0971 - Die zerrissene Stadt
Bassstimme hallte durch die riesengroße Höhle. »Hast du etwa eine Abmachung mit ihm getroffen?«
Die Erwähnung von Zamorras Namen zeigte verschiedene Reaktionen. Robert Tendyke horchte auf und schöpfte neue Kraft. Die Schwarzblütigen hingegen blickten kritisch bis angstvoll, schließlich hatte niemand ihre Reihen so dezimiert wie Zamorra mit seinem Amulett. Laut den bedeutungslosen Kommentaren einiger Wichtigtuer hatte der Meister des Übersinnlichen angeblich bei jedem seiner Einsätze mit Merlins Stern mindestens die Hälfte der Höllenbewohner getötet. Das war natürlich Unsinn, denn auch wenn das Amulett vor fast 1000 Jahren aus der Kraft einer entarteten Sonne geschaffen wurde, so hätte seine Energie doch nie ausgereicht, Abermillionen Höllenwesen zu vernichten.
Gortan stand wie vom Blitz getroffen da. Er schaute kurz seine Späher an, und dieser Blick verhieß ihnen nichts Gutes. Weshalb haben seine Leute Zamorra aufgespürt und nicht ihr?, hieß die unausgesprochene Frage.
»Ich habe Zamorra nicht hergelockt!«, stellte Gortan klar. »Unterstelle mir nicht Dinge, an denen du selbst die Schuld trägst.«
»Du hättest uns nicht verraten, sondern dich uns anschließen sollen«, grollte Sherkonnt und trat näher. Seine Leute traten zur Seite, um ihm Platz zu machen. »Unter meiner Führung könnten wir die Blaue Stadt einnehmen.«
»Ich habe euch nicht verraten!« Gortan brüllte und drohte seinem Kontrahenten mit der Faust. »Und unter deine Führung werde ich mich nie stellen!«
»Pass auf, was du sagst!«, warnte Sherkonnt.
Erfahrungsgemäß dauerte das Geplänkel ein wenig an, ehe die Kontrahenten gegeneinander vorgingen.
Tanera umklammerte ihr linkes Bein mit beiden Händen. Sie stöhnte auf. Karon zuckte zusammen, sein Leuchten wurde matter.
»Was ist Los, Menschin?«, fragte der Irrwisch.
Tanera antwortete nicht. Sie stand verkrampft da und streichelte sich unablässig über den Oberschenkel. Ein Knurren entwich ihrer Kehle, ihr Gesicht wurde blass.
»Komm heraus«, hauchte sie und blickte auf ihr linkes Bein.
Ein leises Knurren und Fauchen ertönte, das Vibrationen in Taneras Bauchdecke auslöste. Das Bein wurde innerhalb von wenigen Sekunden heiß, als würde es brennen. Doch mit einem Mal kühlte es rapide ab.
Ihr Glücksdrachen hatte sich von Tanera gelöst und schwebte direkt vor ihr. Die Amazone streichelte ihm mehrmals über den Kopf, dann umarmte sie ihn.
Das Knurren hatte die beiden Dämonen auf Tanera und den Drachen aufmerksam gemacht.
»Was soll das bedeuten?«, fragte Gortan und deutete auf den Drachen. »Das ist ein Überrest von Stygias Magie.«
Sein Tonfall bewies deutlich, was er von der ehemaligen Ministerpräsidentin hielt, nämlich gar nichts.
Er schleuderte einen Energieblitz auf den Glücksdrachen, der sich noch auf Taneras Armen befand. Das Magiewesen schnellte vor, um seine Trägerin zu schützen und nahm den Blitz in sich auf, er fraß ihn regelrecht.
Karon flog, zu Tode erschreckt, hoch, um sich aus der Gefahrenzone zu bringen. Nur flog er in Richtung der Blauen Stadt, anstatt sich in freies Feld zu begeben. Dabei entfiel ihm etwas schwarzrotes, das wie eine übergroße Träne aussah.
Gortan nahm an, dass es sich um eine Waffe von Sherkonnt handelte und schickte sofort einen weiteren Energieblitz, um die Träne zu vernichten.
Die Wirkung war verheerend.
Lucifuge Rofocales Träne explodierte mit furchtbarer Wucht! Der Glücksdrachen war nicht mehr zu sehen. Tanera und die meisten ihrer Amazonen wurden dabei getötet. Die Luft über dem Explosionsherd glühte rotgelb auf. Unzählige Flammenspeere loderten auf und verloschen nach kurzer Zeit. Der Riss, der sich durch das Innere der Stadt zog, vergrößerte sich mit einem Schlag und setzte sich hier draußen weiter fort.
Karon wurde sich dessen bewusst, was er mit dem unwillkürlich erfolgten Fallenlassen der Teufelsträne angestellt hatte.
»Menschin!«, schrie der Irrwisch. Er flog einen Zickzack-Kurs zwischen den beiden Höllenhorden.
Sherkonnt stand da wie vom Schlag getroffen. Er schrieb mit beiden Händen einige Zeichen in die Luft und wob ein kaum sichtbares magisches Netz, das er in Richtung auf die gegnerische Sippe lenkte und auf sie warf. Das Netz schlang sich eng um die Horde und ließ ihnen kaum Bewegungsfreiheit.
Gortan sprengte das magische Netz und wob seinerseits einen Befreiungszauber. Und als Karon zu Boden torkelte und sich vor Trauer und Erschöpfung niederließ, vernichtete
Weitere Kostenlose Bücher