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0978 - In den Ruinen von London

0978 - In den Ruinen von London

Titel: 0978 - In den Ruinen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian Doyle
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die in den letzten Tagen aus dem Nebel kamen«, sagte der Field Marshal. »Ein Mann, dessen Alter sich nicht bestimmen lässt, weil seine ganze Anatomie keine Schätzung zulässt. Denkt man sich den Umstand weg, dass sein Körpergewebe stark von holzigen Elementen durchdrungen ist und seine ›Haut‹ Chlorophyll enthält und in der Lage ist, CO 2 zu assimilieren, wirkt er wie ein Mensch. Er hat alle äußeren Merkmale, inklusive der Geschlechtsteile, die man bei einem männlichen Vertreter unserer Spezies vermuten würde - aber dem stehen eben eindeutige Merkmale einer Pflanze gegenüber.«
    Zamorra fühlte sich augenblicklich an die Ereignisse erinnert, die mit dem Verschwinden Londons einhergegangen waren. Explosionsartig waren aus Menschen Gewächse hervorgesprossen. Vegetation hatte Tod und Verderben nicht nur über Gebäude und Einrichtungen gebracht, sondern ganz besonders auch über die Bewohner der Stadt selbst.
    Und doch war der Fall hier andersgeartet. Hier hatte er es mit einem Mischwesen aus Mensch und Pflanze zu tun. Ein ehemaliger Mensch aller Wahrscheinlichkeit nach, der von etwas Pflanzlichem »übernommen« worden war.
    Über das Wie konnte er dabei nur spekulieren. Er stellte Orson Cougar die entsprechende Frage.
    Der Field Marshal winkte ab. »Das ist genau der Punkt, an dem wir nicht weiterkommen. Trotz intensiver Untersuchungen und nunmehr schon dem dritten Toten, der uns zur Verfügung steht.«
    »Die beiden abgedeckten Leichen entsprechen der, die wir sehen?«
    Cougar nickte. »Außer dass eine mal eine Frau gewesen sein muss.«
    »Kann ich einen Blick auf sie werfen?«
    Cougar nickte, betätigte eine Sprechanlage und forderte den Assistenten des Pathologen auf, die Frau sichtbar zu machen.
    »Kein schöner Anblick, das schon mal vorweg«, sagte Cougar.
    »Das hat Ihnen bei dem armen Kerl, den sie mir gezeigt haben, auch nichts ausgemacht.«
    Cougar verzog keine Miene.
    Zamorra auch nicht, obwohl der Anblick der notdürftig mit Klammerpflaster zusammengehaltenen Pflanzenfrau ihm wirklich einiges abverlangte.
    Cougar schien seine Gedanken zu erraten. »Sie fragen sich sicherlich, warum Pflaster. Normalerweise kommen Nadel und Faden zum Einsatz, um eine obduzierte Leiche wieder leidlich herzurichten. In dem Fall ist für eine Nadel aber kaum ein Durchkommen. Deshalb hat man auf diese archaische Methode zurückgegriffen.«
    Zamorra tastete nach seinem Amulett. Es zeigte keinerlei Reaktion auf die seltsamen Toten.
    »Unter welchen Umständen starben sie?«, fragte er. »Haben sie jemanden attackiert und wurden im Verlauf dessen getötet? Ich sehe keine Schusswunden oder dergleichen.«
    »Woran genau sie starben, wissen wir nicht. Dr. Sänger…« Er zeigte zu einem der beiden Pathologen. »… ist eine Koryphäe, die wir nach dem dritten Fund eigens haben einfliegen lassen - genau wie Sie, Monsieur le professeur. Er arbeitet normalerweise am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Deutschland.«
    »Potsdam«, sagte Zamorra.
    »Sie kennen Dr. Sänger?«
    »Ich kenne das Institut - eine gute Wahl.«
    Cougar nickte. »Sie werden gleich Gelegenheit haben, mit Dr. Sänger selbst zu sprechen. Möglicherweise haben sich ja neue Erkenntnisse ergeben, seit ich mich zuletzt mit ihm austauschte.«
    »Die beiden anderen Toten hat er auch obduziert?«, fragte Zamorra.
    Der Field Marshal schüttelte den Kopf. »Der Kollege, der das tat, musste abberufen werden. Er wird gerade psychologisch betreut.«
    Zamorras Erstaunen hielt sich in Grenzen. Angesichts der Tatsache, womit er selbst es schon alles zu tun bekommen hatte, vergaß er allzu leicht, welch ein Schock schon ein »Pflanzenmensch« für die meisten Leute darstellen musste.
    Plötzlich kam Unruhe bei Dr. Sänger und seinem Assistenten auf. Ihre Bewegungen wurden hektischer. Dr. Sänger wechselte übergangslos zum Nachbartisch, wo die aufgedeckte Frauenleiche lag und… durchtrennte mit dem Skalpell die Klammerpflaster.
    Der vom Kinn bis zum Schambein geöffnete Körper klappte förmlich auseinander. Ein enormer Spalt bildete sich, wobei sich das Innen›leben‹ wesentlich von dem unterschied, was Zamorra diesbezüglich schon gesehen hatte. Auch hier galt: Verholzungen allenthalben. Vermischung von menschlichem Fleisch mit pflanzlichem Mark. Kambiumgefäße statt Adern und Arterien.
    Die linke behandschuhte Hand des Spezialisten verschwand in der Bauchhöhle, wühlte sichtbar darin…
    ... und kam schließlich mit etwas hervor, das er

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