0966 - Der Weg des Jägers
der Erde wiederholt.«
Der Fremde beugte sich vor und flüsterte die nächsten Worte mit erschreckender Eindringlichkeit.
»Er hinterlässt keine Spuren! Er wird nie geschnappt. Er ist wie ein Phantom, das alle elf Jahre zuschlägt.«
Eine Gänsehaut rieselte Knudsen über den Rücken.
Hatte Lars also die ganze Zeit recht gehabt? War er unschuldig?
Du wirst doch nicht etwa anfangen, diesen Schwachsinn zu glauben?
Er versuchte, seine Unsicherheit mit Sarkasmus zu überspielen. »Und Sie sind der Meinung, seinen Modus Operandi entschlüsselt zu haben? Etwas, das unzähligen Polizeibeamten überall auf der Welt nicht gelungen ist! Außerdem soll ich Ihnen abnehmen, dass derselbe Mann seit mehr als sieben Jahrzehnten - oh, entschuldigen Sie, seit höchstwahrscheinlich wesentlich mehr als sieben Jahrzehnten - solche Schreckenstaten begeht? Für wie dämlich halten Sie mich eigentlich?«
Knudsen hatte die Schnauze voll. Er wollte bezahlen und verschwinden. Hauptsache, er musste sich diesen Mist nicht länger anhören.
Dm hast nur Angst, dass er recht haben könnte. Was hieße das für dich? Dass du deinen Sohn auf dem Gewissen hast, weil du ihm nicht geglaubt hast?
Schluss jetzt!
Der Kerl war ein Spinner, der sich aufspielen wollte. Was auch immer er damit bezweckte. Das war die Wahrheit. Das und nichts anderes!
Knudsen fischte in der Jackentasche nach ein paar Geldscheinen, da sagte der Fremde etwas, das ihn verharren ließ. Etwas absolut Irrsinniges - und doch genau das, was auch Lars gesagt hatte.
»Die Erklärung ist einfach. Der Mörder ist ein Dämon. Er reist einem magischen Gestirn hinterher, das sich alle elf Jahre zeigt.«
»Magisches Gestirn? Blödsinn!«, beharrte Knudsen. »Blödsinn, Blödsinn, Blödsinn!«
Er merkte selbst, dass er sich anhörte wie ein kleines trotziges Kind. Der Fremde ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.
»All die Frauen waren schwanger…«
»Das stand in jeder Zeitung!«
»… obwohl sie es nicht hätten sein dürfen. Stand das auch in der Zeitung? Krankheiten, Unfälle, frühere Fehlgeburten - keines der Opfer hätte nach medizinischem Dafürhalten noch ein Kind bekommen können. Und dennoch waren sie im Zeitpunkt ihrer Ermordung in anderen Umständen!«
Knudsen vereiste innerlich. Das durfte nicht wahr sein! Am liebsten hätte er sich die Ohren zugehalten und geschrien. Stattdessen fragte er: »Was folgern Sie daraus?«
Der Fremde ignorierte die Frage. »Die Frauen fielen dem Mörder jeweils in der elften Schwangerschaftswoche zum Opfer. Ist Ihnen dieses Detail bei den Ermittlungen aufgefallen? Falls ja, haben Sie sich auch gefragt, wie er so genau von diesem Zeitpunkt wissen konnte?«
Der Kommissar war nicht mehr in der Lage, Widerstand zu leisten. Wie betäubt schüttelte er den Kopf.
»Das mag merkwürdig für Sie klingen«, fuhr der Bärtige fort. »Aber ich habe einige Erfahrung mit höllischen Wesen, die Schwangere überfallen. Meine… meine Familie ist einem zum Opfer gefallen. Ich gehe davon aus, dass der Dämon den Frauen hilft, schwanger zu werden. Keine Ahnung, wie er sie dazu bringt, einen Pakt mit ihm einzugehen. Vielleicht gibt er sich als Arzt aus, als Wunderheiler. Wer weiß? Aber wenn er sie so weit hat, missbraucht er sie für seine Zwecke. Vermutlich verwandelt er die Ungeborenen zu Energiespeichern, die die Kraft des magischen Gestirns in sich aufsaugen. Entweder braucht er sie, um selbst zu überleben, oder er sieht sie nur als besondere Delikatesse an. Für die Frauen dürfte das keinen Unterschied bedeuten.«
Ein Kloß von der Größe eines Kleinwagens setzte sich in Knudsens Hals. »Woher wissen Sie das?«
»Ich habe zu recherchieren begonnen, als ich vom ersten Mordopfer in Neumünster hörte. Ich hoffte, es handelt sich um den Dämon, mit dem ich noch eine Rechnung offen habe. Doch ich erkannte schnell, dass es ein weiterer Vertreter der höllischen Brut ist. Es gelang mir, ähnliche Fälle in anderen Ländern und zu anderen Zeiten ausfindig zu machen, und den 11-Jahres-Zyklus daraus abzuleiten. Und der Rest? Einige ungute Erfahrungen mit den Wesen der Dunkelheit.«
Ungute Erfahrungen! Nun konnte Knudsen nicht länger an sich halten. Er heulte wie ein Kind. Als nach ein paar Minuten die Tränen versiegten, lächelte er den Fremden an und sagte etwas, von dem er nie gedacht hätte, dass es ihm je über die Lippen kommen würde.
»Ich bin verwitwet. Meine Frau starb… an gebrochenem Herzen.«
»Was ist passiert?«
Plötzlich
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