»Ich habe das Gefühl, daß wir zu spät kommen. In London kann sich einiges zu unseren Ungunsten entwickelt haben.«
»Das könnte stimmen. Ich denke auch, daß wir an einem ganz bestimmten Ort landen werden.«
»Am Friedhof?«
»Ja.«
»Das soll mir recht sein. Und wohin dann?«
»Zu Jarrel?«
»Nach einem Anruf im Büro.«
Suko lächelte. »Glaubst du denn, daß sich dort noch jemand aufhält? Ich weiß es nicht genau, aber ich könnte mir vorstellen, daß in der Gegenwart einiges an Zeit vergangen ist. Aber das werden wir alles erleben, wenn wir dort sind.«
Zunächst einmal mußten wir die Pyramide betreten. Es war einfach, die Tür hatte sich nicht geschlossen. Zumindest ich ging mit einem guten Gefühl hinein, denn ich wußte jetzt, daß dieses Grabmal unter der Kontrolle einer uns wohlgesonnenen Person stand.
Es hatte sich nichts verändert. Die Malereien erinnerten noch immer an Atlantis, auch die beiden Skelette würden uns auf der Reise begleiten.
Suko und ich hatten uns so hingestellt, daß wir die Tür im Blickfeld hatten. Noch bewegte sie sich nicht. Hoffentlich hatte sich Kara nicht zuviel vorgenommen und sich überschätzt.
Das traf nicht zu.
Das Knirschen und laute Schleifgeräusche zeigten an, daß sich die Tür bewegte. Es tat uns gut, genau das zu hören, und wir schauten zu, wie sich die Tür schloß.
Wieder umschloß uns die Dunkelheit. Durch keine Lücke im Mauerwerk drang Licht. Ich konnte Suko nicht sehen, er sah mich nicht.
»Brauchst du die Lampe?« fragte er.
»Nein. Ich denke ja, daß es in London hell ist.«
»Hoffentlich.«
Der Ruck war da. Dieses kurze Zittern beim Abheben des ungewöhnlichen Grabmals.
»Eines möchte ich nicht«, sagte Suko plötzlich.
»Was meinst du?«
»Ich will nicht in der Zukunft landen.«
»Daran habe ich noch nicht gedacht. Und warum willst du das nicht?«
»Alle sagen, daß sie mehr als bescheiden aussieht. Dann bin ich doch lieber für die Gegenwart.«
»Bingo.«
Danach blieb es ruhig zwischen uns. Wir schwebten, wir reisten. Jeder hing seinen Gedanken nach.
Wie immer gab es keine Fluggeräusche. Die Stille drückte auf unser Gemüt.
»Wie lange wohl noch?« hörte ich Suko flüstern.
»Was ist hier schon Zeit? Wir haben im Moment nichts davon. Aber ich weiß nicht, wie es
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