0971 - Ein Galgen für Morgana
erwischte den Henker und spaltete seinen Kopf…
***
Nicht nur Menschen erleben die berühmte Schrecksekunde, auch bei Mallmann und seinen Getreuen verhielt es sich so. Sie waren überrascht, daß sie nichts taten und nur zu dem hinschauten, den es so wuchtig, schnell und brutal erwischt hatte.
Der Henker war nicht mal gefallen. Er stand auf der Stelle, den Oberkörper leicht nach hinten gedrückt. Die scharfe Klinge hatte sein Gesicht in zwei Hälften gespalten, ohne daß die beiden jedoch weiter auseinanderklafften. Es floß kein Blut. Der Henker war so gut wie leer gewesen. Nur eine schleimartige, blasse Flüssigkeit pulsierte an den Rändern entlang.
Das war natürlich auch eine Möglichkeit, einen Vampir aus der Welt zu schaffen, und der Henker blieb auch nicht mehr lange an seinem Platz stehen.
Plötzlich fiel er um.
Man hätte auch ein hochkant gestelltes Brett zu Boden werfen können, es wäre nichts anderes gewesen. Beinahe hätte er noch beim Fallen die Bank zur Seite geschoben, und so indirekt für den Tod der Morgana Layton gesorgt.
Das Tor war offen.
Zumindest für Cursano.
Er war es auch, der die Gunst des Augenblicks und die Überraschung der anderen Seite ausnutzte.
Weit brauchte er nicht zu gehen. Der zweite Schritt bereits brachte ihn in den magischen Strom hinein, der ihn packte wie ein flatternder Sturmwind.
Dann ging er weiter.
Und plötzlich stand er vor Mallmann!
***
Ich aber mußte außen vor bleiben. Es ärgerte mich. Ich schaute auf mein Kreuz. Es war nicht wieder zurück auf meine Handfläche gefallen und stand aufrecht.
Cursano Kraft überschritt Grenzen, und mir kam plötzlich ein phantastischer Gedanke.
Sollte das Tor auch für mich offen sein, weil mir Cursano diese unsichtbare Straße geschaffen hatte?
Es wäre ideal gewesen, und ich setzte mich schon in Bewegung. Nur mit kleineren Schritten, denn ich wollte ebenfalls noch mitbekommen, was auf der anderen Seite geschah.
Es gab nur Mallmann und Cursano.
Beide starrten sich an. In einer Entfernung von einer Armlänge standen sie sich gegenüber. Mallmann tat noch nichts. Er mußte die Lage erst überdenken.
Für mich war das günstig. Keiner achtete auf mich. Jeder war mit sich selbst beschäftigt, und plötzlich wußte ich, daß der Weg in die andere Welt frei war. Das hatte ich Cursano zu verdanken, der den Ort der Kraft für sich ausnutzen konnte.
Ich war sehr nahe dabei.
Noch ein Schritt.
Plötzlich blitzte mein Kreuz auf, und es strahlte auch wieder seine Hitze ab, die mein Fleisch auf der Hand allerdings nicht verbrannte. Das Kreuz in der Vampirwelt. Ein Wahnsinn! Vielleicht schaffte mein Talisman es sogar, diese Welt zu zerstören, wenn ich ihn aktiviert hatte.
Und dann war ich da.
Ohne es richtig zu merken, hatte ich die unsichtbare Grenze zwischen den so unterschiedlichen Welten überwunden. Ich konnte mitmischen und auch Morgana vom Galgen holen.
Das tat ich nicht.
Andere Dinge lenkten mich ab.
Es war der Kampf zwischen Mallmann und Cursano!
***
Eine derartige Provokation in seiner eigenen, von ihm selbst erschaffenen Welt konnte sich eine Gestalt wie Mallmann einfach nicht leisten. Da mußte er dagegensteuern, denn er hatte schon die brutale Vernichtung des Henkers nicht verhindern können.
Cursano kannte er nicht. Er sah die hellen Augen, die leicht deformierte Nase, den breiten Mund, aber sein Blick hakte sich eigentlich an den Händen fest, die mit denen eines Menschen im Prinzip nichts gemein hatten.
Mallmann suchte nach einem Vergleich, aber die Zeit war zu kurz, außerdem wollte er nicht diskutieren, sondern handeln. Das tat er auf seine Art und Weise.
Aus dem Stand sprang er den Eindringling an. Cursano sah ihn zwar kommen, aber er wich nicht zur Seite, und so prallten beide zusammen. Mallmann hatte Wucht hinter seine Attacke gelegt. Cursano hätte eigentlich fallen müssen, aber er federte ab und blieb tatsächlich auf seinen Beinen stehen.
Der Vampir änderte augenblicklich seinen Plan. Er klammerte sich an seinem Gegner fest. Eine Hand schlüpfte unter den Mantel, die Finger krümmten sich, rissen ihn auf, und gleichzeitig stieß Mallmann seinen Kopf vor.
Den Mund hatte er weit geöffnet. Er wollte seine Zähne in den Hals des Gegners schlagen, ihn durchbohren und das Blut trinken. In seiner Gier hatte er nicht bedacht, daß diese Person nicht unbedingt ein Mensch sein mußte, und plötzlich brüllte Mallmann auf, als er den harten Widerstand spürte, der seinen Blutzähnen
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