0969 - Der falsche Ritter
kostbaren Schluchtdiamanten, die von den Familienmitgliedern in Lederbeuteln am Körper getragen wurden und die auch die Grundlage des Reichtums der Familie Tschan ausmachten.
Inzwischen, vermutete Mezza Angdröhm, mußte Tschan unglaublich reich sein. Vor ein paar Jahren hatten sie in der Carchan-Schlucht ein Hauptlager entdeckt und ausgebeutet. Um so erstaunlicher war es, daß Tschan sich nicht zur Ruhe setzte, sondern das Nomadenleben trotz seines hohen Alters konsequent fortsetzte.
Es war absehbar, daß Tschan und die anderen eines Tages in dieser Schlucht enden würden.
Auch ihm, Mezza Angdröhm, würde dieses Schicksal nicht erspart bleiben.
Oft spielte er mit dem Gedanken, seinen Posten aufzugeben und die Familie zu verlassen. Doch damit hätte er sich außerhalb der Familiengesetze von Kartlebec gestellt und wäre zum Ausgestoßenen geworden.
Alle Familien waren registriert, und Angdröhm hätte nirgendwo auf Kartlebec Unterschlupf gefunden. Den Planeten mit dem Schiff einer Gilde zu verlassen, war ein frommer Wunsch, der sich nicht realisieren ließ, denn erstens hielten die Raumfahrer sich streng an die Familiengesetze und zweitens besaß Angdröhm nicht die Mittel, um einen Flug zu finanzieren.
Während er dahinflog und der Wind um seinen Körper brauste, entdeckte der Aufklärer am nördlichen Ende der Schlucht ein paar flackernde Lichter. Zweifellos handelte es sich um Windfackeln, wie sie von Tschan und den anderen benutzt wurden. Das Lager befand sich wesentlich weiter im Süden, so daß weder die Yardahanada, noch die beiden Wächter oder der Wandelbare als Fackelträger in Frage kamen.
Sollte Tschan doch noch zurückgekehrt sein?
Oder war eine andere Famihe in die Carchan-Schlucht eingedrungen, um einen Raubzug zu starten?
Es war müßig, darüber zu spekulieren.
Mezza Angdröhm ließ sich in die Schlucht hinabfallen. Diese Flugmanöver waren nicht ungefährlich, denn es gab immer wieder heftige Böen, die den einsamen Flieger gegen die Felsen schleudern und so schwer verletzen konnten, daß er abstürzte. Doch Angdröhm kannte die Carchan-Schlucht so gut, daß er sie fast mit geschlossenen Augen durchfliegen konnte. Seit Jahrzehnten patrouillierte er hier. Jeder Vorsprung, jede Unebenheit waren ihm bekannt. Einzig und allein sein vom Alter geschwächter Körper konnte ihm zum Verhängnis werden.
Als er dicht über den Lichtern ankam, erkannte er, daß es sich um zwei Personen handelte, von denen jede zwei Fackeln trug. Einer der beiden war Tschan - obwohl Angdröhm nur die Silhouette des Familienoberhauptes sah, erkannte er Tschan sofort an dessen typischer Haltung. Der andere war ein großer, kräftig aussehender Mann.
Angdröhm war erleichtert und ärgerlich zugleich. Von Tschan hätte man eigentlich erwarten können, daß er um diese Zeit nicht mit brennenden Fackeln durch die Gegend lief.
Der Aufklärer stieß einen schnalzenden Laut aus, damit Tschan wußte, wer da aus der Dunkelheit angejagt kam.
Die Reaktion des Fremden erschreckte Angdröhm wegen ihrer Schnelligkeit und der Entschlossenheit.
Der Mann machte zwei Schritte zur Seite und hob eine stabförmige Waffe.
Tschan kicherte leise.
„Das ist Mezza Angdröhm, der Aufklärer, von dem ich dir erzählt habe", sagte er.
Angdröhm landete auf einem Felsen und faltete die Schwingen zusammen.
„Hältst du es nicht für Leichtsinn, mit Fackeln durch die Schlucht zu wandern?"
Tschans Heiterkeit steigerte sich noch, ganz offensichtlich war er berauscht.
„Es war eine Herausforderung", gab er zu. „Ich hoffe, daß wir von Feinden entdeckt würden, damit unser neuer Freund hier seine Künste zeigen kann."
Angdröhm musterte den Fremden, der im Licht der vier Fackeln einigermaßen deutlich zu erkennen war.
„Das ist also das neue Familienmitglied", sagte Angdröhm.
„Ja", nickte Tschan. „Es war der beste Kämpfer, den ich auf dem Markt von Gry bekommen konnte.
Achtundvierzig große Schluchtdiamanten habe ich für ihn bezahlt."
Verglichen mit allem, was Angdröhm bisher über Preise gehört hatte, erschien ihm dieser inflationär.
Für ihn hatte Tschan damals nur vier Diamanten zahlen müssen.
Tschan schlug dem neuen Familienmitglied auf den Rücken.
„Er ist der Beste! Seine Künste sind unvorstellbar."
Angdröhm bezweifelte es nicht: Man mußte diesen Mann nur ansehen, um seine Gefährlichkeit zu erkennen. Angdröhms Gefühle waren trotzdem zwiespältig, er konnte über den Sicherheitsgewinn nicht vollkommen
Weitere Kostenlose Bücher