0967 - Geister aus der Zukunft
blieb nach wie vor bestehen. Der leichte Wind, der mit den Grashalmen spielte oder die dünnen Zweige des Gestrüpps zittern ließ.
Er zeigte sich nicht. Ramona wußte nicht, ob sie sich darüber ärgern sollte. Es war besser so. Sie wollte es nicht auf einen Kampf ankommen lassen. Vielleicht hatte die andere Seite auch vor, bis zur Dunkelheit zu warten. Möglich war alles. Ihre Gegner durften keinesfalls unterschätzt werden. Sie hatten eine unvorstellbare Macht und eine Rückendeckung, mit der die Frau nicht zurechtkam.
Hatte es noch Sinn, länger auf der Lichtung zu stehen? Nein, für sie nicht. Sie würde ins Hotel zurückfahren und dort warten, denn dort befand sie sich in relativer Sicherheit. Wenn sie sich immer unter Menschen aufhielt, würde es selbst der abgebrühteste Killer nicht wagen, sie dort herauszuholen.
Der Twingo stand im Gebüsch. Seine grüne Farbe war dunkler als die der Natur, und in seiner Nähe hielt sich auch niemand auf.
Ramona beeilte sich jetzt. Sie würde wiederkommen, das stand fest, denn der andere Drang war einfach zu groß. Noch hielten sich die anderen zurück und blieben irgendwo in der Weite des Alls verborgen.
Bevor sie den Twingo erreichte, holte sie schon die Autoschlüssel aus der Tasche. Zielsicher fand der Schlüssel das Schloß. Sie kam nicht mehr dazu, die Tür zu öffnen, denn plötzlich hörte sie das Geräusch, als wäre in ihrer Nähe eine Sektflasche geöffnet worden.
Etwas patschte neben ihrem rechten Fuß in die Erde, riß dort ein Loch und ließ kleine Krumen hochspritzen.
Ramona wußte Bescheid.
Jemand hatte auf sie geschossen.
Im selben Augenblick hörte sie das leise Lachen und den knappen Befehl. »Heb die Hände und dreh dich um!«
***
Es war vorbei. Die andere Seite war schneller gewesen, und Ramona Sendi spürte den scharfen Stich, der durch ihren Körper sägte. Es war einfach das Gefühl der Enttäuschung, das sie überfallen hatte. Bisher war alles gutgegangen, nun aber mußte sie einsehen, daß die andere Seite raffinierter gewesen war.
Ramona tat genau das, was ihr befohlen worden war und hob die Arme so hoch, wie sie es aus Filmen her kannte.
Damit war der Mann zufrieden, denn er nickte ihr zu, und Ramona konnte ihn endlich von Angesicht zu Angesicht sehen.
Sie kannte ihn nicht. Er war relativ klein. Kompakt gebaut. Ein breites Gesicht, ein eckiges Kinn, dünne Haare, die in schwarzen Locken auf der Kopf platte wuchsen. Augen ohne Gefühl, die sie schon sezierend anschauten.
Sahen so Killer aus?
Ramona überlegte. Sie wußte es nur nicht, und das Lächeln des anderen gefiel ihr nicht. Er hielt in der rechten Hand eine Waffe. Einen Revolver mit sehr langem Lauf. Wieder wurde sie an einen Film erinnert.
Dort hatten die Killer auch des öfteren Waffen mit verlängerten Läufen getragen, und Ramona wußte, daß dann ein Schalldämpfer aufgeschraubt worden war. Deshalb hatte sie auch kaum einen Schuß gehört.
Hinter ihr und wahrscheinlich auch jenseits des abgestellten Wagens klang ein Rascheln auf. Ramona wagte es nicht, den Kopf zu drehen.
Sie konnte sich schon vorstellen, daß sich dort ein zweiter Mann bewegte, denn solche Typen kamen zumeist nicht allein.
Wenig später sah sie einen Schatten über den Boden gleiten, dann tauchte der Mann neben seinem Kumpan auf. Auch er war bewaffnet.
Allerdings nicht mit einem Revolver, sondern mit einem Gewehr, das sogar mit einem Zielfernrohr ausgerüstet war.
Der Mann war größer, braunhaarig und hatte ein blasses Gesicht mit ebenfalls blassen Augen. Er trug eine hellgrüne Jacke und blaue Jeans.
»Wir haben dich«, sagte er.
Ramona schwieg.
Der erste kam auf sie zu, schlug aber einen Bogen und blieb dicht hinter ihr stehen. Er tastete sie blitzschnell ab und war zufrieden, als er keine Waffen fand.
»Du bist ganz schön mutig, Ramona!«
Meinen Namen kennen sie auch, schoß es ihr durch den Kopf. »Warum mutig?« fragte sie zurück.
»Eine von euch ist gestorben, nicht?«
»Ich weiß.«
»Und trotzdem kamst du her.«
»Ich mußte es tun.«
»Kann sein, und es ist auch gut für uns, denn wir lassen euch nicht aus den Augen. Ihr steht unter unserer Kontrolle. Wir bleiben am Ball. Das hat Estelle auch gemerkt.«
»Warum mußte sie sterben?«
»Das ist einfach. Sie hat sich als stur erwiesen. Sie hat uns nicht das gesagt, was wir wollten, und da mußten wir eben zu anderen Mitteln greifen.«
»Ihr?« fragte Ramona leise. »Wer seid ihr denn? Seid ihr Richter Henker?«
»Wir sind
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